Auf geht’s nach Kanada

Es ist 1:44 Uhr in Vancouver und wir wissen alles, was man über den Jetlag und die Vermeidung desselben wissen sollte. Trotzdem sind wir gestern um acht ins Bett gegangen – fix und fertig nach einem langen Reisetag. Also: Nicht jammern, selber schuld.

Kurz vor fünf surrt in Hamburg der fiese Ton des iphone-Weckers. Kaffee, duschen, letzter check: 2 Taschen mit je um die 20 Kilo, darin enthalten relativ schweres Werkzeug, Hobokocher, Bestecke, Korkenzieher, Dosenöffner… Was man eben so braucht fürs Überleben in der Wildnis. Im Handgepäck das gesamte elektronische Gerödel, der halbe Bestand einer gut gehenden Apotheke (…), Bücher und Kram. Sieben Grad. Nieselregen. Nun mal los.
Lange Schlange bei KLM in Fuhlsbüttel, auch am 1. Mai ist die 8:50-Maschine bis auf den letzten Platz besetzt. Daher gibt es das Angebot, Handgepäck bis zum Zielort kostenlos aufzugeben. Nein, können wir nicht machen, wir schleppen weiter, sind froh dass wir nach einigen Hin- und Her-Touren durch den Lichttunnel endlich alles durch die Sicherheitskontrolle bekommen. Der Cityhopper tut, was er soll, hoppt uns von Hamburg nach Amsterdam. Im Gegensatz zu Hamburg gibt es hier ausreichend viele und kostenlose Gepäckwagen. Und Zeit. Über drei Stunden bis zum Weiterflug. Das reicht, um die Batterie in Juans Uhr auszutauschen, viel buntes Völkchen zu beobachten und durch die endlosen Terminals zu trödeln.
Auch die Maschine nach Vancouver ist komplett ausgebucht. Wir haben pro Hintern und Strecke 90 Euro in einen Economy-Comfort-Platz investiert und damit mehr Beinfreiheit. Dafür sind die Sitze eng und ungemütlich. Wenn sich die junge Iranerin auf dem Fensterplatz neben mir dreht, muss ich mit… Schade, dass Turkish Airlines diese Zwischenklasse wieder abgeschafft hat – die war wirklich den Umweg über Istanbul wert. Egal, sind ja nur knapp zehn Stunden, also Zeit fürs Bordcatering (bemüht), drei, vier Filme und ein bisschen Herumgedöse. An richtigen Schlaf ist in der 777-200-Sardinenkiste und auf einem Tagesflug nicht zu denken. Besuchstouren in den Economybereich stellen klar, dass man auf relativ hohem Niveau jammert. Da ist es noch viel enger…

Eine richtige Freude ist dann die Einreise in Vancouver. Statt zu knurrigen Einwanderungsbeamten begibt man sich an einen Automaten, scanned den Pass und lässt sich von dem Automaten fotografieren, bekommt einen Beleg für die Gesamtgesellschaft – also uns beide – und ist nach kurzem check eingereist. Kein Stempel, kein nix, der Beleg wird abgegeben, wir schieben durch den Zoll – basta. Ausser den meisten Reisenden viele freundliche Menschen, die einen mit Welcome in Canada begrüssen.
Wetter ähnlich wie in Hamburg und Amsterdam: ein paar Regentropfen, Wolken, um die zehn Grad. Bei Alamo haben wir für eine Woche den kleinsten aller kleinen Mietwagen gebucht, da geht dann hoffentlich der ganze Krempel trotzdem rein… Wir rechnen mit einem mini Chevy, Kia oder so, bekommen einen nagelneuen Toyota Corolla. Och. Auch schön. Natürlich kein Platzproblem. Das mitgebrachte Navy kriegt Bescheid, dass es uns zu Peppbles Haus und der darin via Airbnb gemieteten Wohnung bringen soll – und los.
Es ist inzwischen 16 Uhr Ortszeit, Zeitunterschied zu Hamburg minus neun Stunden. Gemütlich fahren wir durch Vancouver, sehen die ersten verschneiten Berge, landen schliesslich auf der McGill – hier werden wir wohnen. Wie in Kanada üblich, gibt es zwischen den Häuserreihen soetwas wie eine Anliegerstrasse, dort parken wir und kommen von hinten ans Haus. Unser Apartment wird über einen vierstelligen Code geöffnet, den Pebbles schon gemailt hatte.
Die Gegend ist so lala, die gebürtige Holländerin Pebbles, die uns mit Hund Niko unterm Arm empfängt, ausgesprochen nett. Auf dem Esstisch gibt neben viel Informationsmaterial ein Willkommenskärtchen, dazu eine Flasche kanadischen Rotwein. Die Bude – Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad – liegt im Souterrain, ist aber erstaunlich hell und sehr, sehr sauber.
Wir klönen ein bisschen mit Pebbles, hören, dass es hier schon ein paar wilde Tierchen gibt – Waschbären, mal einen Skunk, also ein Stinktier, und häufig abgemagerte Koyoten, die alles nach Essbarem durchwühlen, es vor allem aber auf Katzen abgesehen haben. Aha. Augen auf in der Natur.
Unsere fallen zwar fast zu, dennoch fahren wir schnell noch in den nächsten Walmart, kaufen Wasser, Butter, Brot, Aufschnitt und Joghurt. Alles ein bisschen teurer als in heimischen Edekaläden. Eine Prepaidkarte fürs Telefon haben wir immer noch nicht, weil wir zu erledigt sind, die unterschiedlichen System, die uns ein chinesischer Verkäufer im Markt erklärt, noch zu sondieren. Auch in einen liquor store – nur dort gibt es Alkohol einschliessliche Bier und Wein – schaffen wir es nicht mehr. Mañana…
Zuhause gibt es eine Handvoll im Walmart fertig gekaufter und in der Mikrowelle erwärmter chicken wings, zu Baguette, Butter, ein Bier (danke, Pebbles). Fertig.
Vor allem wir. Wir schlafen sofort und tief und fest. Eben bis kurz nach eins. Darum ist dieser Text auch so lang, hab ja Zeit, so mitten in der Nacht…

14 Kommentare zu „Auf geht’s nach Kanada“

  1. Nicht dass es wieder heisst: Die kommentiert nicht. Hier ist mein Kommentar. :-))) Den Apo-Kram hast Du aus Lübeck, gell?
    Viel Freude auf Eurem Mega-Abenteuer
    Olschi

  2. Hallo Ihr Lieben, wie schön, dass Ihr dort seid – safe and sound!!! 🙂 Und es ja wohl auch ganz angenehm angetroffen habt!!! Wir freuen uns mit Euch – und natürlich auf die ersten Skunk-Bilder… hihihihihi… (Gibt es eigentlich schon Fotos mit der Übermittlung olfaktorischer Daten???) Liebe Grüße aus dem ebenfalls recht kühlen Deutschland und auf bald, Sabine + Wulf

    1. tenes razon, amiga. pero todavía estamos un poco neviosos, hace falta un vehículo. pero ya sabés: no es ningun problemo, es solamente una situación 🙂 un beso grande bien del norte del continente!

  3. wie schön, das Ihr gesund und munter eingetrudelt seid.
    Jedes Tierchen wollen wir sehen 😉
    Vor allem den Schakal mit der Katze im Schnabel 🙂
    Ganz dicken Kuss aus der grünen Hölle vom Gellert 🙂

  4. jaja, diese I-can-fix-it-for-you-til-Monday-Tonys gabe es auch schon in den 70ern in NYC. Für Schweinegeld Schrott verkaufen. Aber Euer Ringeltäubchen wird Euch finden. Viel Erfolg

    1. Wir geben alles 🙂 Dafür haben wir vom touristischen Vancouver praktisch noch nix gesehen. Aber in den Entsprechungen der Bronx sind wir zuhaus, die Tonys sind unsere Buddies. Du weisst ja: Livin‘ la vida loca

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