Wir haben kein einziges Foto geschossen. Erstens, weil es den ganzen Tag über in Strömen regnet, zweitens, weil wir schwer beschäftigt damit sind, eine vernünftige Karre aufzutreiben.
Um elf Verabredung wegen eines Savanna „Ready for camping“ in West Vancouver. Um auch mal ein bisschen Sightseeing zu machen, fahren wir durch die historische Gastown. Sieht noch genauso aus wie vor zwanzig Jahren, also wir schon mal hier waren. Was einen bei einem historischen Viertel ja auch nicht wundern sollte. Aber wir sind natürlich in Eile, suchen die Adresse für unser Meeting. One block off 1700 Nelson. Ja, welche Seite denn? Trotz des miesen Wetters laufen wir die lane ways (das sind Parallelwege zur Hauptstrasse, hauptsächlich für Anwohner zum Parken) ab – nichts. Irgendwann fährt jemand den Wagen tatsächlich um die Ecke. Sieht uns nicht, wir nehmen also eine wilde Verfolgung auf. Mit Lichthupe und heftigen Armbewegungen. Stoisch entwischt uns der Fahrer. Ich texte ihn mal per handy an, schreibe, wo wir stehen… Irgendwo, Juan schmeisst sich fast vor den Truck, treffen wir uns dann doch. Ähnlich bekloppt wie das Treffen mit Shelley ist die Geschichte ihres Autos. Import aus Japan – wir hören kaum noch zu und ahnen, was wir hier vor uns haben. 60 000 Kilometer? Schon klar. Und dann hat die Prinzessin den Frosch geküsst… Von innen glänzt die Kiste in zentimeterhohem blauen Plüsch zu Volllederausstattung mit Echtholzaccessoires. Nein, das wird nicht unser neuer Freund.
Morgens beim kleinen Frühstück zuhause hatten wir schon mal Plan B besprochen, also einen Dodge Grand Caravan. Der Händler, den wir uns ausgeguckt haben, hat sich in Coquitlam, südöstlich von Vancouver, niedergelassen. Zum strömenden Regen kommt auf der Fahrt nun auch noch Nebel. Wenn man die Augen ganz doll zukneift, erahnt man die Schönheit der Landschaft, die wir durchfahren, sieht ein Fitzelchen des mächtigen Pritt River und ein paar atemberaubende Anwesen. Aber wer steht es schon durch, mit zusammengekniffenen Augen durch die Gegend zu fahren… Gegenüber von Chrysler wartet Tim Hortons auf uns. Käffchen gut, Hoffnung, der Regen möge aufhören, zunichte. Egal, los geht’s. Der Hof ist voll, aber so richtig finden wir nichts.
Von den Händlern lässt sich keiner blicken – der Regen, ja, ja. Also gehen wir in die offices, werden wie immer sofort von dem uns völlig unbekannten Ethan per Handschlag begrüsst. Mit unserem Glück erwischen wir damit die wohl trübste Leuchte des Unternehmens. Jung, doof, unflexibel. Wir verklickern ihm mal, was wir haben wollen, er muss mit seinem Vorgesetzten sprechen. Das dauert. Ich werde den Eindruck nicht los, dass er irgendwo auf dem Gelände sitzt und heult, weil er wieder etwas nicht gebacken bekommt… Aber wenigstens kriegen wir von ihm noch eine Adresse in Maple Ridge, noch weiter östlich. Trotz heftigen Niederschlags kämpfen wir uns durch zu Maple Ridge Motors. Chad, unser neuer Buddy, sieht unsere Wünsche als Herausforderung; wir wissen in wenigen Minuten, dass er der nicht gewachsen ist. Und so ist es auch. Chad ist mordsmässig stolz auf sich, uns einen Honda Odyssee bieten zu können, den der Schwager der Cousine… also jemand irgendwie aus der Familie heute Abend vorbeibringen will. We trade ‚em in. Aber out nicht mit uns. Also wieder los.
Nun müssen wir erst einmal Zeit totschlagen, denn das nächste Treffen – Angelo mit Safari um 18:30 in Burnaby – findet erst in zwei Stunden statt. Wir biegen auf eine Mall ein, kaufen Lasagne für heute Abend, essen eine Kleinigkeit, belästigen Verkaufspersonal in diversen Stores und fahren endlich nach Burnaby.
Wieder so ein Kandidat mit Safari. 1995, angeblich top in Schuss. Ähnlich wie Shelley heute morgen ist auch Angelo nicht in Sicht. Das Hochhaus in einem guten Viertel scheint überwiegend von Asiaten bewohnt. Klingelknöpfe? Namen? Fehlanzeige. Ich rufe ein Viertelstündchen nach dem vereinbarten Termin mal durch, zehn Minuten später taucht er dann eher unwillig auf. Für einen Verkäufer ist er nicht gerade umgänglich. Wir latschen ihm – er sitzt trocken in seinem Wagen – durch den Regen hinterher, folgen ihm dann im Auto einmal um den Block in die Tiefgarage. Da steht the new beast. Angelo entpuppt sich als peruanisch-deutsche Mischung; man kann auch prima Spanisch mit ihm sprechen. Offenbar hat er wirklich viel in die Kiste investiert. Probefahrt: In halsbrecherischem Tempo zeigt uns der gute Angelo, was der Safari so draufhat. Ich sitze hinten, nehme übel und bin vor allem von einem Klappergeräusch genervt, das Angelo auf einen wackelnden Tank im Motorraum zurückführen will. Im Leben nicht! Das hört sich schon fast so irre an wie der unvergessliche Land Rover, den wir Unbelehrbaren mal aus Österreich geholt haben… Naja. Juan fährt die Kiste zurück. Technisch ist sie wohl wirklich ganz gut in Schuss. Natürlich hätte Angelo am liebsten sofort verkauft, aber das wird nichts. Zumal auch die Lenkung zu viel Spiel hat, ein Garantiefall, wie er sagt. Muss er wohl mal machen lassen…
Uns reicht’s für heute. Zurück zu Pebbles Haus, Schuhe aus, ein Bier. Was machen wir nun? Die Kiste von Ron ist 8 Jahre jünger, hat aber mehr Kilometer auf der Uhr. Da unser neuer Harley-Freund auf Achse ist, schreiben wir ihn an. Vielleicht kann man ja trotzdem morgen schon mal weiterkommen? Would you mind..? Egal, uns ist es heute um diese Zeit wirklich egal.
Wir sind sogar zu müde für die Lasagne und sehen zu, dass wir endlich eine Mütze voll Schlaf bekommen…