National Park „Bosques Petrificados“ – Puerto San Julián

Als wir heute Morgen auf eine Südamerika-Karte gucken, wir uns schlagartig klar, wie weit wir schon im Süden sind. Das sind ja alles Distanzen! Ein paar Kilometer südlich von Comodoro Rivadavia haben wir längst vergessen, jemals in einer Stadt gewesen zu sein. Die Grenze zwischen Chubut und Santa Cruz überqueren wir direkt am Meer. Hier sind Ozean und Küste wirklich wild. Und wieder einmal erstaunt uns das Landschaftsbild Patagoniens. Die See, felsige Küstenabschnitte, sanfte Strände, plötzlich wieder Wüste, die sich mit Steppe abwechselt. Die Vegetation wird flacher. Statt Bäumen sieht man nur vielleicht 30, 40 Zentimeter hohe kratzige Büsche, in denen sich Tausende Schafe verbergen. Zwar ist die Strasse, die Ruta 3, fast immer immer schnurgerade, doch ziemlich hügelig.

Auf den ersten Kilometern nach Rivadavia können wir kaum glauben, wieviel Verkehr an diesem Samstag hier herrscht. Wir vermuten, das Landvolk will zum Autorennen in die Stadt. Die dazu gehörenden „Boxluder“ (Juan) waren aufgetakelt in unserem Hotel zu besichtigen. Oder sie wollen zum Sport. Aufgrund der Vielzahl großer Jungs – ebenfalls in unserem Hotel – tippen wir auf Hand- oder Basketball.

Womit auch immer man sich in der Stadt vergnügen mag: Wir genießen hier draußen die Natur. Nachdem wir Calera Olivia durchquert haben, gibt es davon reichlich und nahezu keine Autos mehr. In Calera Olivia, nach Rio Gallegos die zweitgrößte Stadt der Provinz Santa Cruz, sehen wir, womit hier Geld verdient wird. Die Hafenstadt liegt im Zentrum der Erdgas- und Erdölfelder Argentiniens. El Gorosito, ein den Ölhahn aufdrehender Arbeiter, ist das riesige Wahrzeichen der Stadt.

Etwa 70 Kilometer weiter südlich biegen wir nach rechts ab und landen mal wieder auf einer abenteuerlichen Schotterpiste. Allrad, na klar, und vorsichtiges Fahren über 50 Kilometer. Links und rechts der Piste freuen wir uns über viele, viele Guanakos. Und über eine Ñandu-Mutti, die von ihren 15 odre 20 aufgeregt rennenden Küken verfolgt wird. Mal wieder ein unvergesslicher Anblick. Tatsächlich ist auch die Landschaft, durch die wir hier schliddern und rumpeln, höchst bemerkenswert. Hügel, Cañons, Weiten, in der Distanz richtige Berge. Mit der Sierra haben wir überhaupt nicht gerechnet und fahren ganz begeistert bis zu unserem Ziel, dem Nationalpark Bosques Petrificados.

Auf dem Parkplatz vor den versteinerten Bäumen stehen die Wohnmobile einer französischen Familie und eines Paares, das in Chile gemietet hat, offenbar auch Europäer. Ein netter, kompetenter Ranger erklärt uns, was wir auf unserem 2-Kilometer-Rundweg sehen werden: zahlreiche versteinerte Bäume in einer grandiosen Landschaft, die ebenfalls Teil des fast 80 000 Hektar großen Monumento Natural Bosques Petrificados, des Nationalparks ist.

Vulkanasche hat hier vor 150 Millionen Jahren Aukarienwälder zugeschüttet. Ohne Luftsauerstoff konnten sie nicht verrotten. Im Laufe der Zeit sickerte Wasser durch die Ascheschichten, reicherte sich mit Siliziumsalzen und Kieselsäure an, lagerte sich an den Zellwänden ab, die sie im Laufe der Zeit vollständig ersetzten. Das Holz pulverisierte sich, was blieb ist diese steinartige Masse, die das Holz aber erstaunlich in Farbe und Architektur wiedergibt. Sehr beeindruckend. Vor allem, wenn man sich einmal überlegt, über welchen Zeitraum wir hier reden, ist es mal wieder Teit, ein bisschen demütig zu werden… Einen ähnlichen Petrified Forest gibt es übrigens auch in Arizona. Aber das Umfeld der hier in Argentinien von Erosion durch Wasser und Wind freigelegten, riesigen Stämme ist atemberaubend und einmalig. Natürlich respektieren wir die Bitte des Rangers, alles schön an seinem Platz zu lassen. Seit der Entdeckung der versteinerten Wälder in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und der Eröffnung des Nationalparks 1954 ist eine Menge Holz weggekommen. Zum Glück konnten die riesigen Stämme nicht bewegt werden.

Wir genießen die Ausblicke bei strahlendem Sonnenschein und 15, 16 Grad sehr, aber müssen weiter. Nach der 50-Kilometer-Piste haben wir noch rund 200 Kilometer Landstraße 3 vor uns. Sandwich und Kaffee (unsere Thermoskanne!) gibt es neben dem Schotter – und los.

Kurz vor halb neun sind wir in Puerto San Julián. Vor uns haben hier schon Drake, Magellan und Darwin festgemacht. Ein Nachbau der „Victoria“, mit der Magellan Ende 1520 mit 18 Mann an Land ging, sehen wir im Hafen. Übrigens sollen dem Seefahrer damals die großen Füße der Menschen in San Julián aufgefallen sein. Daher hat die Region Patagonia ihren Namen: große Füße.

Trotz der glorreichen Geschichte des Küstenortes brauchen wir erst einmal ein Dach überm Kopf (Hotel Bahia) und etwas zu essen (Restaurante Angela). Wir sind vom langen, aufregenden Tag ziemlich geschafft. Es wird hier im Süden auch langsam kälter: Bei 7 Grad muss eine Jacke her. Aber natürlich nehmen wir wahr, dass die Tage länger werden. Am 21. Dezember ist Mittsommernacht!

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