Nach einem grauen Pfingstmontag scheint die Sonne wieder. Dazu viel Wind. So ist das eben am Meer. Wir machen einen Ausflug. Nach Toulon. Nach Toulon? In den Marinehafen, zu den rostenden Wracks, den schnaufenden Fähren Richtung Mallorca und anderswo?
Ganz genau. Und weil wir in Toulon schon mehrfach im Stau gesteckt haben, ohne dass uns die 180000-Einwohnerstadt irgendwie positiv aufgefallen wäre, geben wir ihr noch eine Chance. Der Bus hat leichte Verspätung, aber das habe er meistens, erklärt mit ein kleiner Franzose. Die Alternative wäre die 70 aus Six Fours. Mit 1,40 auch deutlich günstiger als dieser für 2,50. Und während wir plaudern, rollt der Linienbus an. Ziemlich gepflegt, keine Schmierereien, dafür ein genervter Fahrer, der unseren Zwanziger nicht wechseln will oder kann. Sofort springt eine Dame ein, kramt aus dem Täschchen zwei von offenbar vielen Zehnern. Der Fahrer ist beruhigt, wir legale Gäste, die ältere Dame voller Vorfreude. Ich denke mal, sie will ins Spielcasino.
Vor ein paar Tagen ist uns eine winzige Thailänderin an einer Bushaltestelle begegnet. Auch sie unterwegs ins Casino. Seit über 20 Jahren wohnhaft in Vence, macht sie einmal im Jahr Ferien. In Sanary. Im Spielcasino. Jeder freut sich anders.
Wir freuen uns, in einer knappen halben Stunde in Toulon anzukommen. Damit wir nicht unter die Räder kommen, sorgt mein neuer Haltestellenfreund dafür, dass wir an der Station Strassbourg aussteigen. Schon Minuten später finden wir uns im Getümmel wieder: der Markt provençal. Wieder einmal ganz was Feines. Und wieder einmal viele arabische Obst- und Gemüsekäufer. Zwischendurch immer wieder Cafés. Eines hat ein bisschen Sonne, aber keine Croissants. Die kaufen wir beim Bäcker, lassen uns in der Bar zum Kaffee nieder. Mach das mal in Hamburg.
Nur eine kurze Pause, dann wieder mitten auf dem langgestreckten Markt, der fast am Hafen endet. Zwischendurch biegen wir scharf ab. Rechts liegt die berühmte Kathedrale von Toulon, eingebettet in einer Zeile Wohnhäuser. Das Gotteshaus, dessen Grundstein um 1080 gelegt wurde, ist allein einen Ausflug in die Hafenstadt wert. Hohe Decken, keine Spur von der barocken Pracht italienischer Kathedralen, schöne Buntglasfenster. Und ganz ruhig mitten in der Stadt. Wir sind übrigens fast die einzigen Besucher.
Von der Kirche geht’s wieder zum Markt und direkt an den Hafen. Neben vielen Sportschiffen lungern einige Fähren herum, wenige Menschen in den zahlreichen Bars. Wir sehen uns ein bisschen um, suchen und finden dann die alte Markthalle, die inzwischen allerdings zu einem hippen Fresstempel umgebaut wurde. Nach ein paar Minuten stürzen wir uns lieber wieder ins pralle Leben.
Der Plan war eigentlich, in Toulon mittags zu essen. Aber da ist nichts, das uns wirklich reizt. Wir haben von der Hafenstadt vielleicht mit Ausnahme von ein, zwei Museen alles gesehen, was uns interessierte, und wandern zum Place Liberté und dann auch gleich weiter zum Bahnhof, von dem aus Busse fahren. Wir haben Glück, der Bus hat schon fast die Bremsen gelöst, als wir in letzter Minute einsteigen. 1,40 pro Nase, ich denke sogar daran, die Tickets zu entwerten. Was gut ist, denn an der nächster Station steigen Kontrolleure ein.
Was machen wir mit dem angebrochenen Tag? Steigen aus in La Seyne und laufen in eine Art Industriegebiet. Da hat Juan den Palace d‘Or geortet. Einen Chinesen. Und der ist hervorragend. Satt und ein bisschen bleu vom Weisswein klettern wir irgendwann wieder in der Bus. Von Six Fours müssen wir zwar noch ein bisschen wandern, aber wir haben ja ein Ziel: späte Siesta!