Entre Ríos

 

Endlich sind wir auf der Straße! Unser Zeugs passt mit knapper Not in die Riesenkiste. Um 10:20 rollen wir aus der Calle Godoy Cruz Richtung Panamericana. Bedeutend weniger Verkehr als am vergangenen Wochenende, also eine entspannte Fahrt Richtung Nordosten. Kurz hinter der Zarate-Brücke über den Rio Parana beginnt nicht nur das Litoral, die Nordostzone des Landes, wir werden auch von der Polizei gestoppt: Der Beamte will Führerschein und Versicherung sehen, bemerkt, dass wir mit unserem kanadischen Auto und europäischen Pässen nicht direkt von hier sind und winkt uns zügig weiter. Ein zweiter Vertreter seines Berufsstandes hat die Hand 100 Kilometer weiter schon erhoben, guckt auf unser Nummernschild und winkt uns dann entschlossen und fraglos durch. Das kanadische Kennzeichen wirkt Wunder 🙂
Insgesamt fahren wir 350 Kilometer durch Mesopotamien, wie dieses Bundesland Entre Rios ebenso genannt wird wie die kommenden Corrientes und Misiones. Das wollen wir nun mal nicht mit dem biblischen Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris (wenn ich mit nicht irre…) verwechseln, denn wir haben uns ja nicht so schrecklich verfahren.

Ich klau mal von Geo: „Das argentinische Mesopotamien wird durch die Flüsse Parana und Uruguay begrenzt, die über weite Strecken hinweg auch die Landesgrenzen zu Uruguay, Brasilien und Paraguay bilden. Zwischen diesen beiden gewaltigen Strömen liegen die Provinzen Entre Rios, Corrientes und Misiones. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten bildeten sie eine isolierte Halbinsel, die nur zu Brasilien einen Grenzübertritt auf dem Landwege erlaubte. Heute ist das argentinische Mesopotamien über gewaltige Brücken und einen Unterwassertunnel von Santa Fe nach Parana an das restliche Staatsgebiet Argentiniens angeschlossen. Die Provinzen Entre Rios, Corrientes und Misiones üben durch die träge Schönheit der beiden Ströme und ihre tropische Atmosphäre einen besonderen Reiz auf einheimische Urlauber aus, die an den weiten, palmenbestandenen Sandstränden die Wärme genießen. Hier sind die Nachmittags länger als irgend sonst in der Welt. Die Luft ist schwül und angefüllt mit dem Aroma unzähliger Blüten. Abends tanzt man Chamamé oder trifft sich mit den Nachbarn vorm Hauseingang auf einen Mate. Die Stadt Corrientes hat sich vor allem hat sich vor allem wegen ihres Karnevals einen Namen gemacht. Im Februar füllen sich die Straßen mit Tänzern in exotischen Kostümen, zum Rhythmus von Samba und Mambo. Man braucht schon Durchhaltevermögen, um mit den Einheimischen eine Woche lang mithalten zu können. Landwirtschaftlich sind die Provinzen von großer Bedeutung. In Entre Rios werden vorwiegend Mais, Flachs und Sonnenblumen angebaut, während sich das morastige Corrientes eher für den Anbau von Reis eignet, aber auch riesige Tabakpflanzungen zu bieten hat. Zu den wirtschaftlichen Stützpfeilern von Misiones gehören der Anbau von Yerba Mate und der Holzeinschlag. Der Reichtum an Edelhölzern scheint der Provinz allerdings zum Fluch zu werden, denn geschützt wird der subtropische Regenwald lediglich im Nationalpark Iguazu. Außerhalb aber wird allerorten Raubau an den Urwaldriesen getrieben. Auch die Wildtiere dieser einzigen tropische Region Argentiniens sind ohne Ausnahme vom Aussterben bedroht. Puma, Ozelot, Wildkatze und Jaguar werden wegen ihrer Felle gnadenlos verfolgt. Ähnlich steht es um zahlreiche Papageienarten, die ihre Käufer in Europa und Nordamerika fanden. Trotzdem ist eine Reise nach Misiones ein unvergleichliches Erlebnis. Die Provinz besitzt mit den Wasserfällen von Iguazu eines der großartigsten Naturspektakel Lateinamerikas. Im Grenzgebiet zu Brasilien und Paraguay stürzen sich 275 Wasserfälle 70 m in die Tiefe. Gleichzeitig ist die Provinz mit den Ruinen ehemaliger Missionsstädte aus dem 17. Jahrhundert übersät, die zum Teil noch so gut erhalten sind, dass man eine lebhafte Vorstellung davon erhält, wie die Guarani-Indianer in ihnen gelebt und gearbeitet haben.“

Unser Ziel ist zunächst das Örtchen Colón, das ziemlich idyllisch direkt am Rio Uruguay liegt: Das Nachbarland ist auch gleich das andere Ufer. In Colon muss im Sommer die Hölle los sein. Der Fluss ist klar und sauber, an den Sandstränden und neben dem kleinen Hafen gibt es unzählige, gemauerte Grills, damit man auch ja nicht Hunger leiden muss. Ein Casino und ein paar Hotels, ein paar Restaurants und Bars – fertig ist das Urlaubsparadies, das allerdings zu dieser Zeit noch recht verwaist ist. Auf der Plaza ruft uns ein kleiner Dicker zu: „Hi, guys from Vancouver! I’m from Seattle!“ Wir winken uns lachend zu. Es ist schön hier, aber wir beschließen doch, und unserem Tagesziel noch zu nähern, dem Nationalpark El Palmar, der ebenfalls am Fluss, allerdings noch 50 km abwärts (oder aufwärts????) liegt.
Das eine Hotel, das wir angeschrieben, aber von dem wir keine Antwort erhalten haben, liegt drei Kilometer nördlich vom Nationalpark – und ist voll. Die alten Eisenbahnwaggons, in denen die Gästezimmer untergebracht sind, werden von einer Schülergruppe bevölkert. Schade, schade.
Also fahren wir vier Kilometer zurück in eine Art Hüttendorf. 800 pesos, also ungefähr 60 US für den Bungalow. und weit und breit nichts zu beißen. Man würde uns was kochen können und in die Hütte bringen…
Wir versuchen es zehn Kilometer nördlich in einem Ort namens Ubajay in einem Gasthaus, das Amanecer heißt. Ganz einfach, aber sehr sauber. Und mit 350 pesos, trödelig 20 Euro inkl. Parkplatz, auch preislich überschaubar 🙂 Und direkt vorm Fenster parkt das Grauchen mit seiner beeindruckenden Extra-Steuerrad-Wegfahrsicherung. Nebenan gibt es ein Kabuff mit Herd, Mikrowelle, Tassen usw. – das reicht alles.
Ich liege hier rum in Zimmer 7 und tippe, Juan hat sich auf den Weg gemacht, etwas zu essen zu besorgen. Wir gehen nicht aus, sondern bleiben einfach im Zimmer und picknicken. Morgen wollen wir zeitig in den Palmenhain, dann weiter nordwärts.
Nun ist er wieder da. Wir essen Empanadas für 4 Euros aus der Hand, trinken dazu einen vorzüglichen Malbec, den wir uns mitgebracht haben. Im Fernsehen unter der Decke laufen die US Open – klares Indiz dafür, dass wir bald einschlafen; es ist ja auch schon kurz nach acht. Mensch, Mensch, wir haben es gut!

 

2 Kommentare zu „Entre Ríos“

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