Kunming voller Überraschungen


“Grandma‘s kitchen“ – was soll denn das wohl bedeuten? Das Restaurant ist nur ein paar hundert Meter vom Hotel entfernt und damit erste Wahl fürs Abendessen bei den widrigen Wetterverhältnissen heute. Treppe hoch, Riesenfoyer, großer Laden mit vollbesetzten Tischen.

Die meisten bevölkert von ganzen Familienverbänden. Neben dem Geschnatter und den Schnapsflaschen mit transparentem Inhalt fällt auf, dass fast alle in Hut und Mantel an ihren Tischen sitzen. Es ist richtig kalt hier. Bleiben? Klar. Kommunikativ sind wir wieder die Dösbaddel, aber alles lässt sich richten, weil es ja Karten mit Fotos gibt. Ganz im Gegensatz zu unseren Nachbarn an den grossen runden Tischen mit drehbaren Platten in der Mitte sind wir ganz bescheiden. Bestellen Huhn mit Gemüse und Reis. Eine Gabel gibt es nicht bei Oma, also kämpft sich Juan tapfer mit Stäbchen durch das vorzügliche Mahl.

 

In China, das wissen wir natürlich, isst man anders. Damit sind nicht die Stäbchen gemeint, sondern die Verweildauer im Restaurant. Sobald der Letzte aufgegessen hat, verlassen alle fluchtartig das Lokal. Noch ein bisschen herumsitzen und klönen – nichts für Chinesen.

 

Zum Glück halten wir es genauso, denn kaum im Hotel, beginnt ein grandioses Gewitter mit beeindruckenden Blitzen, Hagel und Regen. Was für ein Schauspiel! Der Verkehr auf der Strasse kommt kurzfristig zum Erliegen. Die wissen ja, dass es nur einen Moment dauert.

 

Früh am nächsten Morgen plattert es dann auch noch einen Moment, aber ab zehn wird es langsam heller und blauer. Wir erledigen kurz online die Gesundheitschecks für die Ausreise, machen screenshots des codes – endlich funktioniert das Netz mal einen Moment.

 

An der Rezeption hat zum Glück die zauberhafte Lady Dienst, die etwas Englisch spricht. Wir verklickern ihr, dass wir morgen ganz früh auschecken und um sechs ein Taxi brauchen. Sollte alles klappen. Die Fahrt zum Bahnhof wird eine Stunde dauern, gibt sie zu bedenken, haben wir aber kalkuliert.

 

Damit wenden wir uns wieder unserer touristischen Entdeckungsreise zu. Statt wie üblich nach links, gehen wir heute mal nach rechts, weil der Enigma-Experte da einen Tempel vermutet. Und eine Filiale von China mobile, weil seine simcard fast nie funktioniert. Mein e-sim hält da besser durch. Wieder viel Gerede und Übersetzungen. Das Ende vom Lied? Nix. Morgen verlassen wir China, wollen wir uns mal nicht aufregen und schön unser Tempelchen suchen.

 

Wir geraten in ein Wohngebiet mit altem Baubestand, streifen durch Höfe und Hinterhöfe, sehen vielen Menschen zu, die gerade in einem der Imbisse ihr Mittagessen zu sich nehmen. Nur vom Tempel ist nichts zu sehen.

 

Das macht uns erst recht neugierig. Plötzlich biegen wir in eine Strasse ein, deren Bäume alle zauberhaft mit zahlreichen Girlanden geschmückt sind. Rot, Rot, Rot! Am Strassenrand wird Obst und Gemüse verkauft, in den winzigen Geschäften alles mögliche. Ganz zufällig finden wir uns in einer kleinen Strasse mit Marktständen wieder. Natürlich genau richtig nach unserem Geschmack.

 

Doch es wird noch viel besser. Dieser Weg führt in eine so großartige, riesige Markthalle mitten im Wohngebiet, dass es uns kurz den Atem verschlägt. Obst, Gemüse, Fleisch, Zubereitetes und Rohes, dazwischen Mütterchen mit Einkaufsnetz und junge Menschen, die an Obststücken nagen. Wie schön! Dass die Chinesen überaus freundlich sind, haben wir sicher mehrmals betont. Hier auf dem Markt ist es nicht anders. Wir winken und lachen und fotografieren – wunderbar.

 

Ein paar Ecken weiter verschlägt es uns auf eine Art Grosshandelsplatz für Lebensmittel. Ungeheure Mengen an Dimsums, Entenfüssen und Schweinsbeinen, vorgekocht oder auch nur geformt, bereit für den Verkauf und Export. Auch hier wird unsere Neugierde mit Lächeln quittiert.

 

Unser Mittagessen findet in einer der kleinen Gaststätten statt: Hervorragende Gemüsebrühe mit Dumplings, gefüllte Täschchen mit Fischsauce. Richtig gut! Wir trinken zwei Bier dazu und zahlen für alles weniger als drei Euro.

 

Zeit für eine Siesta. Wir müssen noch die Klamotten zusammenpacken und heute früh ins Bett, weil der Wecker um 4:45 rasseln wird. Vor uns liegt ein langer Tag, der uns nach Laos bringen wird.

 

Aber vor uns liegt auch noch ein Abendessen, für das wir das Vogue ins Auge gefasst haben. Die internationalen Restaurantnamen täuschen uns schon lange nicht mehr. Dahinter verbergen sich astreine chinesische Küchen. Zum Glück!

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