Guangzhou Highlights


Selbstbetrug ist ein probates Mittel, um uns auf die Strasse zu treiben. Wir lassen es heute mal ganz ruhig angehen. Damit ist eigentlich schon alles gesagt, denn das wird nie im Leben etwas. In Guangzhou stossen wir auf den Phänomen, das uns schon durch Shenzhen begleitet hat. Kein Tourist office, kaum jemand, der Englisch spricht, also Google maps als engsten Verbündeten, wenn es denn wifi gibt. Und die unvermeidlichen Opernsänger im Park gegenüber, deren Crescendo dafür sorgt, dass wir die Beine in die Hand nehmen.

 

Ein anderer Part der Altstadt interessiert uns, also zockeln wir unverdrossen los, weichen Elektrorollern, trödelnden Omis und spurtenden Teenies aus, bis wir in einer an sich unspektakulären Fussgängerzone landen. Irgendwo zwischen zwei Altbauten sehen wir ein Pagodendach blitzen, aber der Zugang dahin ist verwehrt. Baustelle.

 

Ein paar Meter weiter zwischen zwei Imbissbuden dann ein Tor, das uns in einen der schönsten buddhistischen Tempel führt. Viel Gold, viel Andacht, viel Weihrauch. Und viele Menschen. Wir bewundern die Aussen- und Innenarchitektur, halten inne vor einem der grossen Buddhas, beobachten Klostereleven, die unter der strengen Aufsicht eines Mönches herumflitzen. Offenbar gibt es hier etwas wie eine Armenspeisung, denn in einem Eckchen sehen wir überwiegend uralte Menschlein, die sich über ihren Reis beugen.

 

In diesem Tempel, der im 6. Jahrhundert seinen Ursprung hat, aber auf eine überaus bewegte Geschichte zurückblickt, herrscht eine fast unwirklich Stille, verglichen mit der munteren Fussgängerzone vor der Tür. Wir genießen das sehr.

 

Unseren nächsten Stop verdanken wir einem halbverwitterten Schild, das uns direkt in einen Hutong und dort in ein modernes Münzmuseum führt. Die monetäre Vergangenheit wird grosszügig aufgerollt, ab und zu gibt es mal einen englischen Untertitel, so dass wir folgen können. Spannend, denn neben uralten Münzen glitzert auch viel reines Gold aus Macao und Mainland China in den Vitrinen.

 

Nach so viel Kultur machen wir erst einmal eine Pause im Landmark. Ich lese ein bisschen, Juan muss noch etwas in einem Elektronikkaufhaus checken. Wieder zuhause, zeigt er mit die wunderbaren Rezensionen des vietnamesischen Restaurants Tiger Prawn. Da müssen wir hin. Da es zwei Filialen gibt – eine in einer Mall, die andere tempelnah in der Fussgängerzone – entscheiden wir uns für letztere. Knapp 1,5 Kilometer entfernt, da muss man ja keinen Taxifahrer belästigen.

 

Kurzum: In diesem Restaurant bekommen wir das bisher mit Abstand beste Essen dieser Reise. Der Riesenladen hat auf zwei Etagen mindestens 500 Plätze. Wir haben Glück, gleich einen Zweiertisch zu bekommen. Die reichlich bebilderte Karte  stösst einen zunächst in Nöte: Wie entscheiden? Letztlich werden es vegetarische Frühlingsrollen, Satayspiesse vom Huhn, Knoblauchhuhn auf Zwiebeln, Schweinerippen kross gebraten. Es ist natürlich alles viel zu viel, aber so köstlich, dass wir uns strahlend durchbeissen. Dazu eiskaltes Tsingtao-Bier – unbeschreiblich vergnüglich.

 

Als wir den Laden pappsatt und fröhlich verlassen, trauen wir unseren Augen nicht: Eine Menschenmenge wie vor einem Taylor Swift Konzert hat sich angesammelt – alle wollen unseren Platz. Unglaublich! Wir schweben nach Hause und kommen gerade rechtzeitig zur kunstvollen Lightshow auf den Hochhäusern gegenüber.

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