Gestern haben wir das Bild einer Pflanze gezeigt, von der der eine oder andere sicher gedacht hat: Was mag denn das bloss sein? Das sind Halophyten. Das weiss doch jeder. Ausser, sagen wir mal: wir. Aber wer Freunde hat, der bleibt nicht blöde. Aufklärung kommt von Walter, und folgender Link ist lesenswert: http://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/umwelt/article107351284/Salzpflanzen-als-Klimakiller.html
Nachdem wir uns nun ordnungsgemäss mit dem Licht im Dunkeln befasst und mit unserem Professor-Freund geprahlt haben, wenden wir uns dem Tagesgeschehen zu, das mit einem Wort zusammengefasst werden kann: Regen. Für die Hamburger, die sich zur Zeit daran partout nicht erinnern wollen: Das ist Wasser von oben. In unserem Fall: viel Wasser.
Der Morgen in Mimizan Plage ist noch ganz schon, doch kaum sind wir auf der Landstrasse nach Süden, zieht sich alles zu. Es wird dunkel und dunkler, wir gucken uns zwar noch kurz einen Strand an, der schön ist, weshalb ihn die Camper komplett in Beschlag genommen haben. Danach bleiben wir einfach im Auto sitzen. So schnurrt Hossegor an uns vorbei, auch Capbreton.
Biarritz erleben wir, wie wir es schon von einer früheren Reise kennen: In strömendem Regen. Die Surfer rudern verzweifelt durch die Fluten, einige legen richtig tolle Surfs hin, aber das bekommt kaum jemand mit: Schirme, eingezogene Köpfe und ordentlich maulige Gesichter. Nix Fanclub! Wir teilen uns in einer Kneipe ein Sandwich, trinken einen Kaffee und hauen ab. Mal sehen, ob es sich bis Saint Jean de Luz wieder aufklart. Tut es nicht. Wir checken in irgendein doofes Hotel ein und machen uns unsere Gedanken.
Wir sind im Baskenland, aber wir davon sehen kaum etwas. Die ersten Strassenschilder in einer Sprache, deren Ursprung für die meisten unergründlich und unerlernbar ist: Baskisch.
Nur mal ein Beispiel: Egun guztiak Euria ari du gaur. Daran kann man sich auf als gewiefter Linguist die Zunge abbrechen. Hier helfen weder Grosses noch Kleines Latinum, Grundkenntnisse indo-germanischer, romanischer oder normannischer Sprachen – hier ist man erledigt. Dabei will uns der Baske nur mitteilen, was wir ja längst wissen: Hier regnet es heute den ganzen Tag = Egun guztiak Euria ari du gaur.
In diesem Moment haben wir das schon wieder vergessen. Die Geschichte der Basken dagegen ist den meisten von uns in Erinnerung (oder?):
„Basken sind Menschen mit (überwiegend) baskischen Vorfahren.“ Dem widerspricht ein Protagonist in Kurt Tucholskys „Pyrenäen“ wortreich. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber es ging ungefähr darum, dass ein französischer Adliger mächtig mit seinem Stammbaum angab, um dann sein baskisches Gegenüber zu fragen: „Und von wem stammen Sie ab?“ Die Antwort: „Wir Basken stammen von niemandem ab.“ Alles pur und rein – aber was? Tatsächlich ist es so, dass niemand mit absoluter Sicherheit sagen kann, woher dieser uralte Menschenstamm nun tatsächlich kommt. Mauren waren im Gespräch, Germanen, auch die Westgoten. Auf jeden Fall handelt es sich um ein altes Volk, das heute wieder zunehmend diese Sprache spricht, an der sich auch der naseweiseste Sprachstreber die Zähne ausbeisst.
Zur sportlichen Tradition der Basken gehört neben archaischen Kraftwettbewerben wie Baumstammwerfen und Mühlsteinstemmen besonders das Ballspiel Pelota. In den Küstengebieten tief verwurzelt ist auch der Rudersport, an vielen Orten werden folkloristisch geprägte Ruderregatten veranstaltet.
Die separatistische ETA, die jahrzehntelang versuchte, die Basken in die Unabhängigkeit von Spanien und Frankreich zu bomben, war in und nach Francos Spanien ungleich aktiver als bei den Franzosen, bei denen sie eher Zuflucht vor ihren Häschern suchten. Aber alle baskischen Regionen haben den Gedanken an Unabhängigkeit noch immer nicht verworfen, allerdings bedient man sich heute weniger explosiver Methoden.
Aber wir schweifen ab. Tatsache ist, dass wir in Saint Luz in einem doofen Hotel sitzen, dann in einem auch wenig bemerkenswerten (aber natürlich teuren) Restaurant sitzen und hoffen, dass uns währenddessen die Basken nicht unseren einzigen Schirm klauen.
Während des Essens kippen wir die Pläne, nach San Sebastian zu fahren. Und nach Santiago de Compostela. Und nach Porto. Wir haben inzwischen auch herausgefunden, weshalb es so schwierig ist, in San Sebastian ein Hotel zu bekommen. Die Filmfestspiele laufen. Seit heute… Journalistische Recherche? Haben wir doch gelernt!
Dann eben nicht. Der Wetterbericht bestimmt des weiteren, dass wir uns Richtung Rioja verkrümeln. Es macht wirklich keinen Sinn, durch die massive Schlechtwetterfront zu zuckeln. Uns ist nach halbwegs gutem Wetter. Sobald dieser Entschluss gefasst ist, entspannen wir uns dann auch. Und schielen schon mal in Richtung Mittelmeer.