Neujahr in Dubai


Ich hätte schwören können, dass der Hamburger Flughafen am Silvesterabend leer ist. Aber nein, es drängt das Volk wie uns hinaus in die Welt. Unser Emirates-Flug startet pünktlich, der Service an Bord ist fast schon so schlecht wie bei der Lufthansa. Die Verpflegung ist garstig, und drei Stunden nach dem Start so lustlos erledigt wie gekocht. Egal. Der Typ mit dem Britney-Tattoo, das fatal an Helga Feddersen erinnert, schnarcht, das Pärchen vor uns kann nicht fassen, dass es keinen Champagner gibt. Wir gucken aus 11000 Meter Höhe das Silvesterfeuerwerk in Rumänien an und sind wieder mal fassungslos, wieviel Geld da ins Nichts geschossen wird.

 

Kurz nach sechs Uhr morgens (Dubai + 3 Stunden) setzen wir im neuen Jahr auf einem anderen Kontinent auf. Mit unserem Handgepäck ist es ein Witz, durch Passkontrolle und Security zu kommen. Erstaunlich: Mit der Rückgabe des Passes verschenkt das Emirat an jeden Touristen eine 1-GB-Simkarte. Ganz offiziell bei der Einreise. Mal sehen, ob wir sie brauchen können, eigentlich haben wir auf E-sim gesetzt und auch schon gebucht.

 

Egal. Erst einmal müssen wir uns NOL-Karten fuer die Öffentlichen besorgen. Geht zwar nicht am Automaten, aber fix am Counter. Auf ein Hotel Nähe Palme oder Jumeirah oder so hatten wir überhaupt keine Lust, so sind wir aufs George gekommen. Direkt am Creek, angrenzend an den grossen und den Gewuerzsouk in der Altstadt.

 

In Dubai gibt es genau zwei Metrolinien, also kommen wir mit einmal Umsteigen problemlos zur Station El Ras. Um zwei, drei Ecken später stehen wir im George. Natürlich gibt es morgens um acht noch kein Zimmer für uns, aber der Portier macht Hoffnung: Vielleicht in drei Stunden. Wir sind so müde, dass wir uns auch in die Lobby gelegt hätten, stattdessen gehen wir im Hotel frühstücken und lernen unsere neuen Mitbewohner kennen: 90 Prozent Inder, 8 Prozent Pakistani und zwei Prozent, uns und eine russische Familie eingeschlossen, andere.

Die Inder schaufeln mit der rechten Hand in Naan gerollte Reis- und Gemüsegerichte in sich hinein, die Pakistani mischen alles mit allem, wir wollen vor allem einen schwarzen Kaffee. Eine Führungsaufgabe fuer den Kellner, der uns doch so gern den uebersüssten Milchkaffee verscheuern will, den alle trinken. Wir bleiben unerbittlich und vertrödeln so eine Stunde.

 

Dann fassen wir einen perfiden Plan: In der Lobby herumlungern, bis sie uns aus Mitleid einen Raum geben. Der Plan kippt ganz schnell, denn unser Zimmer im 6. Stock ist tatsächlich fertig. Ein über 40 Quadratmeter grosses Eckzimmer mit Blick auf den Creek, die Altstadt, die Schiffe – sensationell. Ein bisschen abgewohnt, aber das kümmert uns alles überhaupt nicht. Wecker gestellt, aufs Ohr gelegt, tief und fest drei Stunden geschlafen.

Nach einer Dusche sind wir wieder in Form und marschieren los in die Souks, die nur zwei Ecken weiter beginnen. Kaschmir, Klamotten, Kitsch – jeder der zahllosen Händler sieht in uns potentielle Opfer, aber wir bleiben erbarmungslos. Weniger stoisch die Kreuzfahrer, die sich in Pulks aus ihren Schiffen über die Altstadt ergießen. Im Goldsouk kriegt wohl jede Mutti ein Souvenir, wir gucken staunend zu.

Es ist ein bisschen problematisch, Araber zu fotografieren. Besonders die Frauen reagieren durchaus ungut. Also lassen wir’s gleich. Und gucken. Als wir das letzte Mal in der mittlerweile zu über drei Millionen Einwohnern angewachsenen Stadt waren, sahen wir noch viel mehr komplett verhüllte Frauen. Damals fielen mir die tollen Schuhe auf, die unter dem Tschador hervorblitzten: Louboutin, Chanel, Gucci – alle Designermarken. Designer tragen die Ladys heute auch noch, aber fast alle Sneakers.

 

Wir reihen uns ein, um mit der Fähre über den Creek in ein restauriertes Altstadtviertel zu gelangen. Meine besondere Freude sind ein deutschsprachiger Vater mit seinen drei erwachsenen Söhnen, die sich in die typischen schneeweissen Gewänder nebst Kopfschmuck der Araber gewandet haben. Kulturelle Aneignung, eine davon noch mit Preisschild am Hemd…

Anders als diesseits des Creeks auf unserer Seite gibt es jenseits sogar ein paar Cafés, Tea Houses und Restaurants, vor allem aber viel Heritage und Kunst, Leicht verirren wir uns in den Gassen, freuen uns über enorm aufgebretzelte Influencerinnen aus der ganzen Welt und ärgern uns darüber, dass das wifi nirgendwo, Hotel eingeschlossen, richtig klappt. Das einheimische Publikum unterscheidet sich komplett von seinen traditionellen Mitbürgern auf der anderen Seite.

 

Weil es nach 22, 23 Grad tagsüber zum Sonnenuntergang etwas kühler geworden ist, beschliessen wir einen Zwischenstopp im Hotel, bevor es später zum Essen weitergeht.

 

Füße hoch – was für  eine Wohltat nach mehr als 15 Kilometern Wanderschaft durch die orientalische Facette der Stadt. Aber wir müssen noch irgendwas essen, befolgen den Rat der meisten Reiseführer und fahren mit der Metro in eine Mall in einen Foodcourt. de in Al Bangadur ist allerdings richtig doof: McDonald‘s, Burger King und Co. Nö.  

Im Erdgeschoss war uns ein Asia Fusion Restaurant aufgefallen, in das lassen wir uns fallen. Der indische Kellner legt jedem ein ipad hin, da wühlen wir uns durch. Schliesslich gibt es gebratene Teigtäschchen und zwei Hühnergerichte, die wirklich scharf und exzellent sind. Die 2-Liter-Flasche Wasser brauchen wir dringend…

Kurz nach halb neun sind wir wieder im Hotel. Morgen werden wir uns mit der Moderne befassen und nachmittags ein bisschen vorschlafen. Der Flieger nach Hongkong startet am 3:30, also mitten in der Nacht.

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