Über Stunden haben wir gesucht und gesucht. Vergeblich. Keine einzige Wolke am tuschkastenblauen Himmel. Es ist nicht schwer, sich wieder im Apartment Gordes auf der Mas Rabassan einzuleben, in dem wir ja im Mai/Juni schon mal gehaust haben. Die Bücher auf dem Regal kenne ich alle, die Hälfte davon habe ich selbst stehen lassen. An der Einrichtung der Wohnung hat sich nichts geändert; sie ist nach wie vor eher zweckmässig als luxuriös mit ihrem einen Schlafzimmer und der Wohnküche. Im Bad hängen die gleichen türkisfarbenen Handtücher, auf der Terrasse finden wir neben Tisch und Stühlen den Wäscheständer wieder, der von Reisenden als praktisch geschätzt wird. Und der Pool ist zu kalt.
Morgens ist es mit 16, 17 Grad noch frisch, aber natürlich wird auf der Terrasse gefrühstückt, Blick direkt auf das entfernt über uns liegende Gordes. Auf liberon.fr lese ich, dass dort heute Markttag ist, also auf ins Mittelalterliche. Schon auf den Strassen wird klar, dass es bedeutend ruhiger als im Frühjahr wird. Kaum jemand, der an unserer Stossstange klebt, wenige Autos, ein bisschen landwirtschaftlicher Verkehr, weil der letzte Wein geerntet werden muss. Und Gordes ist nicht einmal verbarrikadiert: Wenn viel los ist, wird die Auffahrt geschlossen, man parkt auf halber Höhe und geht den Rest zu Fuss.
Heute ist alles offen und wir finden sogar einen Parkplatz, der pauschal 4 Euro am Tag kostet. Die kramen wir zusammen, bis wir sehen, dass jemand sein bezahltes Parkticket hinterlassen hat. Den müssen wohl die 4 Euro geärgert haben. Werden wir auch so halten…
Also Gordes. Auf dem Marktplatz ist ein Jahrmarkt aufgebaut, der um diese Zeit natürlich noch geschlossen ist. Dafür gibt es aber auch keinen Wochenmarkt. Hä? Eine freundliche Verkäuferin klärt mich auf. Der findet dienstags statt. Seit Jahren. Geht doch nichts über eine aktuelle Website! Natürlich laufen wir ein bisschen durch den Ort. Am Brunnen lauert ein chinesischer Trupp auf Marion Cotillard (hat die wirklich was mit Brad Pitt? Mit Brad Pitt?!?). Oder wenigstens Russell Crowe… Nix. Kein gutes Jahr für unsere chinesischen Freunde.
Wir müssen auch weiter, weil uns Brot fehlt. Gibt es in Gordes natürlich nicht, dafür viel Wein, provenzalische Stoffe und touristischen Tüdelkram. Bevor wir ausparken, deponieren wir das Ticket für den nächsten und tuckern dann gemächlich durch die sich rötende Weinlandschaft.
Nachdem uns Agnetha und Erling von vagabundierenden Wildschweinen erzählt haben, gegen die auf Rabassan sogar ein Elektrozaun her musste, gucken wir natürlich genau in die Eichenwäldchen. Aber nichts. Doch, ein Kätzchen…
Kaum in Roussillon angekommen, treffen wir sie wieder: Unsere Chinesen, die im Sauseschritt durch Frankreich hetzen. Wir springen zur Seite und stellen Minuten später fest, dass der einzige Tante-Emma-Laden über Mittag geschlossen ist. Na toll. Also auf nach Apt, da gibt es Supermärkte und Brot. Das sind ja alles keine Entfernungen – 10 Kilometer später stehen wir vor einem Leclerc mit amerikanischen Ausmassen, ein halbes Stündchen später sind wir auch schon wieder zuhause.
Eigentlich haben wir überhaupt nichts gemacht, waren aber trotzdem über vier Stunden unterwegs. Zeit, sich auszuruhen, das wunderbare Licht über der Landschaft zu geniessen, ein bisschen bei inzwischen 25, 26 Grad in der Sonne zu dösen oder ein Buch in die Hand zu nehmen.
Kurz nach sieben – Hinnis, heute im Elsass, haben bestimmt schon gegessen – geht hinter dem Hügel links von Gordes die Sonne unter. Zeit für einen Apéritif, einen Porto vom Fass aus Spanien. Erst danach gibt’s Abendessen, heute ein geschmortes Kotelettchen zu Salzkartoffeln (lang, lang ist’s her) und Tomatensalat. Nur ein Gläschen Rotwein aus dem Luberon und bonne nuit…