Ich habe es verdrängt. Einfach vergessen, dass wir schon einmal in Carcassonne waren. Nun weiss ich auch, warum.
Zugegeben: Die mittelalterliche Festungsstadt Carcassonne ist beeindruckend und bleibt mit jährlich über drei Millionen Besuchern eine der meistbesuchten historischen Stätten Frankreichs. Die auf einem Hügel thronende Zitadelle, die seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, ist zweifelsfrei eines der beeindruckendsten Beispiele mittelalterlicher Befestigungsarchitektur in Europa. Die Cité de Carcassonne mit 52 Türmen und doppelten Festungsmauern, die sich über drei Kilometer erstrecken, zeugt von der strategischen Bedeutung der Stadt, die im Laufe ihrer Geschichte von Römern, Westgoten und fränkischen Herrschern kontrolliert wurde.
Soweit der erste Eindruck und die Geschichte. Verdrängt hatte ich den Besuch auf dem Hügel allerdings wegen des Remmidemmis, der sich innerhalb der Mauern abspielt. Souvenirläden und Fast food stores, Menschen, die einkaufen und sich eigentlich für nichts anderes interessieren.
Kaum ein Wunder, dass man dem Wahnsinn in der Kathedrale entkommt: da geht kaum jemand hin, was jammerschade ist. Jedenfalls nicht im April. Das erste Mal, als wir in Carcassonne waren, war Hochsommer, und die meisten der drei Millionen Besucher anwesend. Wie beschaulich kann da Rothenburg ob der Tauber sein. Und erst Stade!
Glücklicherweise war der Weg vom reizvollen Narbonne zauberhaft. Wieder über enge Landstrassen, durch riesige Weinfelder, vorbei an Artischocken, halb verfallenen Palästen und modernen Betrieben, vor allem aber auch entlang des romantischen Canal du mit mit seinen vielen Hausbooten.
So ähnlich geht es auch von Carcassonne nach Castres weiter, unserem nächsten unsinnigen Ziel. Das Wetter hält sich erstaunlich gut, bei Sonnenschein parken wir auf einem schönen Golfplatz. Inzwischen ust es allerdings so spät, dass wir entscheiden müssen: Hierbleiben und Bude suchen oder doch weiter nach Toulouse? Letzteres gewinnt. Noch 80, 90 Kilometer bis zur Stadt an der Garonne, die uns reizvoller als Castres erscheint.
Das ist sie auf den ersten Blick nicht unbedingt. Wir sind allerdings auch ziemlich genervt von der Herumkurverei und schon muksch, als wir einen Golfplatz knapp hinterm Industriegebiet besuchen. Ein bisschen wie Moorfleth, aber ein schönerer Platz.
Langsam wird es dunkler. Aus einem uns nicht bekannten Grund beschließen wir, zurück in die Stadt zu fahren. Es regnet, und das Hotel Ours blanc Centre ist unser Anker. Das Auto kommt in die Tiefgarage Jeanne d‘Arc, wir können es gerade nicht mehr sehen. Ins Hotel buchen wir uns für zwei Nächte ein, damit wenigstens etwas von Toulouse in uns hängenbleibt.
Es regnet schon ganz ordentlich, als wir endlich am Tisch eines Restaurants sitzen, bei einem Wein die zu recht berühmte Toulouser Wurst mit Kartoffelpüree probieren. Es schüttet wie aus Eimern noch vor dem Kaffee. Platt für heute fallen wir ins frisch Bezogene. Was für ein Tag!