Das Frühstücksbuffet, das der Rheinische Hof in Geldern aufgebaut hat, ist ausgesprochen umfangreich. Zudem fragt die freundliche Bedienung noch, ob wir zusätzlich Spiegeleier haben wollten. Wir winken ab und frühstücken eher genügsam. Nachdem wir unsere Mugs mit grünem Tee zum Mitnehmen gefüllt haben und nach dem Preis fragen, schüttelt sie verwundert den Kopf. Sie versteht die Frage gar nicht: Selbstverständlich sei das inklusive. Na, selbstverständlich… Alles in allem eine gute Erfahrung in Geldern, zumal wir abends auch noch einmal The Green Book im Fernsehen gucken konnten.
Bevor es tatsächlich weitergeht, bremsen wir kurz bei Kaufland: Uns fehlt noch Kaffee für die (portugiesische) Küste. Auch erledigt.
Hinter Venlo dreht unser Navi durch, schleust uns durch winzige Strassen und durch langweilige Dörfer in den Niederlanden. Den Unsinn sehen wir uns noch eine Weile in Belgien an, dann springen wir auf die Autobahn. Gute Entscheidung, ausserdem zeigt der Himmel blaue Fleckchen. Das sollte aber wohl nur so eine Erinnerung sein, denn schon kurz nach der französischen Grenze und vor der Einfahrt nach Lille sprüht Regen, wenn er nicht richtig plattert.
In der charmanten Stadt trifft eine wunderschöne belgisch-flämische Architektur auf die französische Lebensart. Das interessiert uns. Zu den Sehenswürdigkeiten von Lille gehören neben der Kathedrale und der alten Börse gepflasterte Gassen, historische Häuserfassaden mit bunten Türen und vieles mehr.
Was tun? Wir karren mehr oder minder legal durch die Altstadt, erkennen auf den ersten Blick, wie attraktiv das Städtchen ist. Also Hotel. Das erste ist völlig gaga, also fahren wir im Stadtteil Garbetta bei einem Brit Hotel vor. Zwei Sterne, aber eine Tiefgarage. Die Leute sind freundlich, das Zimmer abgespecktes Ibis (ja, das geht!), aber uns reicht das alles. Es ist ordentlich und sauber und nur für eine Nacht.
Nach kurzer Pause schnappen wir uns direkt hinterm Haus die Metro und fahren zum Grand Place Général Charles de Gaulle. Der dürfte der berühmteste Sohn Lilles sein und den feiern sie heute noch. Auf dem zentralen Platz mit pittoresken Bauwerken aus dem 17. Jahrhundert gondelt heute ein Riesenrad durch die Luft, Kinder juchzen im bunten Karrussell. Was wirklich auffällt: Lille ist eine junge Stadt. Buntes studentisches Leben, Party in der schönen Altstadt. An einigen Ecken fühlen wir uns ein bisschen wie in Paris. Obwohl: Der Hauptbahnhof von Lille ist noch schöner als der der Hauptstadt. Auf dem Platz davor trinken wir ein Bier, sitzen bei 12 Grad Anfang Januar draussen und beobachten die Leuten um uns herum. Es sind viele! Und die Einheimische sind hier natürlich Scht’is, wer könnte das vergessen? Hauts-de-france eben. Die Verständigung klappt trotzdem prima. Die Nordfranzosen dieser Region kuscheln mit den flandrischen Belgiern, die nur einige Kilometer entfernt leben. Gemeinsam ist auch die Küche. Hier gibt’s nichts Zisiliertes, hier liebt man Hausmannskost. Und natürlich Döner und Pizza. Auffällig: Kaum ein Glas Wein steht auf den Tischen – alle trinken Bier.
Unser Frühstück liegt lange zurück: Wir haben Hunger. Erstaunlicherweise kann man in Lille auch schon um fünf oder sechs essen, womit wir in Frankreich nicht gerechnet hatten. Also ein sehr frühes gutes Essen im Schatten der alten Börse. Es gibt faux filet und frites, choucroute mit viel Wurst, dazu ein Bier. Les plats du jour. Dann wieder per Metro ins Hotel. Wäre es nicht so regnerisch, würden wir viel länger in diesem sympathischen Städtchen herumstreunen. So gucken wir nur noch kurz zur Markthalle um die Ecke unserer Miet-Heimat und beschließen dann, absolut nichts mehr zu tun.