Die knackfrischen Austern, die uns der Typ im Fischladen gestern abend geschenkt hat, waren – tatsächlich! – grossartig. Wieder haben wir acht, neun Stunden durchgeschlafen, was möglicherweise auf die Austern, vielleicht aber auch auf die viele frische Luft zurückzuführen ist. Wie schön ist es in der Kur!
Geweckt werden wir wieder einmal von startenden und landenden Wasserflugzeugen. Das nervt nicht, das zaubert ein Lächeln ibs verschlafene Gesicht.
Frühstück gibt es heute aus der im Gemeinschaftskühlschrank gelagerten Plastiktüte im Zimmer – mit Blick aufs Meer und Kaffee aus Styrofoam-Bechern. Langsam, langsam kommen wir in Gang. Der Tag ist eigentlich wie gemalt für den Strand, aber vorher klettern wir noch zu einem Korea-Kriegsdenkmal, von dem aus man einen wunderbaren Ausblick auf reine Natur hat: den Ozean und endlose Wälder.
Anschliessend landen wir am Long Beach, einem 20 Kilometer langen, feinsandigen Strand. Früher, heisst es, sei er schneeweiss gewesen, aber inzwischen kommen in der Sommermonaten so viele Touristen, die die Muscheln aus dem Sand sammeln, dass der Sand eine eher gelbliche Färbung angenommen hat.
Die Stimmung am Strand ist fast unwirklich, Wolken mit feinstem Staub verwehren fast die Sicht. Aus diesem seltsamen Nebel lösen sich Surfer, Wanderer, Hunde – der Ozean glitzert dazu unter strahlendem Sonnenschein silbern. Toll!
Damit wir uns das Fell nicht allzu sehr versengen, hauen wir nach einem Stündchen ab. Juan hat eine winzige Strasse gesehen, die zu irgendeinem Creek führt. Klar, dass wir die nehmen. Durch unberührte Natur, aber leider von keinem einzigen Tierchen ausgebremst, kommen wir zu einem unwirklich schönen Plätzchen am Meer, von dem offenbar kleine Boote geslipt werden. Sehr ruhig, sehr naturbelassen, sehr schön.
Wir sitzen noch ein bisschen in der Sonne, beschliessen dann aber eine Siesta im Hotel. Dieser Blick aus dem Fenster! Ich kriege kein Auge zu, sondern beobachte nur, was da auf dem Wasser los ist.
Wenig später laufen wir noch ein bisschen durch die Gegend, aber an unserem letzten Abend zieht uns alles ans Meer. In einer Sushi & Oyster Bar downtown gibt man uns tatsächlich ein Tischchen nur für Drinks auf dem Patio direkt am Wasser. Gin & tonic soll es sein, und weil wir gerade an die Bargmanns in Winsen denken, wird’s ein Bombay Sapphire. Wir gucken auf den Sund, sehen kleine Wasserflugzeuge, die offenbar von Privatleuten als Vehikel genutzt werden, verfolgen mit den Augen Boote, Kanuten und Möven. Habe ich schon erwähnt, dass wir uns an einem aussergewöhnlich schönen Plätzchen befinden?
Heute ist Freitag, da laufen die Schicken aus Victoria und Vancouver ein. Wir sehen jede Menge Porsches und sogar einen Ferrari. Ein bisschen Sylt am Pazifik… Wir haben keine Lust auf high society, deshalb holen wir uns das Abendessen aus dem Supermarkt: Brathuhn und ein bemerkenswertes Chili, dazu ein Baguette und Malbec aus British Columbia, der erstaunlich gut schmeckt. Picknick bei untergehender Sonne im Zimmer, im Fernseher läuft dazu der Klassiker „Fargo“ (Oscar Frances McDormand, grossartig: Steve Buscemi) – krasser als zwischen dem winterlichen Minnesota und dem sommerlichen Tofino können Gegensätze kaum sein…