Bei genauerem Hinsehen hat sich das Ponderosa Motel in Golden als eines der saubersten und gepflegtesten entpuppt, die wir bisher auf diesem Trip bewohnt haben. Das sage ich dem Mann der Frau ohne Zahn und mit nur einem Arm, aber er ist fast taub. Also gröhle ich in sein Ohr – und er freut sich über das Kompliment für sein Haus.
Danach sind wir auch schon bei durchwachsenem Wetter zurück auf dem Weg über den Yoho in den Banff Nationalpark. Noch auf dem Highway treffen wir die Entscheidung, uns 260 Kilometer zu schenken: den Schwenk zurück in den Jasper Park zum Columbia Glacier. Schon bei dem entsetzlichen Wetter gestern war da viel los, wie wird es heute erst sein? Wir wollen es gar nicht wissen.
Stattdessen geht es direkt zum Lake Louise mit seinem weltberühmten Fairmont Hotel, das einst das Ende der Eisenbahnstrecke markierte. Wir waren vor 20 Jahren schon mal hier, haben am See geparkt und sind ein bisschen herumgeschlendert. Wir erinnern uns noch gut an die Elche und Hörnchen, mit denen wir quasi spazieren gegangen sind. Und natürlich an den schönen Lake Louise, in dessen spiegelglatter Fläche sich die Rockies spiegeln.
Heute ist das eine Spur anders: Wir werden inmitten einer Blechlawine Richtung See geleitet, werfen einen Ausschnitt-Blick aufs Hotel und werden auch schon wieder zurück geleitet, denn sämtliche Parkplätze sind hoffnungslos überfüllt. Wer an den See will, könnte beispielsweise ein paar Kilometer ausserhalb von Lake Louise am Highway parken und dann mit einem Shuttle an das berühmte Nass gefahren werden. Zurück genauso. Andere schwören darauf, den Touristenbus von Banff nach Lake Louise zu nehmen: der kommt relativ nah ans Wasser. Wir haben doch keinen Knall!
Es ist noch nicht einmal Hochsaison, aber gegen das hier ist alles rund um Schloss Neuschwanstein im Hochsommer eine gemütliche Angelegenheit. Die Schlangen vor den public washrooms sind meterlang, die Gesichter vieler Besucher auch.
Kurzentschlossen hauen wir einfach ab. Lake Louise bleibt eine schöne, alte Erinnerung, but time goes by… Und weil’s hier so fürchterlich ist, skippen wir auch Banff auf der Stelle. Das war damals schon schrecklich, das müssen wir uns heute nicht mehr antun.
Stattdessen biegen wir auf die 93 ab, die uns auf einem ausgesprochen schönen Weg und kaum befahrenen Pfad aus dem Park führt. Natürlich zieht sich der Weg wieder, es wird immer wärmer und letztlich landen wir todmüde in Cranbrook, kurz vor der Grenze zu Montana, USA, checken in ein Billig-Motel namens Lazy Bear ein.
Keine Zeit zum Ausruhen, wir müssen dringend Klamotten waschen. Alles, das wir anhaben plus alles, was ausserhalb unseres Laundry bags noch herumfliegt, landet in einer grossen Ikea-Tüte, mit der wir uns auf den Weg machen. Ein paar Blicks nördlich befindet sich ein Waschsalon. In dieser chinesischen Laundry gibt es für zwei Dollar den Service, die gewaschene Wäsche in den Trockner zu packen. Den nehmen wir gern in Anspruch. So können wir wenigstens halbwegs in Ruhe zu Abend essen.
Wir kriegen es gerade noch hin, die Klamotten im Motel zusammenzufalten. Die Karte von Montana, die vor uns liegt, ist heute Abend einfach zu anstrengend… Und die Meldung, dass George Clooney für Tequila-Werbung eine Milliarde Dollar bekommt, wundert uns nach Lake Louise auch nicht mehr so sehr. Eine Milliarde Dollar! Für Tequila! Wir werden in Salz investieren.