Es regnet und regnet und regnet auf den ersten Kilometern von Alençon Richtung Drieux. Ungefähr 200 Kilometer haben wir vor uns, um ans Ziel zu kommen. Paris.
Zu den elf Millionen Einwohnern gesellt sich also noch ein Paar. Wir. Wir wissen sogar schon, wohin wir wollen, denn wir haben vor zwei Tagen eine Wohnung im 11. Arrondissement gemietet: Studio mit Kitchenette in der Nähe des Bahnhof Austerlitz. Citardines heißt die Organisation, die an verschiedenen Orten in Paris (und beim Hamburger Michel) Apartments vermietet. Gut bewertet, gute Lage, also unseres. Mit einem freundlichen Charles stehe ich in Korrespondenz: Die Wohnung ist erst ab 15 Uhr bezugsfertig, wir können aber die Bagage vorab parken.
Apropos Parken: Die Apartment-Jungs nehmen Paris-übliche 25 Euro pro Tag. Aber wir finden wenige Schritte vom Haus entfernt eine Tiefgarage, in die wir uns via App einbuchen: 4 Tage, alles inklusive 24 Euro. Das machen wir natürlich.
Wir waren vor ein, zwei Jahren für eine längere Zeit in Paris. Und erkennen sofort, wie sehr sich die Stadt verändert hat. Es gibt fast so viele Fahrräder wie in Kopenhagen und überall breite Wege für die Cyclisten. Und seit ein paar Wochen herrscht in Paris mit wenigen Ausnahmen Tempo 30. Das nehmen die Behörden sehr ernst und verteilen Tickets nicht unter 90 Euro an jeden, der auch nur ein paar Kilometerchen schneller fährt. Dieses resolute Durchgreifen hat zur Folge, dass man heute ganz entspannt durch Frankreichs Hauptstadt gondeln kann. Juan hatte eigentlich schon seinen Buenos-Aires-Killer-Fahrer-Blick, aber der war für nix gut.
Kurz nach halb eins halten wir vor dem Apartmenthaus und – oh Wunder – Charles hat gezaubert: Unsere Bude ist bezugsfertig. Wir schnappen uns das Wesentliche, gucken die Wohnung an (alles ok) und parken das Auto fünf Stockwerke tief vis-à-vis.
Eigentlich wollten wir sofort aus dem Haus stürzen, aber es regnet so fürchterlich, dass wir ein bisschen Wahl-Nachklapp-Geschubse in der Tagesschau angucken.
Aus einem nahen Carrefour schnappen wir Aufschnitt und Brot, schmieren eine Bemme zu Hause und machen uns dann auf den Weg. Erst einmal bis an die Seine, ein bisschen Paris schnuppern. Dann der Blick auf Notre Dame, deren Renovierung gerade begonnen hat. Fast gegenüber, ein bisschen versteckt, finden wir Saint Severin – ein Schmuckstück unter den historischen Kirchen mit besonders ausdrucksstarken Fensterbildern. Wir schlendern noch einen Moment über den Boulevard St. Germain und brauchen eine Pause.
Kein Lust, den ganzen Weg zurückzulaufen, deshalb kaufen wir ein Zehner-Carnet Metrokarten und fahren bis Saint Marcel. Und ja: Wir waren schon wieder mehr als zehn Kilometer zu Fuß unterwegs.
Wir haben eine knappe Stunde Zeit, mal durchzuatmen und die Füsse hochzulegen, dann haben wir auch schon eine Verabredung beim Vietnamesen ein paar Häuser weiter. Für mehr reicht die Kraft heute nicht mehr.
Das Essen ist gut, Wein und Tee auch. Es zieht uns ins Apartment. Nach der fiesen letzten Nacht müssen wit uns dringend mal ausschlafen.