Vor der Tür unseres Days Inn auf dem Highway 1 brummt es gewaltig. Es ist jetzt sieben Uhr, gerade haben wir eingecheckt. Die Brummer waren schon da: vielleicht 50, 60 auf Hochglanz polierte Harley Davidsons, fast alle mit Stars & Stripes beflaggt. Was für ein Anblick! Die Jungs und Mädchen treffen morgen früh auf ihre Freunde. Gemeinsam wollen sie am Memorial Day eine Ehrenrunde durch Washington drehen. Ich mag ja auch die Harley Days in Hamburg. Brummbären… Wir sind ab morgen ebenfalls in D.C., haben uns für drei Tage in ein Apartment in Georgetown eingemietet. Später dazu mehr.
Heute Vormittag haben wir uns ein bisschen Richmond angesehen. Durch Tabak reich geworden, hat sich das Dorf einst zur Stadt entwickelt. Ganz schön am Fluss gelegen, ein paar sehr anständige Kolonialbauten, ein hübsches Strässchen mit Kopfsteinpflaster und ein paar Restaurants – man bleibt bei Besinnung. Dazu ist es wieder warm: So heiß wie in diesen Tagen war es das letzte Mal in einem Mai 1848. Was haben wir bloß für ein Wetterglück! Auch dass wir die Tour westwärts gestartet haben und nicht, wie eigentlich geplant, erst einmal nach Süden gefahren sind, hat sich als Glücksgriff erwiesen.
Nach Richmond zieht es uns aufs Land. Das ist hier nicht so einfach, denn überall gibt es ausgebaute Highways, nur selten mal eine kleine Strasse. Ein paar davon haben wir selbstverständlich gefunden, sind am James River entlang gefahren, immer in der Hoffnung, dass nicht plötzlich ein Doofmann mit der Knarre vor uns steht, weil wir unwissentlich auf seinem Grundstüxk herumkurven 🙂 Mit den Waffen haben sie es natürlich auch hier in Virginia. Wer Angeln verkauft, hat in der Regel auch Gewehre… Dafür wird offen geworben, und wir sind fest davon überzeugt, dass mindestens jeder zweite Autofahrer bewaffnet ist. Wie es zu Hause bei denen aussieht, wollen wir gar nicht wissen. In irgendeiner Mall sind wir mal einer kleinen Familie begegnet: Mutter, Vater, Kleinkind. Vater hatte nicht nur ein bonbonrosa Polohemd an, sonst weithin sichtbar am Gürtel eine Pistole…
Aber es ist alles gut gegangen:-) Eigentlich wollten wir ja noch ein bisschen an der Küste herumstreunen, aber das haben wir uns mit Blick auf Uschi, unser Navi, geschenkt: es zieht sich alles sehr. Um zu einem schönen Punkt zu kommen, fährt man mal eben 60, 80 Kilometer. Aber man muss ja auch meistens wieder zurück…
Unterwegs geht unserem mobilen Wifi, dem Huawei, mal wieder die Puste aus. Also orientieren wir uns chez McDonald’s, suchen nach dem Weg und den Übernachtungmöglichkeiten nordwärts. Wir trödeln gemütlich nach Alexandria, eine Art Vorort von Washington, aber eine durchaus eigenständige Stadt mit eppendorf’schem Charakter, also ein bisschen hip, ein bisschen reich, ein bisschen trendsetting. Uns interessiert am meisten der alte, am Fluss gelegene Teil, bevor es wieder richtig trubelig in DC wird.
Mit Glück finden wir downtown ein schönes Restaurant fürs Dinner, sonst feiern wir eben mit den Harley Jungs. Die haben Unmengen von Chips und sixpacks eingedealt. Bin mal gespannt, ob man hier in der Nacht ein Auge zubekommt.
P.S.: Ich verspreche feierlich, die Anglizismen nicht einreißen zu lassen! Bald ist sprachlich alles wieder gut 🙂