Es ist Sonnabend (Samstag für Südlichter) und da gibt es einen „Pflichttermin“ in Lagos: den Wochenmarkt, auf dem die Bauern aus der Umgebung (und andere) ihr Gemüse, Obst und Nüsse verkaufen. Wir schreiben den XYies kurz eine whatsapp – vielleicht haben sie ja Lust, uns zu treffen. Haben sie. Nur: Sie sitzen im Café vor dem falschen Markt, nämlich der Halle von Santo Amaro. An einem Sonnabend… Kichernd machen wir uns auf den Weg dahin. Kein Drama, wir sind sowieso mit dem Auto unterwegs. Aber nun wissen auch XY, wo Sonnabend die Musik spielt. Wir haben sehr gelacht.
Dazu haben wir auch allen Grund. Denn nach dem miesen Wetter von gestern scheint heute wieder die Sonne. Ein paar dicke Wolken, aber – so what? Nach dem gemütlichen Kaffee mit XY starten wir Richtung Penina. Der Golfplatz ist zwar ein bisschen nass, aber es macht trotzdem wieder Spass. An Bahn 6 treffen wir einen einzelnen Spieler, der verwirrt scheint. Ist er auch: der reizende Kanadier aus Newfoundland hat sich auf den Bahnen verdaddelt. Er spielt den Course zum ersten Mal. Wir schnacken noch ein bisschen, zeigen ihm dann den rechten Weg. Zuhause, sagt er, sei das alles nicht so verwirrend. Viel mehr Luft auf den Golfplätzen, klare Orientierung und noch mehr Natur. Muss man sich wohl mal angucken.
Nach der Runde geht es nach Hause. Für den frühen Abend haben wir eine Einladung zum Apéro bei unseren Nachbarn Renate und Urs. Mittsechzigerin Renate kommt aus Niederbayern, ist vielleicht 1,65 gross, kurze, mahagonifarbene Haare und Lust auf Farbenfrohes. Urs aus dem Tessin ist ein grosser, gutaussehender Schweizer mit silbernen Haaren und offenbar Problemen beim Laufen – deshalb nutzt er auch ein Buggy, wenn er mit Renate dreimal in der Woche Golf spielt.
Kurz nach sechs klettern wir in den 7. Stock, Drei Türen, keine Bezeichnung. In der Wohnung über uns leben sie nicht, also noch zwei… So sagen wir Esther und Fredy (!) noch mal eben guten Abend. Und klingeln bei Renate und Urs. Niemand da. Missverständnis? In diesem Moment hält der Fahrstuhl, die beiden sehen uns verwirrt an. Heute? Ja, ohne Zweifel und bestätigt per whatsapp. Ich will schnell unsere Blümchen loswerden und wir wollen beidrehen. Das käme ja nun überhaupt nicht infrage! Wir betreten die wunderbar geheizte, geschmackvoll eingerichtete Wohnung der beiden. Minuten später steht ein süffiger Weisswein auf dem Tisch, selbst eingelegte Oliven und Möhren, Chips. Auf dem Tisch liegen die Schlüssel des Volves: das hochtechnisierte Teil wurde aus Versehen bei 60 Grad mitgewaschen. Nun bleibt es erst mal liegen. „Mal sehen, was passiert. Ändern können wir es sowieso nicht.“
Wir wollen nur ein Stündchen bleiben, aber der Abend wird lang und lustig. Renate hat die Wohnung schon vor 25 Jahren gekauft, da war das Haus gerade fertig. Ein bisschen ärgern sie sich, dass sie den Kauf der Wohnung, die wir gemietet haben, verbummelt haben. Sie wurde für 172 000 Euro verkauft, erfahren wir. Die beiden kennen sich mit Wohnungen und Preisen gut aus. Die Bleibe von Esther und Ferdy gehört ihnen, noch ein paar Objekte. Ihre drei Söhne (zwei hat Urs, einen Renate) haben ebenfalls rundherum jeweils ein, zwei Wohnungen. Und nun haben der Ingenieur-Hoteldirektor-Bankdirektor a.d. und die niederbayeische Brautmodenqueen noch ein anderes Projekt begonnen: Sie bauen ein Haus an der Praia do Mos. Mit 12×4 Meter-Pool, weil Urs gern schwimmt, mit viel, viel Platz und Meerblick. Sie müssten sich beeilen, weil Renate mit 70 nicht mehr bauen will. Da wird die Zeit nun knapp.
Ich gucke immer mal wieder verstohlen auf die Uhr, aber die beiden freuen sich über unseren Besuch und wir geniessen auch. Hören vom Aufstieg der kleinen Trachtenschneiderin zur grössten Brautmodenausstatterin in Niederbayern (inzwischen führt der Sohn das Geschäft weiter). Und davon, dass Urs einst als eingeheirateter Direktor des Grandhotels du Parc in Crans-Montana Gina Lollobridiga geküsst hat. Zum 100. Geburtstag des Hotels „und die Lollo war auch schon fast so alt“. Vor zehn Jahren wurden Renate und Urs dann von Freunden „zusammengeschmust“. Heute leben die beiden trotz Wohnung am Genfer See zehn Monate im Jahr in Portugal. Wenn sie nicht gerade bauen oder Golf spielen, halten sie sich dreimal wöchentlich im Studio fit: im selben Komplex, in dem sich auch die Schwimmhalle befindet. Der vergnügliche Abend endet gegen elf. Fröhlich kehren wir in unsere eiskalte Bude zurück. Wir werden zur Gegeneinladung ordentlich einheizen.