Licht am Horizont?

Den ersten Kontakt zu einem Verkäufer haben wir morgens kurz vor halb acht: Chuck wollte einen E-150 ausbauen, aber nun geht ihm das Geld aus: Das Finanzamt will umgehend Steuern von ihm, also muss das grosse, halbfertige Ding weg. Wir mailen hin und her, aber letztlich ist klar, dass wir ihm bei der Steuerschuld nicht behilflich sein werden: Das Auto steht nicht nur weit weg von Vancouver, fast an der Grenze zu den USA, es ist auch in erbärmlichem Zustand. Kein Problem, der Nächste bitte.

Delve hat einen Dodge Grand Caravan, ist nölig und spricht einen Akzent, den ich kaum verstehe. Indischen Ursprungs, würde ich mal tippen. Ab elf muss er arbeiten, vorher können wir in Surrey vorbeikommen. Aber als es auf das Thema Inspektion durch einen unabhängigen Gutachter kommt, gerät er ins Stottern. Aha, wieder ne Kiste im Leichenhemd. Wir gehen gar nicht erst hin…

Aber wir fahren zu Joy ans Ende der Welt nach Langley. Sie hat einen knallroten Grand Caravan 2009, der könnte etwas für uns sein. Sie ist nicht allein, auch das Mütterchen kommt mal vor die Tür, weil es gehört hat, dass da ein Argentinier spricht. Mutter – jeweils zur Hälfte russisch und italienisch – und Tochter – spricht wie eine Latina, aber auch exzellentes Englisch – haben jahrelang in Mendoza, Argentinien, gelebt. Das Auto, das sie verscherbeln, hat eine auffällige Macke, nämlich eine kaputte Windschutzscheibe. Das störe doch niemanden, sei doch nur auf der Beifahrerseite. Wer sitzt denn da? Demzufolge stört es mich. Da Joy in der Automobilbranche arbeitet und wie ein gewisses Krokodil Fahrzeuge überführt, hat sie gute Kontakte, die Scheibe günstig ersetzen zu lassen. Das soll nun morgen geschehen. Wir machen eine Probefahrt mit dem Feuerwehrautochen und sind ganz angetan. Läuft gut! Immer mehr neigt sich der Zeiger der Waage in Richtung Dodge, also in Richtung Auto statt Mistkiste.

Unser nächster Kandidat aus der kunterbunten Welt der Gebrauchtwagenhändler ist ein Iraner, ebenfalls mit einem feinen Grand Caravan, der aber obszön teuer ist. Wir machen zu dritt eine entspannte Probefahrt zu einer Tankstelle, hören uns dann auch die traurigen Geschichten rund um diese Kiste an. Ein Freund, der Geld braucht, dem habe man versprochen… Gottchen! Statt mit dem Preis massiv runterzugehen, bietet er eine sicherlich völlig wertlose Garantie. Und als ich auf doof nach einer pre-sale Inspektion frage, ist er fast erschrocken: Die Prüfer kommen nicht mehr zu ihm. Schon seit Jahren. Aber er selbst habe einen Mechaniker, der das Auto überprüfen würde. Steht auf unserer Stirn Dummbatz? Das wird schon seine Gründe haben, dass die Zertifizierten den Ort meiden… Wir lassen ihn mit einem Teller Gehacktem (lunch time) allein und wenden uns dem nächsten Schicksal zu: unserem. Brauchen dringend einen Kaffee, ausserdem einen ATM, um Bares zu ziehen. Bei einer Bank akzeptieren sie zwar die Auszahlung von 800 Dollar, aber es gibt kein Geld. Bitte? Eine extrem nette Dame mit komplett polnischem Namen nimmt unsere Daten auf und will sich kümmern. Dass sie das später wirklich tut, rechnen wir ihr hoch an. Wir haben eine schriftliche Bestätigung, dass der Vorgang nachträglich gecancelt wurde. Unser Tipp: Maschine leer…

Um mal auf andere Gedanken zu kommen, marschieren wir zum nächsten Canadian Tire. Da gibt es keineswegs nur Reifen, sondern alles, was man outdoor so brauchen kann. Wir planen also schon mal im voraus. Kisten, Möbel, Angeln, Zelte – von allem vor allem viel!

So. Einen haben wir noch. Der will sich auf dem Parkplatz von McDonalds treffen, um sein Modell vorzuführen. Wir warten, stellen erstaunt fest, dass ein drive-thru eine Goldgrube ist – er kommt nicht. Pffft. Zeit, nach Hause zu fahren…

Dort erwartet uns eine ganz und gar aufgeregte Pebbles, die mit Nachbar Peter hofft, dass die Wettervorhersage eintrifft: Sturm und Flut und Blitz und Donner. Wir hatten den ganzen Tag traumhaftes Wetter mit Sonne satt und Temperaturen um die 26 Grad. Die schnelle Erhitzung hat zur Folge, dass sich am Himmel Böses zusammenbraut. Feuchte Luft über dem Pazifik, Hitze südlich aus Washington kommend – eine extreme Lage. Wir haben vor einer Stunde über den verschneiten Rockies schon einen Blitz mitbekommen, aber hier in Vancouver sind sie ganz verrückt nach dem Naturspektakel: Peter hat in seinem ganzen Leben erst zwei, drei Blitze gesehen und hofft, den Schnitt heute zu erhöhen.

Wir sind gerade noch rechtzeitig vor dem Unwetter und gegen sieben nach Hause gekommen, trinken erst mal ein Bier, machen Joy für ihren Grand Caravan ein eher unsittliches Angebot und dann eine Lasagne warm. Dazu wird der Rotwein aus der Region, den Pebbles zum Empfang auf den Tisch gestellt hatte, geköpft. Wir haben zwar noch kein Auto, aber Joy mit ihrem Grand Caravan und letztlich auch Ron mit dem Safari liegen ganz gut im Rennen. Ausserdem wollen wir uns nun mal entscheiden, weil wir Lust auf die Stadt und die Gegend haben, aber das Wort Auto nicht mehr hören können…

 

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