Großstadt-Trubel

Man könnte meinen, bei voller Beleuchtung in ein Kino zu kommen: zehn, fünfzehn Bankreihen hintereinander, jeweils 20, 30 Stühle nebeneinander. Aber es wird kein Film gezeigt, es geht um Geld. Wir sind wegen unseres Kontos in der Banco Nation. Juan ist ob der langen Schlange vor dem Schalter schon schwer genervt. Zumal die Karte möglicherweise noch nicht einmal dort ist und wir vergeblich warten. Die Alternative: morgen wiederkommen, auch Schlange stehen. Wir müssten nur heute unserem Schweden sagen, ob wir die Hütte länger brauchen. Eigentlich wollten wir ja Samstag los…
Wir sitzen die Wartezeit nebenan im Café El Galeon bei medialunas und Kaffee aus. Bald müssen wir schon wieder los: Grauchen in eine Garage in La Recoleta bringen, Mittagessen mit Federico irgendwo in der Stadt. Stress 🙂

Tatsächlich ist die Maestro Card da, die Beschaffung des Pins funktioniert fast ohne Wartezeit – in 48 Stunden kann das Konto genutzt werden. Wir sind mal wieder gespannt und laufen fröhlich durch „unser“ Viertel. Nächster Punkt auf der Tagesordnung: das Grauchen braucht aus Sicherheitsgründen eine Garage, soll nicht von der Straße geklaut werden. Juan ruft in dem Laden in La Recoleta an, da bringen wir die Kiste dann auch hin. Auch als Beifahrer tut man in Buenos Aires viel für die Bauchmuskeln. Plötzliches Luftanhalten, Einziehen des Bauches – immer ist etwas los. Es wird links und rechts überholt, gebremst, durchgeschüttelt, gehupt. Wer den Verkehr von Paris oder Rom schon anstrengend findet, kann hier etwas erleben 🙂

Den Franzosen ist es tatsächlich gelungen, den Parkplatz bis Anfang nächster Woche kostenlos herauszuschlagen. Normalerweise kosten 24 Stunden um die 20 US Dollar, oft sogar wesentlich mehr. Wir werden also fröhlich das Auto los und fahren mit dem Bus Nr. 17 von der Avenida Callao Richtung San Telmo. Klar, an einem normalen Wochentag ist hier nicht so viel los. Am Sonntag aber, wenn auf dem Hauptplatz Flohmarkt und Tango stattfinden, brennt die Luft. Eigentlich wollten wir ja nach Caballito und dort mal eine Markthalle angucken, aber nun eben hier. Tolle Fassaden, schöne Türen, wackelige Bürgersteige… Wir besuchen eine Markthalle, die wir schon kennen, allerdings so mit Menschen vollgestopft, dass man kaum etwas sehen konnte. Das ist heute wesentlich entspannter. Man muss auf der Straße die Augen überall gleichzeitig haben. Da ist einerseits die beeindruckende Architektur, andererseits aber auch Stolperfallen von kaputten Gehwegplatten bis zu Hundehaufen…

Mittendrin sind wir mit Federico verabredet, der mit einem Bus vom Bahnhof Retiro anreist. Wir wollen gemütlich in San Telmo essen, dann fällt Juan aber ein Laden ein, den er seit über 30 Jahren kennt. Das Centro asturiano, ein spanischer Club in Montserrat. Also zu dritt ins Taxi und wieder los. Das Restaurant im 3. Stock des Kulturzentrums ist riesengroß und sehr gepflegt. Wir essen ein bisschen und trinken dazu ganz fabelhaften Malbec, Fuego Negro. Fede muss um fünf beim Arzt sein, kurz davor trennen wir uns. Wir beide laufen noch weiter durch die Gegend, gucken den Kongress an und auf der Callao das Hotel Bauen, in dem ich gewohnt habe, als ich hier gearbeitet habe. Sehr, sehr heruntergekommen… Die Stadt zeigt sich mal wieder überall von ihrer besten, trubeligen Seite. Wir schlendern den ganzen Weg hoch bis zur Santa Fé und haben keine Lust, uns in einen um diese Zeit gerammelt vollen Bus zu setzen, also winken wir ein Taxi heran. Taxis sind nicht nur günstig, sondern auch zahlreich. Auf 72 Einwohner kommt hier ein Taxi. Das ist der Wahnsinn! Hat aber zur Folge, dass man auch bei widrigen Verhältnissen relativ schnell einen Wagen findet. Wir fahren nach Hause, sind vom vielen Laufen auch schon längst wieder ganz nüchtern und haben zu nichts mehr Lust. Schuhe aus, Füße hoch – ganz easy. 

Es reicht gerade noch, unserem Schweden mitzuteilen, dass wir Montag nun wirklich abhauen. Nachdem ich mit ihm so massiv verhandelt habe, bleiben wir nun auch da. Die nächsten Tage dürften relativ ruhig werden, hier und da mal Familie, am Samstag Abend singen Teresa und Marina in einem irischen Pub argentinische Folklore – da gehen wir dann auf jeden Fall hin. Sonntag Mittag wohl ein Essen, dann holen wir das Auto. Und Montag hauen wir endlich mal ab.

 

2 Kommentare zu „Großstadt-Trubel“

    1. kann man wohl sagen. du gehst zehn Meter, wieder was anderes, Faszinierendes. oder setzt dich in eine Bar. und guckst. und guckst. großartig.
      p.s. landeier? pöh! 🙂

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen