Ein Sonntag in Florenz

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Es ist noch nicht einmal neun Uhr. Und wir sind schon auf der Landstraße. Nur 40 Kilometer bis Florenz, ein Katzensprung!

Dass wir Sonntag fahren, hat zwei Gründe: erstens vermuten wir weniger Verkehr, zweitens ist ein Teil der üblichen Sperrzone in der Innenstadt heute für Autos aufgehoben; wir müssten also problemlos zum Mercato Centrale kommen. Dort gibt es eine Tiefgarage, in der wir das Auto lassen wollen.

Vor knapp 15 Monaten waren wir das letzte Mal in Florenz – auf der Flucht. Nach   der Fähre Barcelona- Civitavecchia hatten wir zwar noch ein paar Tage in Rom, aber dann wurde die Coronalage beängstigend. Also sind wir nur durch Florenz und immer weiter nordwärts gehetzt und haben uns in Hamburg eingeigelt.

Heute ist zwar Corona immer noch ein wichtiges Thema, aber wir sind geimpft und ebenso wie die Italiener achtsam.

Wie die meisten Parkplätze ist auch der unter dem Zentralmarkt von Florenz eher für kleine Autos gemacht. Wie die meisten anderen ist unsere Kiste vorn und hinten und in der Breite zu groß. Ein elendes Geschlängel in der dusteren Tiefe.

Heller wird’s im Obergeschoss der Markthalle. Unten ist alles zu, aber oben rüstet sich die Gastronomie für den Tag. Wir gucken uns zwar alles an, bleiben aber nicht, sondern machen uns auf den Weg Richtung Dom. Da wir Florenz von einigen anderen Besuchen ganz gut kennen, stehen wir unter keinerlei Besichtigungszwang.

Vor dem imposanten Dom-Komplex treffen wir zwar auf einige Leute, aber nichts ist vergleichbar mit anderen Zeiten. Die Schlangen vor den Uffizi sind überschaubar, die Kutscher surfen im Internet und lassen die Pferde in Ruhe fressen.

Wir suchen uns ein Café und gucken. Auffällig viele „influencer“ mit Entenmaul und extremer Kriegsbemalung sind unterwegs. Meschugge zu sehen, wie sie sich für ihre albernen Selfies präsentieren. Kein Blick auf die wunderbaren Renaissance-Bauten, dafür Brust und Schnabel raus und Klick. Muss man mögen…

Wir machen das, was wir am besten können: schlendern. Hier mal in eine Kirche, da mal auf den Spuren eines Priesterseminars, begeistert von Skulpturen und einem Verkäufer direkt an der Ponte Vecchio: „Where do you come from? Africa?“ Ich falle vor Lachen fast in den Arno…

Auch auf der Ponte Vecchio ist wenig los. Die Juweliere dösen unter der Klimaanlage, die überwiegend italienischen Touristen unter der Sonne. Wir gucken noch mal auf den Palazzo Pitti und ruhen uns einen Moment im Dunkel der Santa Maria de Felice aus.

Florenz ist schön wie immer, aber die leeren Restaurants mit ihren traurigen Kellnern animieren uns nicht zum Bleiben.

Langsam, langsam machen wir uns über eine neue Landstraße auf den Weg nach Hause. Kurz nach einem der 1000 Kreisverkehrsinseln sticht uns ein Schild ins Auge: Trattoria. Das sehen wir uns gern mal genauer an.

Auf der beschirmten Terrasse sitzen an langen Tischen Familien in mehreren Generationen. Ein Kellner serviert mit den Speisekarten einen pinkfarbenen Aperitif. Och. Schön. Wir bestellen Prosciutto e melone, danach jeder eine Pasta, dazu einen formidablen roten Hauswein. Nur das Dessert hätten wir uns schenken können. Die Profiteroles sind matschig und viel zu süß, die Crème brûlée sonderbar. Aber alles in allem: wunderbar.

Wir zuckeln zurück auf unseren Berg und fallen nahtlos in den Pool. Erfrischung ist angesagt nach dem anstrengenden Tag.

Abends gibt’s noch ein Brot auf die Hand und das EM-Endspiel. Unsere Hoffnung wird erfüllt- Italien ist Europameister. Che bella Italia!

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