Dubai City


In Dubai gibt es 1418 Moscheen. Ein guter Prozentsatz davon befindet sich in der Altstadt. Wie wir. Um 5:45 sitze ich aufrecht im Bett: Die Muezzin rufen zum Gebet. Damit das auch jeder aufrechte Moslem mitbekommt, verstärkt jeder Muezzin seinen Aufruf mit Lautsprechern. Einige davon haben die scheppernde Qualität von Fahrgeschäften auf Provinzjahrmärkten. Ich bin hellwach, Juan schläft einfach weiter.

 

Zum Frühstück gibt’s Toast, hartgekochte Eier, schwarzen Kaffee, Melone und ein wildes Sprachgewirr auf Hindi. Einige Familien aus Indien sind im Haus, gruppenweise Männer, viele grüssen freundlich, andere schlafen noch halb.

 

Der Plan: Raus aus der Altstadt, ab auf die berühmte Palme. Dazu fahren wir mit zwei Metrolinien, einer Strassenbahn und einer Monorail eine gute Stunde. 25 Kilometer entfernt liegt die artifizielle Insel. Der Weg dahin mit der immer im Freien fahrenden Metro ist ein spannender Überblick über Dubai: Skyscraper und Villen, Malls und Autoläden. Sehr modern, architektonisch und statisch grandios. Wenn diese Stadt ein Attribut verdient, dann ist es dieses: gigantisch. Wohin du guckst, glänzen Fenster- und Edelstahlfassaden, wird gebaut und auch wieder abgerissen.

Wir sind so hingerissen von den unterschiedlichen Aspekten, dass wir erst kurz vor dem Ausstieg an der Marina merken, dass wir sozusagen grau gefahren sind. Die Metro hat drei Klassen: Silber, für die wir NOL-Karten haben, die immer wieder aufgeladen werden, eine Klasse nur für Frauen und Kinder, und Gold, die 1. Klasse, in die wir versehentlich hineingeklettert sind. 

 

Wie auch immer: Wir landen auf der Palme und damit am Meer. Am Horizont das Dubai Eye, ein Riesenrad wie in London, aber außer Betrieb. Der aufgeschüttete Boden darunter hat sich gefährlich gesenkt. Das Ding soll abgebaut und irgendwo wieder aufgebaut werden. Vielleicht lassen sie es auch einfach stehen und bauen etwas Neues, Grösseres. Unsere Begeisterung für die Palme mit all den Luxushütten mit Privatstrand – zu  Glück hängt Wäsche auf den Leinen, sonst wäre es wie ein Modell – hält sich in engen Grenzen. Voll ist es. Ein riesiger Aquapark „Aquaventure“, das berühmte rosafarbene Hotel Atlantis mit der unvermeidlichen Mall. Disneyland für Gross und Klein. Nur größer, höher, weiter. Natürlich schlendern wir ein bisschen herum, aber so richtig Spass macht es nicht. Also: retour.

 

Zwar wollen wir nicht für 90 Dollar pro Nase hinauf aufs Burj Kalifa, aber auf jeden Fall wollen wir uns das immer noch höchste Gebäude der Welt ansehen. Von der Ferne haben wir den nadelartigen schlanken Turm längst entdeckt. Und nun aus der Nähe. Schön, muss man sagen. Und umgeben von ähnlich hohen architektonischen Wunderwerken, die Menschen aus aller Welt anziehen.

Wir überlegen kurz, ob wir uns die Dubai Mall ansehen und glücklicherweise entscheiden wir uns dafür. Rodeo Drive? 5th Avenue? Palm Beach? Ärmliche shoppings verglichen mit diesem Einkaufstempel, dessen Eingang schon mit einem riesigen Hermès-Mural ausgeschildert ist. Es gibt jede erdenkliche Marke hier, quasi die Herstellerliste aus der amerikanischen September Vogue – doll. Und es gibt geradezu unheimlich viele Menschen mit Einkaufstüten, allen voran in tiefschwarze Tschadors gehüllte Damen, an deren Händen Vielkarätiges blitzt. Das ist wirklich interessant zu sehen. Ich nehme mal an, die verhüllten Ladys wollen einfach unerkannt ihre Kreditkarten zum Glühen bringen. Und das kriegen sie gut hin.

 

Nach einer Pause bei einem kolumbianischen Espresso (warum ist der sauer?) zu Piazza San Marco Preisen schlendern wir über eine einige Kilometer lange Brücke zurück zur Metro. Entgegen kommen geschätzte Tausende, alle unterwegs in den Shopping-Himmel. Wir hören russische, englische, italienische Wortfetzen, lauschen zum Teil bildschönen Araberinnen beim Geplapper ins unvermeintliche Handy, spannen Deutsche mit ihren Ausführungen über das Leben an sich und in Dubai im Besonderen, erliegen dem Voyeurismus bei Indern und  Pakistani und sind geblendet von der Fülle paillettenbesetzter Klamotten.

 

Paillette und geschliffenes Kristall à la Swarovski oder bei einigen doch Harry Winston sind hier top. Wenn man genau hinsieht, erkennt man übrigens auch die völlig unterschiedlichen Gewänder der Araberinnen. Was auf den ersten Blick aussieht wie einfaches Schwarz ist oft kunstvoll bestickt und mit schwarzen Perlen und Kristallen besetzt. Sehr schön auch die unterschiedlichen Stoffe von einfach bis exquisit. Auch bei den Herren ist nicht jedes weiße Gewand wie das andere. Stoffe unterschiedlicher Qualitäten, Schnitte, die nicht identisch sind, sehr oft handgenähte Schuhe, die eher aus Italien als von Deichmann stammen. Wer Lust hat auf richtigen, echten Luxus muss in die Dubai Mall. Selbst wenn man weder bei Bulgari noch bei Tiffany zuschlägt – es ist ein Erlebnis. Nur streng verboten für jemanden mit einem Kaufrausch-Gen: Die oder der geht hier verloren.

 

Die Metro-Wagen sind voll wie in Tokio am Morgen, aber es nützt ja nichts – wir wollen zurück ins Hotel. Juan versucht sich in ersten arabischen Lauten und imitiert die Ansagen der Stationen. Hört sich ein bisschen an wie ein Hamster in Not.

 

Im Zimmer suchen wir ein Restaurant für ein frühes Abendessen, danach legen wir uns ein bisschen aufs Ohr. Das Taxi für 0:30 Uhr ist bestellt, unser Flieger nach Hongkong startet um 3:30. Wird also eine lange Nacht.

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