Mit dem Taxi morgens gegen zehn vom Hotel Ecke Water Street/Des Voeux Road durch den Tunnel zu einem der grössten Bahnhöfe der Welt: Kowloon Highspeed Train Station. Sieben Etagen unterirdisch, unzählige Bahnstränge und alle für die ganz schnellen Züge. Zum Glück ist alles gut ausgeschildert.
Wir sind allerdings gespannt, wie es nun visafrei mit der Einreise in die Volksrepublik klappt. Zwei Tage, bevor wir in Hamburg in die Visaabteilung wollten, kam völlig unerwartet die Meldung aus Peking, dass Touristen aus bestimmten Ländern 15 Tage visafrei China besuchen könnten. Ganz ohne genaue Hotel- und Reiselisten, irgendwelche Fragen, sondern einfach so. Es sollen mehr Touristen ins Land der aufgehenden Sonne kommen. Covid hat ein empfindlich tiefes Loch gerissen.
Deshalb also nun die simple Einreise. Es klappt alles problemlos. Einreisezettel ausfüllen, Pässe vorgezeigen, Foto und Fingerabdrücke, Gepäck durchleuchtet – schon sitzen wir weit über eine Stunde vor Abfahrt unseres Zuges G5858 im riesigen Wartesaal. Was war das früher immer für ein Theater mit den Visa und strengen Blicken. Jetzt reisen wir ein wie nach England. Es gibt im Wartebereich genügend Plätze für alle, nur Toiletten oder Kioske sucht man vergeblich. Tatsächlich hat die Reise mit dem Hochgeschwindigkeitszug zum Bahnhof Futian in Shenzhen mal gerade 20 Minuten gedauert. Höchstens. Nur das Drumherum war zeitaufwendig.
Der Zug ist voll und bequem, kommt bei der kurzen Strecke auf eine Geschwindigkeit von knapp 200 kmh. Dann hält er auch schon sofort wieder. Wir stehen auf dem wiederum riesenhaften Bahnhof in der chinesischen Stadt Shenzhen und haben keinen einzigen Rinminbi oder Yuan in der Tasche. Das muss sich sofort ändern. Beim exchange tauschen wir die letzten Hongkong Dollars in chinesische Währung und sind schon ein bisschen beruhigt. Eher töricht verläuft dann die Suche nach einem China mobile Laden. Juan braucht eine sim card für China, ich habe zwar eine e-sim gebucht, aber die kommt nicht richtig in Gang.
Wir irren in der uns völlig unbekannten Stadt ein bisschen herum, wissen eigentlich auch genau, dass wir mit der Metrolinie 2 zum Hotel fahren können, haben aber keine Lust mit dem ganzen Gerödel wieder in in die Tiefe des Bahnhofs abzutauchen. Aber nach einem vergeblichen Versuch finden wir einen ATM, durch den wir uns die Taschen mit chinesischem Geld vollstopfen können.
Also Taxi zum Huaqiang Plaza Hotel. Gar nicht so einfach, denn der winzige Taxifahrer versteht nix, wir auch nicht, online klappt nicht, wir haben keinen Ausdruck des Etablissements in chinesischer Sprache. Aber das lütte Wiesel weiss Rat, schnappt sich mein iphone und quatscht drei Grazien an. Zu viert machen sie sich auf die Suche und werden fündig. Die girls strahlen, der Taxifahrer – und wir auch.
Offenen Mundes geht es zunächst nur durch gesichtslose Hochhausschluchten. Aber dann wird es zum Glück lebendiger. Geschäfte, Buden, Menschen. Und mittendrin das Hotel. Glücklicherweise hatte ich irgendwo gelesen, dass man durch ein Starbucks zu Fahrstühlen und dann in den 23. Stock an die Rezeption muss. Andernfalls hätte es sicher eine Kante länger gedauert.
Schon an der Rezeption wird der grösste Unterschied zu Hongkong klar. Waren wir eben noch in einer internationalen Metropole unterwegs, befinden wir uns hier, 30 Kilometer nördlich, eindeutig in China. Niemand spricht englisch, mühsam verhaspeln wir uns gegenseitig mit elektronischen Übersetzern. Aber wie immer klappt es letztlich. Wir haben ein schönes großes Zimmer im 31. Stock mit Blick über die Stadt.
Mittlerweile ist es vier geworden und wir haben einen Bärenhunger. Schliesslich sind wir ohne Frühstück aus Hongkong ausgereist. Also los. Mal umsehen, was hier so passiert. Viel! Wir sind in einer äußerst quirligen Ecke gelandet, im Herzstück des elektronischen Handels. Natürlich hat sich auch China mobile hier angesiedelt und wir bekommen über schwierige sprachliche Irrwege die Karte.
Auf der Strasse wird an Buden Essbaren verkauft: Satays, Würstchen, Gebackenes, Gedünstetes, Fritiertes. Wunderbare Gerüche, aber wir wollen irgendwo sitzen. Direkt vor uns ist ein luxuriöse Riesenkaufhaus – Garant in Asien für Restaurants und Foodcourts.
Da sämtliche Informationstafeln nur auf Chinesisch sind – da hat man es in Hongkong leichter – müssen wir erst mal die Lage klären. Im 9. Stock gefällt uns etwas. Langsam kommt auch meine elektronische sim card zur Besinnung. Google translator hilft, die Bilder zu identifizieren. Obwohl: Rindfleisch mit Abfall scheint nicht so ganz korrekt. Bestellen wir vorsichtshalber mal nicht. Stattdessen Schweinebäckchen, die erst geräuchert, dann gekocht und dann geschnetzelt werden. Ihren Geschmack bekommen sie von Frühlingszwiebeln, Unmengen an Knoblauch und noch viel mehr Chili. Eine ganze heisse Kiste. Zum Glück haben wir vorsorglich gekochten Kohl dazu bestellt, ausserdem ein bisschen Reis. Das neutralisiert etwas. Aber bei aller Schärfe: Der Geschmack ist der Hammer! Wir sind begeistert.
Wieder auf der Strasse, kommen wir ganz zufällig an einem Schild „Food street“ vorbei. Natürlich tauchen wir ein. Unsere Welt. Unzählige kleine Restaurants bieten in der engen Gasse lauter Köstlichkeiten an. Das müssen wir uns merken. Aber erst einmal geht es durch ein grössenwahnsinnig-grosses Elektronikkaufhaus mit vielen kleinen Reparaturbetrieben zurück ins Hotel. Hausfrauliche Pflichten warten, denn wir haben ein Laundromat-Schild gesehen. Die Maschinen stehen draussen auf einer Terrasse bei uns im 31. Stock. Ein luxuriöser Kessel Buntes!