5:30 Uhr ist auch in der christlichen Seefahrt eine fies unchristliche Zeit. Aber das iphone klingelt unbarmherzig. Wir haben an Bord wie die Babies geschlafen, sind zwar ab und zu mal aufgewacht, haben kurz aus dem Fenster geguckt, mal eine andere Fähre, mal ein Fischerboot, meist aber überhaupt nichts außer Wellen gesehen. Aber insgesamt traumhaft geschlafen.
Nun sehen wir dunkle Wolken und darunter die Küste Italiens. So bella sieht das mal gerade nicht aus. Kurze Dusche, zweimal schütteln, Kaffee und Cornetto auf die Faust in der Bordbar – wir fahren nach Italien!
Ein letzter Blick aus dem Kabinenfenster – das kann doch wohl nicht wahr sein! Ein Stück Regenbogen über der Küste. Das ist ein Zeichen! Natürlich ein gutes.
Von der Fähre sind wir ratzfatz runter und wollen ein bisschen Ancona angucken. Es ist ja erst kurz nach sieben, also recht wenig los in der Stadt, die uns aber auch nicht direkt aus dem Autos reisst.
Also auf die Küstenstraße nach Süden. Wir haben drei Tipps von Croco aka mingseling. In Portonovo sind die Trottoirs noch hochgeklappt, kaum kommen wir in Sirolo an, fängt es an zu regnen. Mist. Wir trödeln weiter nach Loreto – und trauen unseren Augen kaum. Was für ein zauberhaftes Örtchen mit atemberaubender Altstadt! Mal eben gucken, was wikipedia dazu zu sagen hat:
„Nach dem Petersdom in Rom ist Loreto der zweitwichtigste Wallfahrtsort in Italien und einer der wichtigsten der katholischen Welt. Die Basilika vom Heiligen Haus beinhaltet die Santa Casa, der Legende nach das Heilige Haus von Nazaret, in dem Maria aufwuchs und die Verkündigung des Herrn empfing. Es soll von Engeln nach Loreto getragen worden sein. Zu den Kunstschätzen der Basilika gehören eine Schwarze Madonna sowie bedeutende Werke von Melozzo da Forlì, Andrea Sansovino und Luca Signorelli.“
Weil es noch nicht einmal zehn ist, gehört uns dieser wunderbare Ort fast allein. Wir kommen überall sofort hinein, können alles ungestört ansehen, staunen über die barocke Pracht und die uralten Mauern. In einem Café gegenüber der Basilika trinken wir einen Espresso, um halbwegs wach zu werden. Nicht einmal die Pflaster-Künstler sind da, alles noch ziemlich ausgestorben. Toll und wirklich beeindruckend. Das wäre wirklich schade gewesen, wenn wir das versäumt hätten. Loreto!
Langsam machen wir uns auf den Weg zum Auto, da trudeln die ersten Busse ein, Schul- und Kindergartenklassen. Zeit zu gehen.
Wir gondeln ein bisschen durch die Marken, machen einige Stops, finden San Severino di Marche ganz hübsch und Matelica ebenso. Dazu wieder mal das alte Lied: Wir hätten gern eine gute Straßenkarte von der Gegend, aber die Tankstellen passen genauso wie die Tabacchi. Mist, aber wir geben nicht auf. Apropos Tankstelle: Der Sprit (95er) kostet hier in Italien zischen 1,42 und 1,52 pro Liter. Das sind ziemlich genau 50 Prozent mehr als in Kroatien.
Aber wir haben den ehemaligen Ostblock hinter uns gelassen, keine Kuna mehr in der Tasche und richtig Lust auf Italien.
Durch einige Tunnel, über Berge und Kuppen lassen wir die Marken hinter und und sind auch schon in Umbrien. Unser Ziel ist Assisi, da waren wir noch nie. Zum Glück finden wir ein paar Feldwege, die uns weit ab vom Geschehen in die richtige Richtung führen.
Was für Aussichten! Den ganzen Tag sind wir schon von den Weinbergen, Kathedralen, Dörfchen begeistert, die meist unter uns liegen.
Tja, und dann liegt es vor uns. Assisi. Ich muss zugeben, dass ich schon in Kindertagen ein großer Freund des heiligen Franz war. Der hat mir wirklich imponiert. Und das tut auch dieser Ort. Das Auto bleibt auf einem Parkplatz stehen, wir sind wieder als Bergziegen unterwegs, um die Schönheiten der Stadt keuchend in Augenschein zu nehmen.
Es gibt wohl keine Sprache, die wir nicht hören. Assisi ist international, die Leute sind begeistert wie wir. Assisi ist, typisch für umbrische Orte, wunderschön auf einem Hügel gelegen. Die Stadt ist praktisch autofrei und damit ein ruhiger Ort zum Bummeln, sieht man von zahlreichen Touristen und Pilgern in den Hauptreisezeiten und am Wochenende ab. Heute geht’s entsprechend ruhig zu. Nicht gerade leer, aber wir treten auch niemandem auf die Füße.
Der bedeutendste Sohn von Assisi ist San Francesco (1180-1226), der heilige Franz von Assisi. Im Alter von 26 Jahren, nach Krieg und Kriegsgefangenschaft stellte er sich in den Dienst von Gott, widmete sich aufopferungsvoll den Armen und lebte dabei selbst wie diese. Bereits zwei Jahre nach seinem Tod wurde er von Papst Gregorius IX. heilig gesprochen. Auf ihn geht die Gründung des Ersten Ordens der Franziskaner 1909/1910 zurück. Im Jahr 1912 gründete er den Zweiten Orden der Franziskaner, einer Schwesterngemeinschaft mit Klara von Assisi: die Klarissinen. Noch heute besitzen die beiden Orden eine zentrale Bedeutung und in Assisi begegnen wir Nonnen und Mönchen in ihren Kutten und Sandalen.
Die Wege in diesem wunderschönen Ort sind ziemlich anstrengend, weil es steil bergauf und ebenso bergab geht. Aber jeder Schritt lohnt sich. Wir suchen die Tourist Information, finden davor noch eine weitere Kirche, die auf das 4. Jahrhundert zurückzuführen ist. Doll!
Bemerkenswert ist auch das Museo Diocesano e Cripta di San Rufino. Wir haben ja auf dieser Reise schon einige Krypten gesehen. Doch diese ist anders. Das Museum, 1941 gegründet, kümmert sich um das Kulturerbe von Assisi – und das gelingt gut. Staunend schlendern wir unter dem Dom entlang, werden begleitet von christlichen Gesängen. Eine fast unwirkliche Stimmung.
Übrigens ist Franz von Assisi ähnlich beeindruckt von dieser „Unterwelt“ gewesen. Es ist überliefert, dass er oft hierher gekommen ist um zu beten.
Ganz weltlich schnappen wir uns anschließend je ein Sandwich und gucken dem Treiben in der Stadt zu. Fahren wir noch weiter? Wir machen uns auf Schleichwegen auf nach Perugia, drehen aber wieder um. Heute bleiben wir in Assisi. Nach schrecklichen Hütten, die wir besichtigen, richtet es dann booking.com wieder und schickt uns für knapp über 60 Euro ins Grandhotel. Ja, kann man machen 🙂
Inzwischen geht die Sonne unter, es wird wieder frisch, aber wir nicht. Wir sind müde von dem langen Tag und glücklich über all das, was wir gesehen haben. Dinner und Vino im Hotel. Italien, was biste schön!