So ganz einfach ist es nicht, sich in einer 15-Millionen-Stadt zurechtzufinden, wenn man kaum einen Piep sagen kann. Aber irgendwie geht ja immer alles. Nachdem wir schon durch so viele Gassen gelaufen sind, so viele Höfe und Hinterhöfe besichtigt haben, wollen wir heute mal ein Museum in Angriff nehmen. Genauer gesagt: das Nanyue King Museum, ein grosses archäologisches Areal, das sich in der Hauptsache mit der Grabstätte des Königs mitsamt all ihren Zugaben beschäftigt. 2000 Jahre geballter Historie erwarten uns auf vielen hundert Quadratmetern.
Wir sind begeistert von den Jade-Kopfkissen, sehen grandiose Zeichnungen und kneifen vor dem Besuch des Originalgrabes im Untergeschoss: Nichts für Klaustrophobiker, doch die scheinen unter Chinesen nicht sehr verbreitet. Wir sind froh, wieder Frischluft atmen zu können. Es ist erstaunlich viel los in diesem Museum: Schülergruppen, Studenten, Paare aller Jahrgänge, komplette Grossfamilien – spannend!
Unser nächster Weg führt ins Museum der chinesischen Revolution, das in einer schönen Villa inmitten eines Parks untergebracht ist. Nur leider: Kein einziger Hinweis auf Englisch. Wir verfolgen das Revolutionsgeschehen chronologisch, reimen uns dieses und jenes zusammen, betrachten Bilder aus längst vergangenen Epochen und erholen uns am Teich vor dem Museum. Haben wir mehr verstanden von diesem Volk mit der grossen Geschichte? Vielleicht ein bisschen.
Ganz in der Nähe entdecken wir einen Park mit Skulpturen chinesischer Volkshelden aus revolutionären Zeiten. Aber irgendwann schwappen die Eindrücke über unserem Kopf zusammen und wir hasten zurück ins Hotel. Pause.
Unbedingt wollen wir den neuen Fernsehturm noch sehen, dessen Beleuchtung spektakulär sein soll. Also wieder ins Taxi, gequält durch dichten Verkehr bis zum Turm. Es ist Sonnabend, vielleicht sind deshalb so wahnsinnig viele Menschen hier. Vielleicht aber ist es auch jeden Tag so voll. Wir gucken und laufen am Pearl River entlang.
Den Plan, hier zu Abend zu essen, vergessen wir mal schnell wieder: Zu voll, zu viele Menschen. Der Taxifahrer, der uns zurück Richtung Hotel bringt, braucht psychologische Hilfe. Ganz dicht kann er nicht sein, so wie er jagt. Irgendwo am Fluss in der Nähe des Hotels sagen wir stop und suchen ein Restaurant. Ein englisches Menü gibt’s im Com‘on. Aber auch Lasagne und Texas Steaks. Wir fliegen ein Haus weiter. Einen Moment funktioniert das Internet und damit auch der Übersetzer. Eilig stellen wir uns ein abenteuerliches Menü zusammen.
Auf dem Rückweg ins Hotel verblüfft uns eine Live-Band in einem knallvollen Restaurant, aber wir müssen ins Bett. Morgen geht’s mit dem Bullett train, dem richtig, richtig schnellen Zug 1600 Kilometer nach Westen. Nach Kunming.