Unser Campingplatz direkt am Meer ist wirklich super gelegen. Wir haben zwar gut geschlafen, aber es war nachts so warm, dass wir ab und zu aufgewacht sind. Einmal habe ich sogar geträumt, wir würden keine Luft mehr bekommen. Arme Rosie, was denken wir von dir?
Kurz nach sechs Uhr morgens beginnt unser Nachbar, sein Zelt zusammenzupacken. Das macht er zwar ganz leise, aber ich bin hellwach. Nach neun Stunden Schlaf auch nicht verwunderlich.
So langsam lese ich mich durch die Zeitungen, spiele ein bisschen Quizduell mit meinen liebsten Pappenheimern, da kommt Juan auch zu sich. Draussen strahlt schon die Sonne über der Deep Bay, die Gänse schnattern, die ersten Boote werden geslipt. Die Dusche ist ganz ok, danach gibt es in der Kneipe erst einmal einen Kaffee.
Das Autochen ist schnell gepackt, weiter geht es über die 19A entlang der Strait of Georgia nach Norden.
In einem Ort namens Courtney frühstücken wir das fieseste vorstellbare Sandwich: English Muffin mit einer Art Schwamm (soll Mozzarella sein) und weiteren Undefinierbarkeiten. Igitt! Aber wenigstens ist auch hier der Kaffee wieder sehr gut.
Langsam fahren wir durch die atemberaubende Natur des Comox Valley, scannen ständig links und rechts die Wälder nach wildem Getier. Viele Hinweise gibt es auf Elks (das sind die grossen Hirsche, nicht etwa Elche, die heissen moose), Bambis – ich sehe tatsächlich ein Reh irgendwo dumm herumstehen, mehr aber auch nicht.
Campbell River, heisst es, ist die Welthauptstadt der Lachsfischer. Bei Temperaturen um 30 Grad fischt heute, am Sonntag, niemand. Man promeniert entlang des Salmon Rivers, so man nicht ohnehin in der Wildnis ist.
Wir gucken uns einen Antiquitätenladen an, der eigentlich eher ein Schrotthändler ist, sehen im Hafen ein paar Schiffe, natürlich einige Totems. Um den Discovery Pier, eine 180 Meter lange Brücke im Salmon River, wird viel Tamtam gemacht, aber das können wir kaum nachvollziehen.
Von Campbell River aus gehen Fähren auf benachbarte Inseln, die zwar von weitem sehr schön aussehen, aber das schenken wir uns trotzdem. Sehr gemütlich schlängeln wir uns stattdessen weiter nach Norden. Das nächste Ziel heisst Telegraph Cove und es ist die Rede von einem malerischen Fischerdörfchen. Auf dem Weg dahin passieren wir riesige Holzhäfen, sehen auch mit ziemlichem Entsetzen, wieviele Bäume und ganze Landstriche dran glauben mussten.
Und plötzlich entdecken wir etwas Schwarzes, Wuscheliges am Wegesrand: Schwarzbären! Eine Bärin mit ihrem Jungen! Wir halten die Luft und das Auto an, sind ganz begeistert. Die ersten Bären! Es gibt sie also wirklich hier! Sie sehen süss und putzig aus, dass man sich mal eben kneifen muss, um sich zu vergegenwärtigen, dass es sich hier um wilde Tiere handelt.
Die Mami richtet sich kurz einmal auf, nach dieser Drohgebärde verschwindet sie mit ihrem Nachwuchs im Unterholz. Grandios! Wir freuen uns wie die Kinder, fahren dann aber weiter in das lauschige Fischerdörfchen auf Stelzen mit Namen Telegraph Cove. Das mag es ja mal gegeben haben, inzwischen wurde aber jeder Stein touristisch umgedreht. Wir gucken uns zwei komplett überteuerte Zimmer an und hauen schleunigst ab von hier. Och nö, das wollen wir nicht. Auf dem Weg zu einem Campingplatz ganz in der Nähe läuft uns ein weiterer Bär über den Weg. Wir sind ganz beseelt. Diese Öhrchen, och, nee…
Bärchen schlägt sich in die Büsche, wir fahren in ein gottverlassenes Nest namens Port McNeill. Da landet man, wenn man auch die allerletzte Ausfahrt Brooklyn verpasst hat… Statt Camping gibt es ein Motel, das gleichzeitig Liquor store ist. Das Restaurant ist sonntags geschlossen, deshalb essen wir bei Gus im Hafen Junk. Das mit dem Kochen hat sich hier noch nicht so weit herumgesprochen. Was irgendwie geht, fliegt erst einmal die Friteuse. Wer das Fett anheizen kann, ist schon mal Koch. Wir sehnen uns ein bisschen nach Selbstgekochtem auf dem Campingplatz. Mal gucken, wie das weiter nördlich gehandhabt wird.
So, nun erst einmal: Gute Nacht, Petzi, wir sehen uns! Heute Nacht werden wir erst einmal von dir und den Deinen träumen!