Die 18 Kilometer zu Fuß haben wir nur knapp verfehlt: Was sind wir wieder rumgekommen!
Nach einem hervorragenden Frühstücksbuffet im Hotel Johann Strauss geht es gegen halb zehn und bei um die 23 Grad los: Zum Karlsplatz, zur Oper, in den Stephansdom. Am Wegesrand in jede Kirche, die uns vors Gesicht kommt. Wien ist recht voll, aber dadurch. dass Gäste aus China komplett wegbleiben, überschaubar. Wir hören neben amerikanischem Englisch vor allem östliche Sprachen, dazwischen Arabisches und ein bisschen Hebräisch. Das sind auch die Kunden für die überaus zahlreichen Kutschen, die man überall hört.
Der Stephansdom ist das, was er immer ist: bildschön. Wir geniessen den Anblick einen Moment, bedrängt von einer Reisegruppe. Aber es treibt uns weiter. An einem Donaukanal ankert ein Schiff, beladen mit siechen Amerikanern, die gestützt auf Nichten, Neffen oder Rollatoren auch einen Bissen Wien erleben wollen. Wir begegnen ihnen auf der Kärtnerstrasse, die viel von ihrem Glanz verloren hat. Heute dominieren Zara, H&M und Konsorten. Wir hauen ab Richtung Blutgasse und werfen einen Blick ins Mozart-Haus. Viel Trara um wenig, wir drehen bei. Das nächste Ziel ist das legendäre Café Central, aber ähnlich wie vor dem Tortoni in Buenos Aires bildet sich eine unüberschaubare Schlange. Dann eben nicht!
Am Burgtheater – Josef Meinrad, der dem Platz seinen Namen gibt, hatte ich fast schon vergessen – recken wir uns Richtung Parlament, schlendern durch den schönen Rosengarten und springen direkt vorm Rathaus in irgendeine Strassenbahn.
Es ist die Linie 2, in der die Füße ein paar Minuten zur Ruhe kommen. Vorbei an der Börse und mehreren Museen brettert sie rund um die Burg. Schade, irgendwann muss man ja auch wieder aussteigen. Das tun wir im Karlsplatz, freuen uns noch ein bisschen an der Oper, entdecken ein Restaurant ohne Namen in der Bankgasse, das wir bestimmt heimsuchen werden, bevor es Richtung Naschmarkt geht.
Hier ist es wirklich voll, klar: es ist Mittagszeit. Wir gucken überall, können uns aber nicht so recht entschliessen. Viel Italienisches, Fisch, Schickimicki-Kram. Uns zieht es Richtung Heimat, also in die Favoritenstrasse: Uns war ein Restaurant aufgefallen, das mit asiatischer Hausmannskost wirbt. Für wirklich kleines Geld essen wir vorzüglich, was der Koch aus Hongkong zaubert. Die Vorspeisen-Sushi sind nicht so unsers, dafür ist der frische, pikante Salat gut, ebenso das Huhn-Curry von Juan und mein gebratenes Huhn auf Sprossen. Wir brauchen Ruhe für die Füße! Noch ein Umweg zu dm und Billa, weil wir Doppelstecker für die Elektronik vergessen haben, dann endlich Siesta bei Johann Strauss.
Nach einem Stündchen treibt es uns wieder unters Volk. Mit der U-Bahn zu Hauptbahnhof, weiter zu Fuß zum Mediamarkt. Der Stecker wird gekauft, der zweite Akku für die Canon nicht: viel zu teuer. Und was fällt uns Verrückten nun ein? Ganz klar: der Prater. Mit einem Zug nähern wir uns dem Vergnügungspark. Auf die Idee kommen an einem Freitag noch andere… Das alte Riesenrad ist immer noch sehr schön. Der Rest ist Rummel.
Wir wollen mit der Strassenbahn zurück in die Stadt, und wieder treffen wir auf einen entzückenden Wiener: Der Fahrer der Bahn überlegt genau, was der beste Weg für uns ist, deshalb fahren wir drei Stationen mit ihm und wechseln dann die Tram. An der Umsteigehaltestelle springt der Fahrer aus seinem Zug und zeigt uns genau, von wo aus es wie weitergeht. Das erlebt man nicht oft auf der Welt!
Dehydriert, wie wir sind, wollen wir ein Bier und etwas Kleines zu essen. Da wird nichts im Wieder Brauhaus, denn ausser einem kühlen Pils reizt uns hier im Biergarten nichts auf der Karte. Der türkische Kellner ist ganz traurig, aber es nützt ja nichts. Ein paar Häuser weiter finden wir im Hoi An genau, was wir suchen: Juan isst ein vietnamesisches Baguettes mit Fleisch und Salat (ein Erbe der Franzosen in Indochina), ich Sommerrollen. Alles top, und wir können gemütlich nach Hause laufen. Die Füsse sind kurz vorm Streik. Die Augen kullern nur noch vor sich hin.