Ist ja klar, dass wir wieder mal die ersten sind, die in den Giant Ibis Bus nach Siem Reap klettern. In Kambodschas Hauptstadt ist um acht schon viel los, aber wenn man einen TukTuk Fahrer hat, der als Geisterfahrer Karriere machen könnte, ist der Sprung vom Harmony Hotel zum Night Market beängstigend schnell gemacht. So langsam, langsam trödeln unsere Mitreisenden ein: fast alles Westler, viele Deutsche, Österreicher, Schweizer, ein paar Australier und Neuseeländer – und ein nervtötend wohlgelaunter Guide, der Sachen wie „Freuen Sie sich auf die nächsten 20 Stunden“ sagt und dafür nicht mal den müdesten Lacher bekommt. Die Busfahrt soll um die 7 Stunden dauern, das reicht ja auch schon…
Nachdem endlich ein in die Jahre gekommener Indiana Jones mit seiner englischen Frau (sehr roter Lippenstift zur Dauerwelle) eingestiegen ist, kommen wir mit 20 minütiger Verspätung los, fahren entlang des Flusses hinaus aus der Stadt. Schade, dieses Viertel haben wir vorher nicht gesehen. Auch wieder spannend mit Märkten, Gassen, lähmender Hitze…
Die Strassenverhältnisse sind auf dem langen Weg zum Teil unterirdisch, zum anderen Teil lausig. Wir holpern vorbei an riesigen Reisfeldern, passieren Dörfer, in denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Es gibt hier Hütten, die so arm sind, dass ein Windstoß sie umhauen würde. Armut ist hier ein sichtbares Thema. Nicht der Mangel an Überflüssigem, sondern wirklich das nackte Überleben. In Hütten, in denen man vielleicht ein Warenlager vermuten würde, wird gelebt, vielfach nur in Hängematten irgendwo auf einem Grundstück oder auch direkt an der Straße. Die meiste Zeit fahren wir in einer roten Staubwolke, weil die Erde hier tief rot ist. In dieser Staubwolke leben die Menschen, haben sie ihre Häuser, Kneipen, Geschäfte, Märkte. Wie die Lungen aussehen, möchte man sich nicht vorstellen. Wir schauen uns Land und Leute aus der Luxuswelt unseres klimatisierten Buses an und wissen, wie gut es uns geht.
Das ganze Land, das wir hier knapp 300 Kilometer weit durchqueren, ist flach wie eine Scheibe. Die Menschen leben von der Landwirtschaft, diejenigen, denen es etwas besser geht, haben magere Rinder oder gar Wasserbüffel. Zwar sieht man überall Werbung für hochglänzende Maschinen, Traktoren und Erntehelfer, die Realität heisst aber Handarbeit. Hunderte arbeiten auf den Feldern, Männer, Frauen, Kinder, denn es ist Erntezeit für den Reis, der dann auch gleich am Straßenrand auf grossen Matten getrocknet wird. Rosa Reis, durch den Staub.
Kurze Pause am Straßenrand, dann geht es weiter über die hoppeligen Straßen. Unser Bus ist gut gefedert, die Sitze bequem. Aber es schaukelt und schunkelt ungeheuer. Wir haben Glück mit unserem Fahrer, der auf der ganzen Strecke bei Besinnung bleibt und niemandem beweisen muss, was für ein toller Typ er ist. Natürlich macht auch er Überholmanöver, für die man in Europa sofort in den Knast gehen würde, aber er macht es sachte – verglichen mit den anderen. Die Strasse ist eigentlich zu schmal für zwei Spuren, aber irgendwie ruckelt es sich zurecht. Ich fotografieren so viel aus dem fahrenden Bus, dass der Akku meiner Kamera bald aufgibt. Das wiederum ist kein Problem: es gibt im Bus wifi und Steckdosen.
Nach einer Lunchpause geht es weiter. Eigentlich kann niemand mehr richtig sitzen, aber warum über eine unabänderliche Situation lamentieren? Vorbei an noch mehr Hütten und noch mehr Rindern nähern wie uns Siem Reap und halten tatsächlich gegen vier am Busbahnhof. Alle sind erschöpft, kaum jemandes Abholer hat gewartet, also fahren die meisten von uns mit TukTuks los. Unser Kiri Boutique Hotel liegt etwas außerhalb des Zentrums, der Weg führt über eine staubige Straße. Das ist schon ziemlich heftig!
Das Hotel – mit 35 Euro eher eines der günstigen – macht einen guten Eindruck, es dauert nur ein paar Minuten, dass wir eingecheckt, ausgepackt und im Pool sind. Mannomann, was für ein Tag. Wieviele Tempel, Schlaglöcher, Märkte, Rinder haben wir heute gesehen? Jetzt werden wir hier im Hotel, bald etwas essen und nichts mehr tun. Morgen gucken wir vielleicht mal nach Siem Reap, für übermorgen haben wir Angkor Wat geplant. Das werden wir morgen mal alles schön organisieren.
Also eines scheint mir sicher: Wenn Du wieder zurück in Alemania bist, wird Dir eine Autofahrt mit mir durch HH vorkommen wie ein Spaziergang…:-)
Och, schnuggi, du würdest hier nicht auffallen. 🙂 aber wir werden es testen!