Via Monte Leon nach Rio Gallegos

Die Fregatte, die dem Schiff Magellans nachgebaut ist, sieht aus wie aus dem Kaugummiautomaten. Deshalb schenken wir uns auch das Museum, gucken nur noch mal über die Küstenstraße und fahren dann nach einem Tankstop weiter nach Süden. Es hört sich wahrscheinlich wenig an, dass wir so um die 400 Kilometer am Tag fahren. Aber die Straßen hier sind nicht mit denen in Nordeuropa vergleichbar. Zwar meist schnurgerade, aber voller Tücken. Und schmaler als jede Bundesstraße. Tatsächlich sind diese langen Strecken ganz schön anstrengend. Vor allem, wenn man sie ein paar Tage hintereinander fährt.

100 Kilometer wunderschönes Patagonien liegen zunächst vor uns. Wir sehen so viele Guanakos wie nie zuvor. Wenn wir an unser erstes Guanakofoto denken: Zoom der Lumix bis zum Anschlag und den Arm auch noch langgemacht, damit man das Tier in weiter Ferne irgendwie erwischen konnte. Inzwischen fürchten wir fast, dass die Guanakos hier zur Plage werden. Gruppen von 30, 40 Tieren sind keine Seltenheit. Manchmal grasen sie direkt neben der Straße, über die natürlich auch Lastwagen bei hoher Geschwindigkeit brettern. Nachts möchten wir das nicht erleben…

Auf der Straße überholen wir bald ein auf einem MAN-Laster ausgebautes Wohnmobil mit OD-Kennzeichen. Nachbarn aus Schleswig-Holstein.

Wir treffen das Paar, so ungefähr in unserem Alter, vielleicht ein bisschen jünger, als wir uns für den Nationalpark Monte Leon registrieren. So typisch Norddeutschland:

Die beiden: Hola.

Ich: Guten Tag. Ich habe Ihr Kennzeichen gesehen. Wir kommen aus Hamburg.

Die beiden: Ach!

Ende des Gesprächs. Erst, als der Ranger den Park erklärt, tauen sie ein bisschen auf. Sie können nämlich kaum spanisch und brauchen etwas Hilfe. Na denn. Wir verabschieden uns und sind schon auf dem Weg in den Nationalpark. Zig Guanakos links und rechts – der Wahnsinn!

Interessant ist aber auch der Nationalpark selbst: 

Das Gelände gehörte früher zu einer Estancia, wurde vereinzelt von Reisenden sowie von Forschern wie dem berühmten Geographen Francisco Perito Moreno besucht. 1996 wurde mit den Vorarbeiten für ein Naturschutzgebiet begonnen, allerdings dauerte es bis 2004, bis der Park endgültig gegründet wurde. Eine wesentliche Rolle spielte dabei der US-Multimillionär und Radikal-Ökoaktivist Douglas Tompkins, der die Estancia kaufte und dem argentinischen Staat zur Gründung eines Nationalparks vermachte. Ein ausgesprochen interessanter Mensch, der noch viele andere Naturprojekte in Südamerika vorantreibt.
Die Landschaft gehört zur patagonischen Steppe, die hier hügelig ist. Zum Teil sind die Hügel kurios geformt, so hat der Park seinen Namen Monte Leon („Löwenberg“) von einer Formation, die der ägyptischen Sphinx von Gīza ähnelt.
Während die Flora an die Trockensteppe angepasst ist und sich vorwiegend auf Gräser, Kakteen und Dornensträucher beschränkt, ist die Fauna der Hauptgrund für eine Reise in den Park. Vor allem ist es einer der besten Orte zur Beobachtung von Pinguinen in Südpatagonien. Es gibt außerdem  Seelöwenkolonien, Commerson-Delphine und Orkas, sowie eine große Anzahl von Vogelarten, von Kormoranen bis hin zu Seeadlern. 

Uns interessieren zunächst einmal die Pinguine. Bei schönem Wetter und ordentlich Wind, gewarnt vor herumstreunenden Pumas, laufen wir einen 2-Kilometer-Weg zur Küste. Aus der Ferne beobachten wir die Pinguine. 74 000 Paare der Magellanart sollen hier leben. Viele tummeln sich am Strand, andere hocken auf den Nestern, denn auch hier wird demnächst überall Nachwuchs erwartet. Der Pfad durch die patagonischen Wildnis ist reizvoll, aber die Nähe zu den Tieren in Punta Tombo hat uns besser gefallen. Bald schon laufen wir die beiden Kilometer wieder zurück, schnacken noch einmal auf dem Weg kurz mit den Oldesloern und fahren dann weiter, um uns mehr vom Park anzusehen. Schöne Landschaften führen uns zu einer Traumbucht, an deren Ufer ein Campingplatz liegt. Einige einheimische Familien grillen, Kinder spielen Fußball.

Irgendwie ist der Tag schon wieder fast rum. Wir müssen ja noch 25 km zurück über die zum Teil üble Piste, dann über die 3 noch 200 Kilometer bis Rio Gallegos. Also: los.

Heerscharen von Guanakos überall im Park, später auf der Straße, auf der Steppe sowieso. Ungeheuer! Gegen acht laufen wir in Rio Gallegos ein und spielen unser beliebtes Hotel-Suchspiel. Bei Nummer vier oder fünf lassen wir uns nieder. Schuhe aus, Füße hoch, Pizza bestellen. Dazu gibt es einen hervorragenden Wein. Und die Wahlergebnisse im Fernsehen: Macri ist der nächste Präsident von Argentinien. Morgen geht es mit uns weiter, wahrscheinlich nach Tierra del Fuego, nach Feuerland.

 

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