Unterwegs nach Puerto Madryn

Eines ist schon mal sonnenklar: Wir werden die kommenden sieben Nächte deutlich über unseren Verhältnissen logieren. Das liegt aber überhaupt nicht daran, dass meine Schwägerin Ana bereits im Bus von Buenos Aires sitzt. Es liegt daran, dass Juan beim Herumirren durch Puerto Madryn versehentlich aufs Meer geguckt hat. Und da waren sie: Wale! Fast zum Greifen nah. Großartig! In genau dem Moment, als eine gigantische Schwanzflosse übers Meer tänzelt, vergessen wir alle Sparvorsätze, ignorieren die Hütten, die wir uns hier bereits angesehen haben und halten Ausschau nach einer Bleibe mit Meerblick. Lässt sich nun mal nicht ändern. Wale direkt vor der Nase – das hat man nicht oft im Leben.

Tatsächlich werden wir fündig und mieten ein Haus nur durch eine Straße vom Strand getrennt. Als würden die Wale unsere Entscheidung gut finden, blasen sie Applaus und tauchen lustvoll aus den Fluten auf. Spektakulär!

Ganz andere Tiere haben uns heute Morgen in El Condor, 30 km westlich von Viedma, begeistert. Direkt am Strand haben sie sich in eine felsige Steinküste eingenistet. 50 000 patagonische Papageien leben hier – die größte Papageienkolonie der Welt. Das Geschrei der Vögelchen ist auch nicht ohne: Schon in der frühesten Morgendämmerung haben sie uns geweckt. 

Da wir wieder einmal rund 500 km Landstrasse vor uns haben und uns bereits vor zehn die Sonne bei 32 Grad zu verbrennen droht, reißen wir uns vom Anblick der Loros los und fahren nach einem Tankstopp in Viedma auf die Ruta 3, die Buenos Aires mit Feuerland verbindet.

Wir genießen die Fahrt und den Wechsel der Landschaften. Eigentlich hatten wir hier in Patagonien mit plattem Land und viel Strauchwerk gerechnet. Im Moment ist das keineswegs so. Vorbei an versalzten Seen fahren wir durch kleine Berge. entdecken Ganakos am Straßenrand und sind wieder einmal begeistert von den Wolkenformationen an diesem Ende der Welt.

Ungefähr auf halber Strecke machen wir eine Kaffeepause und treffen ein älteres Paar aus Altötting mit seinem nietnagelneuen Wohnmobil mit allem Schnickschnack, das die beiden in Zarrate abgeholt haben. Zwei Jahre wollen die beiden unterwegs sein. Nicht nur eine reife Leistung, weil sie deutlich älter sind als wir, sondern vor allem, weil die Frau offenbar schwer behindert ist und zwei Gehhilfen nutzen muss. Ihr Mann mit kurzen Seppelhosen holt ihr hier mal einen Kaffee. Wir schnacken kurz und machen uns weiter auf den Weg nach Süden.

Puerto Madryn haben wir uns als verschlafenen Posten vor der Peninsula Valdes vorgestellt. Grober Irrtum! Der von einem walisischen Siedler gegründeten und nach seiner Heimatstadt benannte Ort ist modern, recht groß und hat eine tolle Küstenstraße. Ja und da – siehe oben. Bis zum letzten Licht beobachten wir von unserem feinen Häuschen die Wale.

Nach Sonnenuntergang wollten wir eigentlich das Spiel Argentinien-Brasilien sehen. Aber der Klassiker muss wegen enormer Regengüsse in Buenos Aires auf morgen verschoben werden. Ungläubig verfolgen wir die Berichterstattung. Das Wetter spielt verrückt. Wir hätten auch niemals damit gerechnet, hier in der Provinz Chubut bei 35 Grad zu schwitzen. Mal sehen, wie sich das alles entwickelt. Auf jeden Fall meint es das Leben mal wieder ausgesprochen gut mit uns.

4 Kommentare zu „Unterwegs nach Puerto Madryn“

  1. erst die loros und dann los cetaceos…..mehr geht wirklich nicht …oder ?
    so großartig und wunderbar beschrieben. kommen da noch Fotos ?
    besos

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