Eigentlich wollten wir heute ja gar nichts machen. Auto stehenlassen, durch Esquel schlendern, Anden mit ewigem Schnee von weitem bewundern… Ist mal wieder nix draus geworden. Der Grund liegt in Trevelin, ungefähr 20 Kilometer südlich gelegen. Hier wird zum Teil heute noch Gälisch gesprochen, denn hier haben sich vor etwas über 150 Jahren Waliser niedergelassen.
Argentinien entwickelte sich damals rasant. Es gab viel Land zum Besiedeln aber nur wenig Bevölkerung. Der argentinische Staat setzte daher auf die Einwanderung aus Europa. Jede Familie aus Europa bekam von der Regierung 100 Acre Land, das entspricht etwa 40 Hektar.
Doch es fiel den walisischen Siedlern anfangs schwer, in Patagonien heimisch zu werden. Das raue Klima und die widrigen Bedingungen setzten ihnen zu. Viele Siedler starben anfangs, andere zogen in den Norden, vor allem in die USA. Doch die, die blieben, sorgten unter großen Mühen dafür, dass sich in Patagonien das walisische Erbe bis heute gehalten hat.
Es gibt walisische Schulen, Tee-Häuser, die Namen der Menschen in der Region erinnern bis heute an ihre europäische Heimat. Walisische Traditionen wie das Eisteddfost, wo Gesang und Poesie ineinander übergehen, kennt man bis heute.
Es gibt Familien, die ihre walisische Sprache nie verloren haben. Sie lernen Walisisch als erste Sprache, 150 Jahre nach der Erstbesiedelung.
Das wollen wir uns doch mal aus der Nähe angucken. Wir fahren durch Gegenden, die auch in Bayern oder der Schweiz liegen könnten. Trevelin ist wieder einmal eine Pionierstadt mit einigen historischen Gebäuden, wunderschönen englischen Rosenstöcken und einer guten Infrastruktur für den Tourismus. Die Tourist Information weist auf ein Regionalmuseum in der alten Mühle hin, das uns heute ganz allein gehört. Eine Mitarbeiterin, Urenkelin einer walisischen Auswanderin, weist uns den Weg und lässt uns dann allein. Hoch spannend, was wir in diesem sehr gut gestalteten Museum erfahren. Nicht nur die Waliser, die dem Ruf der argentinischen Regierung in der Hoffnung auf gutes Agrarland gefolgt sind, haben dieses Tal besiedelt. Viele stammen auch von Walisern ab, die Nordamerika als Heimat ausgesucht hatten, dort aber mit den vielen englischen und auch schon amerikanischen Einflüssen nicht klarkamen. Sie suchten einen abgeschiedenen Ort, um ihre Lebensart und Religion ungestört leben zu können. In Patagonien wurden sie fündig – mehr Abgeschiedenheit als hier am Fuß der Anden ist kaum vorstellbar. Einige der Führer der Auswanderer sind nochmals nach Hause zurückgekehrt, um weitere Waliser für dieses Gebiet zu rekrutieren. Das gelang auch tatsächlich.
Ein Highlight des Museums ist die Vorführung eines Films. In walisischer, also gälischer Sprache und spanisch untertitelt. Dort erfahren wir auch, dass der Umgang mit den Ureinwohnern eher freundlich war. Kriegerische Auseinandersetzungen kamen erst, als weitere, weniger friedvolle Zeitgenossen nach Patagonien kamen.
Nach ein paar schönen Stunden im Museum und in Trevelin machen wir noch einen Abstecher Richtung Nationalpark, sind ganz begeistert von den wilden Lupinen überall, fahren aber bald nach Esquel zurück. Wäsche abholen, ein Sandwich essen. Und Fernsehen. Gestern waren wir Zeuge des gigantischen Abschieds von Christina Fernández Kirchner als Präsidentin, zu dem Hunderttausende Richtung Plaza de Mayo geströmt sind, darunter nicht wenige Familienangehörige. Heute wurde Mauricio Macri vereidigt. Und alle warten gespannt, was der neue Präsident wohl bringen wird. Es wurde, wie immer in der Politik, viel versprochen. Macri ist übrigens der erste vom Volk gewählte rechts-liberale Präsident. Alle anderen seiner politischen Couleur kamen durch Putsch an die Macht. Mit einer dünnen Mehrheit von 51 Prozent will er nun ein ganz neues, ganz modernes Argentinien schaffen. Na denn…