Wir sind wieder am Meer, diesmal an der Strait of Georgia, ungefähr auf der Höhe von Vancouver. Der Platz, der von First Nation people, also indianischen Ureinwohnern, betrieben wird, ist neu, wurde erst vor einer Woche eröffnet. Es gibt Waschräume, Duschen, sogar wifi, wenn man einen bestimmten Winkel findet (tun wir, sind ja nicht doof). 30 kanadische Dollar kostet unser kleines Stückchen Land direkt am Meer, das ist in Ordnung. Wir probieren mal einen Weisswein, weil der mit einer Handvoll Eiswürfel so gut zu Sonne und Meer passt. Es sind um die 25 Grad, allerdings haben wir so viel Wind, dass wir Schutz suchen müssen.
Schon heute morgen in Duncan schien die Sonne. Wir haben leider beide schlecht in unserem Motelbett geschlafen, was möglicherweise daran lag, dass unsere Miethütte gleichzeitig ein gut gehendes Stundenhotel ist. Wissen wir nicht genau, gibt aber Hinweise. Unter anderem ein Urviech von Kerl, das im Parterre sitzt, mit Mädchen plaudert, ursprünglich aus Holland stammt und sich die Hucke zusäuft. Gut, soll uns ja alles nicht kümmern.
Von Stein aus Budapest gibt es Post, weil Lucy Hilfe braucht für die Uni in Mailand (?). Sie hat die Nase voll von der Schifffahrt. Nun will sie Luxus-Kommunikationswissenschaften studieren – heutzutage auch kein einfaches Feld. Sonderlich hilfreich kann ich von hier aus nicht sein, gebe aber mein Bestes.
Danach gibt es Frühstück im York Diner, der Bude, die gestern geschlossen war. Ham & eggs vom Allerfeinsten, dazu wieder einmal guten Kaffee. Anschliessend will ich mal in den thrift shop gucken, der nur ein paar Schritte entfernt ist. Wir brauchen zwei Kunststoffbehälter fürs Eis unseres Coolers, damit die Butter nicht immer im Wasser schwimmt, wenn das Eis schmilzt. Die finden wir ebenso wie einen hinreissenden, ollen Wasserkessel und zwei Henkeltassen, die auch mal was warmhalten können. Alles zusammen kostet das mit Steuern fünf Dollar. Nothing to mecker about 🙂
Wird im Motel mit kochend heissem Wasser noch mal grundgereinigt, dann geht es wieder auf die Piste. Den Trans Canada Highway Nr. 1 nordwärts, bis die 1a abzweigt. Die wiederum führt uns nach Chemainus. Hier bestimmte bis in die 1980er Jahre eines der grössten Sägewerke der Welt das Leben, doch nach der Schliessung des Werkes und damit den Wegfall des wichtigsten Arbeitgebers der Region mussten sich die Einwohner etwas einfallen lassen. Die Idee: eine gigantische open air Galerie, in der mit murals, also Wandmalereien, die Geschichte des Ortes erzählt wird. Aus ganz Kanada wurden Künstler eingeladen und sie liessen das einschlafende Städtchen neu erblühen. Sehr kuschelig, dieses Chemainus, sehr eindrucksvoll die Malereien. Mehr als 300 000 Besucher kommen jährlich hierher, heisst es – wir sind allerdings heute ziemlich allein mit der Kunst.
Es ist inzwischen richtig heiss geworden – zu warm für grössere Märsche. Wir verabschieden uns von der Geschichte der Holzfäller und steuern Nanaimo an. Mit über 80 000 Einwohnern ist sie nach Victoria die zweitgrösste Stadt der Insel und der wichtigste Hafen im Westen. Uns zieht es natürlich eieder einmal direkt in den Hafen. Wir sehen grosse Yachten, Bötchen, schnuppern den Dampf aus den Fish & chips-Buden, gucken einem Fischer dabei zu, wie er seine Reusen ordnet. Direkt vor unserer Nase legt ein winziges Motorboot mit einem Paar an. Die Frau geht an Land, der Mann mit beeindruckendem Bart bleibt an Bord, neben sich einen zusammen geklappten Rollstuhl. Wir kommen übers schöne Wetter ins Gespräch, er erzählt, dass er wegen der wärmeren Temperaturen von Halifax am Atlantik hierher an den Pazifik gekommen sei. Allerdings schon vor 40 Jahren. Ich darf ein Bild von ihm machen und vergesse vor Freude darüber, ihn nach dem Namen zu fragen. Dämlich…
Wir schlendern noch ein bisschen über die offenbar relativ neue Hafenpromenade, gucken neugierig alles, was es zu sehen gibt und setzen Rosie dann wieder in Gang.
Wir wollen wieder gut schlafen, deshalb landet wir auf diesem indianischen Campingplatz an der Strait of Georgia. Der Weisswein neigt sich dem Ende zu, vielleicht machen wir noch ein Feuerchen und ein Süppchen heiss. Auf jeden Fall werden wir weiter aufs Meer blicken und die schneebedeckten kanadischen Rockies gegenüber im Auge behalten…
Es ist so unwirklich, faszinierend und unfassbar toll, jeden Tag eure Reise zu verfolgen ☺️ Kann mir immer gar nicht vorstellen, dass mein Cousinchen nebst Ihrem tollen Mann, das wirklich alles sieht und erlebt!! Das Leben ist so schön, auch wenn es so viele Vollidioten gibt, die Terror verbreiten. Ich denk ganz viel an euch und schicke euch viele, liebe Grüße und Umarmungen❤️
Wir können es manchmal selbst nicht glauben. Magische Orte! Und jetzt am offenen Ozean. Grandios! Dicke Umarmung