Sevilla – eine Stadt putzt sich heraus


Morgens halb sieben ist es in Lagos mit 11 Grad kühl, noch ziemlich dunkel und Zeit für uns, abzuhauen. Letzter Blick auf unsere Heimat der vergangenen Wochen, und los geht’s.

Kurz vor Portimao springen wir auf die fast menschenleere Autobahn. Die dunklen Wolken begleiten uns bis zur Grenzbrücke über den Fluss Guadiana.

Es wird langsam wärmer, dafür auch ruppiger: Die spanische Autobahn ist in desolatem Zustand, der Verkehr nimmt bis Huelva deutlich zu und ist vor unserem Ziel Sevilla schon dicht.

 

Unser Hotel Ribera de Triana liegt direkt am Guadalquivir auf der Trianaseite der Stadt. Das Zimmer ist gross und luftig, vor allem auch schon mittags beziehbar.

Es wird mit 24 Grad  warm und mit bis zu 30 Grad wärmer, als wir uns zu Fuss auf dem Weg machen. Erster Stopp ist ein zur Mall umgebauter Bahnhof, dessen maurische Fassade erhalten blieb. In seinem Schatten lassen wir uns zu Tapas und einem eiskalten Bier nieder und kommen erst einmal in Sevilla an.

Wenn man so aus der Provinz anreist, erschlägt einen zunächst der Verkehr und der Lautstärkepegel der vielen, vielen Menschen in der Stadt mit ihren knapp 700000 Einwohnern. Es scheint einen Automatismus zu geben: Sobald der Po eine Sitzfläche erreicht, bricht das Sprachzentrum sich frei. Es wir geplappert und geplappert…

Bis zur Kathedrale wandern wir abseits der Hauptverkehrsstrassen querfeldein. Immer mehr Menschen, immer mehr geschmückte Häuser: Mit roten Schabracken bereitet sich die Stadt vor auf die Semana Santa, die am morgigen Samstag mit einer Prozession beginnt. Das bringt natürlich noch mehr Menschen in die Stadt.

Ob Minarett La Giralda, die Kathedrale, die eine der größten der Christenheit ist, oder der Alcazar Palast: alles rammelvoll. Glücklicherweise kennen wir das alles, denn heute wäre kein Hineinkommen: Der Königspalast Mudejar, bekannt als Alcazar, mit seinen wunderschönen Gärten muss ebenso aus der Erinnerung gekramt werden wie der Besuch der riesigen gotischen, im maurischen Stil erbauten Kathedrale aus dem frühen 15. Jahrhundert. Was wir nicht kennen und auch diesmal wegen der zahlreichen Menschen ignorieren, ist der Metropol Parasol, der imposante hölzerne „Pilz“ auf mehreren Ebenen. das nächste Mal.

Bei zunehmender Hitze schlendern wir durch die Gassen des Stadtteils Santa Cruz, weichen deutsche, französischen, chinesischen und sonstigen Reisegruppen aus und sind froh, überhaupt irgendwo ein Plätzchen im Schatten für ein Kaltgetränk zu bekommen. Die Stadt putzt sich vorösterlich heraus, Strassensperren werden vorbereitet und der Klerus dürfte langsam Lampenfieber bekommen…

Kulturbeflissene schwirren um uns herum wie die Fliegen, Kinder toben auf der Strasse, Kellner behalten den Überblick, wir verlieren uns in der Schönheit der Stadt. Mein Spanisch im Café wird noch noch ein „Obrigada“ gekrönt. Habe ich denn alles verlernt? Na denn: Gracias…

Wir sind faul und eigentlich zu müde, um ins Hotel zu laufen. Also ein Taxis oder Uber? Zahlreichen Kutschen ausweichend stehen wir dann plötzlich doch wieder am Fluss, sehen den SUPs zu, den Yachten und Ausflugsschiffen. Auf den Uferwiesen aalen sich Unzählige in der Sonne, wir laufen die paar Kilometer dann doch noch zu Fuss.

 

Nach einer Pause im klimatisierten Hotel zieht es uns raus in den Stadtteil Triana, dem ältesten der Stadt, der früher Quartier für Handwerker und Arbeiter war. Heute ist daraus eine Art Düsseldorfer Altstadt vor architektonischer Spitzenbaukunst der 17. Jahrhunderts geworden. Bars, Cafés reihen sich aneinander. Es geht wieder richtig laut und fröhlich zu und ist so voll, dass wir nur mit Mühe einen Platz vor einem Restaurant finden. Zwar ist das Essen nicht doll, aber die Kulisse und die illustre Schar Vorbeiziehender sind sensationell. Wir beschliessen einen tollen Tag mit einem Brandy und fallen erledigt ins Bett.

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