Was wir uns von den Ägyptern abgesehen haben: die äusserst spärlichen Bewegungen bei extremer Hitze. Wie fast alle anderen schleichen wir uns nur noch über Strassen und Plätze in Wien. 30 Grad, 31 Grad, 32 Grad. Und der Tag ist noch nicht vorbei.
Erwähnenswert ist vielleicht, dass sich viele Wiener ihrer Klamotten entledigen und halbnackt durch die Metropole wandern. Frauen aller Altersgruppen und Ausmasse in knappsten Short (weiter wäre luftiger und ästhetischer) zu kürzesten Tops, Männer im Extremfall auch schon mal im Minirock…
Auch die Ägypter würden zusehen, von der Strasse zu kommen. Das kopieren wir. Mit der Metro in die Stadt, zu Fuss zur Albertina, denn in deren unmittelbarer Nachbarschaft wurde im Juni das vielleicht neueste Kunstmuseum eröffnet: die Heidi Horten Collection.
Die Wiener Kunstsammlerin hatte es sich zum Lebenswerk erkoren, Exponate ihrer umfangreichen Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nur wenige Tage nach der Eröffnung ihres Collectionshauses verstarb sie 68jährig.
Wir schauen uns interessiert an, was man ihr Vermächtnis nennen könnte. Die Ausstellung Open steht für die Eröffnung des Hauses und wird deshalb wohl auch kein zweites Mal zu sehen sein. Mittelpunkt ist die aktuelle Kunstproduktion vom klassischen Gemälde bis zur Lichtinstallation.
Wir folgen den Werken von Basquiat, Warhol, Hirst und vielen anderen, versuchen einiges zu verstehen und winken bei anderem ab. Interessant ist auf jeden Fall die Baudokumentation der Heidi Horten Collection: Von 2020 an wurde dieses Haus neu aufgebaut, das Ergebnis ist erfreulich. Mit einem letzten Blick Lena Henkes Urmutter, einem Schwein, verlassen wir den neuen Kunsttempel.
Es war absehbar: Draussen ist es noch heisser geworden. Das treibt uns ins nächste klimatisierte Museum, die Albertina Modern.
Erwartungsgemäß können wir mit der umfangreichen Ai Wei Wei Beweihräucherung nicht viel anfangen, dagegen gefällt uns die Fotoausstellung Faces im Souterrain umso mehr. Beeindruckend die Portraits von Helnwein, Penn, Watson und Newton, die Schwarzweiss-Aufnahmen aus New Yorker und Wiener Ateliers. Auch hier gibt es junge Wilde, die muss man aber sehr liebhaben…
So. Es reicht mit der Kunst, es reicht mit der Kultur. Wir brauchen ein spätes Mittagsschläfchen. Weil der Weg ins Hotel mit Öffentlichen genauso lange dauert wie zu Fuss, laufen wir eben.
Und legen noch einen kleinen Stopp in der Karlskirche ein. Unübersehbar wurde ein Aufzug ins Kirchenschiff gesetzt – genau richtig für jemanden wie mich mit ausgeprägter Höhenangst. Ich werfe zwar hoch oben einen Blick aus den hohen Fenstern, aber weil ich glaube, dass der Aufzugsturm leicht schwankt, muss ich sofort wieder nach unten. Was das hier soll? Ich weiss es nicht. Sicher gibt es irgendwo eine Rooftopbar mit ähnlich gutem Blick ohne Tamtam.
Das Hotel ist in greifbarer Nähe. wir stoppen noch kurz bei Hofer, wie Aldi in Österreich heisst, und sorgen fürs morgige Zug-Catering: Weintrauben, Schwarzbrot, italienischer Schinken. Wasser haben wir noch im Zimmer.
Bei unserer liebsten Hongkong Chinesin trinken wir ermattet ein Bier, bevor das süße Nichts des Mittagsschlafs in Aussicht ist.
Und am Abend nochmals Wiener Küche? Viel zu schwer. Wir trinken etwas Grünen Veltliner beim Vietnamesen und essen Leichtes. Nun wird es Zeit, Abschied zu nehmen.
Tickets für die U-Bahn für morgen früh haben wir schon, der Wecker steht auf 6:15. Mal sehen, welche Überraschungen die Bahn morgen für uns bereithält!