Rio Grande nach Punta Arenas

Gleich morgens nach dem Frühstück ist mir auf der Tankstelle das Herz aufgegangen. Grund war eine Gruppe von zehn, zwölf Motorradfahrern, alle aus Deutschland oder der Schweiz, aber einer aus Winsen/Luhe. Ach, meine lieben Bargmänner… Die Jungs waren natürlich richtig erschrocken, als ich ihnen aus unserem kanadischen Autochenauf deutsch „Gute Fahrt“ gewünscht habe. Ist schon merkwürdig, wen man unterwegs so alles trifft!

Wir fahren nach den beiden Grenzübergängen (erst Argentinien, dann 15 km weiter Chile) zunächst einmal 100, 120 Kilometer Schotterpiste, sagen Guanakos, Schafen, Pferden, Hasen auf Feuerland tschüs, gleiten die letzen 30 Kilometer über eine feine Asphaltstraße und fahren direkt auf die Fähre. Heute gibt es weder auf Feuerland, noch auf der Magellanstrasse oder dem Festland Wind, also legen wir 20 Minuten später auf dem Kontinent an. Wäre ich Papst, hätte ich mal eben den Boden geküsst. Feuerland ist natürlich großartig, vieles ist schön anzusehen und zu entdecken, Fauna und Flora sind ganz einfach sensationell – aber wir waren entschieden zu lange dort. Die letzten beiden Tage habe ich mehr an Flucht als an Naturschönheit  gedacht.

Schwamm drüber, Grauchen ist wieder beieinander (muss es auch, schließlich ist es schon an Holländer verkauft), wir sind gut unterwegs Richtung Puerto Natales. Punta Arenas, die südlichste Stadt Chiles, wollen wir uns eigentlich schenken. Aber was heißt bei uns schon eigentlich? Wir fahren durch wunderbar platte Landschaften, sehen dann am Horizont schneebedeckte Berge, freuen uns über Millionen Schafe mit Nachwuchs (hier ist ja soetwas wie Ostern…)  – und biegen irgendwann nach links ab. 

50 Kilometer später trödeln wir in Punta Arenas ein. Schon auf den ersten Blick macht die Stadt einen sehr guten Eindruck. Beim ersten Hotel direkt an der Magellanstrasse halten wir. Während sich Juan nach Verfügbarkeit und Preisen erkundigt, stelle ich fest, dass ich online gehen kann. Booking.com…. Juan kommt zurück: Hotel nicht nur mordsmässig teuer, auch ausgebucht. Ich habe derweil ein bed&breakfast gefunden. Also, los. Juan geht wie immer fragen, kommt schwer begeistert zurück. Wir checken in die kleine Villa ein – das letzte Zimmer. Gemütlich, schön, relativ günstig. Es gibt sogar einen welcome Drink! Doch bevor der Pisco sour serviert wird, klopft es an der Tür. Ob wir denn die Kanadier wären… Wegen des Autos, das zugeparkt wäre. Der Herr, der fragt, kommt aus Braunschweig und ist mit Weib und Landrover nach Lima gefahren. Landy verschifft ex Hamburg, die beiden geflogen. Von Peru aus südwärts gefahren. Sie sind insgesamt kürzer als wir unterwegs, aber mit der eigenen Kiste. Sportlich. Teuer.

2000 US hat ein deutsch-amerikanisches Paar aus Ohio, das mit dreijähriger Tochter vier Wochen unterwegs ist und ebenfalls in unserem b&b wohnt, für einen Camper Van bezahlt. Für eine Woche! Wir schnacken und lachen viel, bevor wir in die Stadt laufen. Hunger! Aber erst einmal ziehen wir chilenische Pesos, tauschen sie in Dollar um. Den Prozess haben wir ja in Santiago vor gefühlten Monaten schon durchgespielt. Green Bucks brauchen wird dringend. Erstens muss das Hotel hier in Dollar (80) cash bezahlt werden, weil sonst noch 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig würden, zweitens brauchen wir Dollars für Argentinien, solange es den Dollar Blue noch gibt. Niemand weiß, was nach dem 11. Dezember damit geschieht, wenn Macri die Präsidentschaft übernimmt.

Danach suchen wir auf der O’Higgins ein Restaurant. Die Stadt ist wirklich hübsch, stellen wir bei unserem Spaziergang fest. Und im Restaurant treffen wir fast ausschließlich auf Ausländer, einschließlich den Braunschweigern. Wir essen gut, trinken einen vorzüglichen Carmenere dazu und wandern anschließend noch ein bisschen herum. Eine schöne Plaza mit uraltem Baumbestand begeistert uns, ebenfalls der Palast der Sarah Braun, einer Estanciera aus dem vorvergangenen Jahrhundert. Wir gucken und genießen die Stadt. Wie schön, dass wir links nach Punta Arenas abgebogen sind! Aber tatsächlich sind wir todmüde, laufen ins Hotel und freuen uns, faul sein zu können. 

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