Ana hat sie als erste entdeckt und kurz vor neun an die Tür geklopft: Wale – direkt vor der Tür. Tatsächlich können wir von der Bettkante aus sechs, sieben Wale beobachten, die ungefähr 200 Meter vom Ufer entfernt spielen. Das ist nichts für unsere Kameras, das muss man einfach sehen. Die Bilder, die wir machen, zeigen mehr oder weniger einen kleinen Strudel auf der Wasseroberfläche. Aber was wir tatsächlich sehen, ist atemberaubend: Sie jagen, sie dümpeln, sie springen, sie tauchen – die große Tiere machen die ganz große Show.
Und plötzlich sind sie weg. Wir frühstücken kurz und machen uns auf die Suche. Vielleicht haben wir ja trotz Ebbe Glück und finden Wale. Von der Steilküste aus ist nichts zu sehen, also abwarten. Es ist wieder ein sehr warmer Tag mit über 34 Grad bei klarem Himmel. Weil heute Sonntag ist, nutzen viele die Gelegenheit, diesen Traumtag am Strand zu verbringen. Es ist also ziemlich voll vor der Tür. Nicht zu vergleichen mit El Arenal oder Rimoni, denn erstens gibt es hier viel weniger Menschen, zweitens viel mehr Strand.
Nach unseren üblichen Einkäufen und vor dem Nachmitagssandwich machen wir eine Pause zu Hause. Gegen vier sitzen wir wieder im Auto Richtung Doradillo. Vielleicht haben wir bei auflaufendem Wasser Glück, unsere neuen Freunde zu beobachten. Kaum haben wir unsere Klappstühle aufgestellt, kommt ein kühler Wind auf. Juan ist auf Spionagetour, weil in der Nähe mehrere Wohnmobile campen. Krefeld ist wieder da, ein Franzose und ein Münchner sind neu. Ein junges Paar ist per Fahrrad auf großer Tour und scheint dort, wie schon zwei andere, das Zelt aufschlagen zu wollen. Alles sehr, sehr aufregend. Nur nicht für die Wale, die lassen sich nämlich nicht sehen.
Wieder hat der Wind gedreht und es wird angenehm warm in unseren Stühlchen. Zu dritt suchen wir den Horizont ab, da kommt Antonio Raffa ins Spiel. Angezogen von unseren kanadischen Nummernschildern will er wissen, mit wem er es hier zu tun hat. Rafa ist Orca-Experte und seit 26 Jahren im Tierschutz auf der Peninsula Valdes stationiert. Viele Wale, weiß er zu berichten, sind schon weitergezogen, aber wir würden sicherlich noch einige sehen. Auch Orcas. Mit seinen Kollegen hat er beobachtet, dass eine Orca-Gruppe Jagd auf Delfine macht. das sei eher ungewöhnlich. Normalerweise würden sie sich an den Seelöwen und Seeelefanten gütlich halten, von denen es so viel auf Valdes gibt. Dazu ab und zu ein Pinguin…
Ansonsten ist Raffa sauer darüber, dass hier in der Gegend alles so teuer geworden ist. Schließlich brauchen sie die Touristen, da kann man sie doch nicht so abzocken. Puerto Piramides, bereits im Bezahlbereich, ist ein gutes Beispiel. Unterkünfte ab 100 Dollar, alles zu teuer…
Bevor Raffa mit Weib und Töchterchen wieder auf die Halbinsel zieht, gibt es uns noch seine Facebook Adresse, aber die ist irgendwie falsch. Auf youtube finden wir dagegen ein paar Orcafilme von ihm.
Aber erst einmal klappen wir unsere Stühle zusammen – keine Tierchen außer einem hasenartigen Zwerg im Gestrüpp hinter uns in Sicht. Zuhause ist Ana mit dem Kochen dran und zaubert supergute Milanesas, also Wiener Schnitzel, und einen Tomatensalat. Bei einem Bier hören wir noch die Fernsehdebatte zwischen Scioli und Macri, danach ist, zumindest für mich, Schluss für heute. Morgen wollen wir früh los – auf die Peninsula!