Kurz vor der Abreise an diesem wolkenverhangenen Morgen in Velden am Wörthersee werden wir aufgeklärt: All die tiefer gelegten, rundum verspoilerten Automobile, die wir hier vor Augen haben, treffen sich Jahr für Jahr an diesem Flecken in Österreich. Was mit einem Treffen der Golf GTI Fans begann, hat sich inzwischen zur großartigen Einnahmequelle der Hotels und Restaurants entwickelt. Heiß gemachte Brummbrumm-Kisten aus ganz Europa – vor der Tür stehen Finnen, gestern haben wir einen Konvoi aus Holland gesehen – werden hier am Wörthersee Jahr für Jahr vorgeführt. Über drei Wochen geht der Spuk und kostet sicher pro Gefährt einen Satz Reifen. Die Vehikel sind so tief gelegt, dass eine Bananenschale schon zu ernst zu nehmenden Schäden im Frontspoilerbereich führen würde. Der rollende Wahnsinn!
Der ist allerdings noch steigerungsfähig: Im Juni treffen sich in Velden die richtigen Sportwagen-Fahrer. Wenn die Gib-Gummi-Prolls längst wieder in Wanne-Eickel sind, werden die veritablen Angeber einrauschen: Mit 3-, 400 Ferraris, ähnlich vielen Lamborghinis und you-name-it-Krachern wird gerechnet. Da kommen dann die Schauläufer. Mit polierter Rolex zu Bügelfaltenjeans und Lacoste-Polo. Sicherlich putzig!
Aber wir hauen hier erst einmal ab, zumal es endlich einmal trocken ist. Die Sonne ist noch weit weg, aber irgendwann wird sie sich wohl zeigen. Wie die Gemsen machen wir uns auf den Weg über den ersten Pass, der Österreich mit Slowenien verbindet.
Eine großartige Straße mit schönen Wälder und ebensolchen Aussichten. Aber das ist erst der Anfang. Nach der Pflicht kommt bekanntlich die Kür, und die lässt uns in Slowenien über den Kranjska Gora Pass krabbeln. Am Fuß des Berges glauben wir einen Moment, auf der falschen Fährte zu sein, weil die Straße doch echt eng ist, aber Kurve um Kurve hangeln wir uns bis auf 1600 Meter Höhe hoch, sehen Schnee, der älter zu sein scheint als der Ötzi, Kurven, die einen schwindeln lassen, Panoramen, die einfach atemberaubend sind.
Das ist vielleicht ein Weg! Großartig ist nur eine jämmerliche Beschreibung für das, was wir hier zu sehen bekommen. In Kobarid sind wir wieder auf einer halbwegs normalen Straße, die von Wildbächen gesäumt wird, in denen sich Rafter und Forellen tummeln. Ein einzigartiges Feriengebiet für Wanderer und Abenteurer! So ursprünglich Slowenien sich hier zeigt, so typisch ist ein paar Kilometer weiter Bella Italia. Weinberge, Dörfer mit ordentlichen Piazzas nahe der Kirche, Omas, die Körbe tragen und Jugendliche, die ihre Mofas kreischen lassen. Sehr schön.
Theoretisch wollen wir uns Udine angucken. Aber das scheitert schon bald, denn der Weg zur Altstadt ist eine einzige Baustelle. Wir drehen bei, weil wir dazu überhaupt keine Lust haben. Dann eben Trieste. Vor allem: Endlich das Meer sehen!
Und es kommt, wie es kommen muss: Kaum erspähen wir die Adria, fängt es an zu regnen. Erst ganz leise, aber als wir im Hafen von Trieste, mitten in der Stadt, parken, plattert es schon wieder fürchterlich. Wir trinken einen Espresso in einem Kaffeehaus, das leicht in Wien hätte stehen können, irren sich den Regen zu Fuß durch die Altstadt, nach einem Hotel Ausschau haltend. Die Herbergen hier sind heftig teuer… Trotz des miesen Wetters laufen wir noch ein bisschen herum, sind uns aber bald einig, dass wir nun nur noch ein Zimmer haben wollen. Schluss mit der Herumirrerei für heute!
Also schlängeln wir uns mal an der Hafenkante längs Richtung Muggià, einem Ort, der Triest in ungefähr 15 Kilometern Entfernung gegenüber liegt. Es regnet einfach weiter und ist bereits nach sieben. Wir haben für heute die Nase voll von der Fahrerei und halten am ersten Hotel, das wir sehen, am „Lido“. 80 Euro mit Frühstück will der entzückende Opa. Soll er haben. Hauptsache, wir stellen das Auto nun ab und bekommen bald mal was zwischen die Kiemen.
Das Zimmer ist eben ein Zimmer, der Fernseher mit über 200 italienischen Kanälen in etwa so groß wie ein iPad. Egal, egal.
Im hell erleuchteten Restaurant sind wir zunächst die einzigen Gäste. Kaum, dass wir sitzen, haben wir schon einen Prosecco vor der Nase, Minuten später kommt die Amuse gueule aus der Küche: ein Fisch-Ragoutchen. Der Service ist ausgesprochen aufmerksam, das Essen bemerkenswert. Hier kommt Fisch auf den Tisch, und zwar in jeder Variation. Inzwischen sind auch erst fünf, dann weitere zehn, dann hier mal zwei, hier mal vier Gästen hinzu gekommen. Das macht zwar das Ambiente nicht gemütlicher, trägt aber der guten Küche Rechnung. Uns gefällt, dass die Kellner mit großen Wagen durch die Gegend karren, um aufzutischen oder abzuräumen. Damit wird ein riesiges Tablett mit Frischfisch herangerollt, aber zum Schluss eben auch ein Dessertbuffet. Ein bisschen wie in einem einem Dimsum-Laden in China 🙂
Wir haben gut gegessen und sind mausemüde. Während ich das hier tippe, schläft der entzückendste aller Argentineir schon fest. Buona notte…