Das letzte, was ich gestern Nacht gelesen habe, war der Verhaltensplan im Falle eines Erdbebens und/oder eines Tsunamis. Nicht vor die Tür laufen, sondern hinten raus via Parkplatz in höher gelegene Gebiete. Fahrstuhl meiden und Ruhe bewahren. Klar! Unser Zimmer ist im 7. Stock, wir sollen uns am Handlauf festhalten, wenn wir das schwankende Gebäude im Notfall verlassen. Davon habe ich dann die ganze Nacht geträumt…
Gut. Antofagasta ist sowieso nicht unseres. Das Hotel versöhnt durch den Blick auf den Hafen und die unter uns spielenden Fußballspieler ein bisschen, aber wir freuen uns aufs Abhauen.
Knapp über 400 Kilometer liegen vor uns, aber am Ende lockt der berühmte Strand der Bahia Inglesa. Als wir aufbrechen, ist es wolkenverhangen und grau. Doch kaum haben wir die Stadt verlassen, klettern wir über die Wolken, freuen uns über eine hervorragende Sicht und vor allem darüber, dass das Thermometer hoch in den 20ern bleibt. Wieder einmal sind wir in der Wüste. Sand und Salz wechseln sich ab mit abenteuerlichen Felsen und strahlenden Farben. Wenig los auf der Ruta 5, die natürlich zur Panamericana gehört. Atemberaubende Küstenabschnitte, gloriose Szenarien der Wüstenlandschaft. Aber wir sind ungerecht: Wir hätten gern ein bisschen Grün. Daran ist natürlich überhaupt nicht zu denken. Hier wächst nichts, hier lebt nichts. Jedenfalls nicht für uns sichtbar. Als irgendwo eine irgendwo eine Herde wilder Esel am Straßenrand auftaucht, könnte ich heulen vor Glück. Aber das ist auch ein Highlight.
Zwar bemühen sich die Einwohner von Taltal, etwas Farbe in ihre Stadt zu bringen, aber unterm Strich bleibt’s doch ein Wüstenkaff.
Heute Morgen haben wir den Blog eines Chilenen gelesen, der den Weg, den wir gerade befahren, als „teilweise brutal“ bezeichnet hat. Och… Verglichen mit anderen Wegen, die wir befahren haben, ist dieser wirklich in Ordnung. Auf 2000 Meter Höhe fahren wir Kilometer um Kilometer durch die Wüste, der Abstieg Richtung Bahia Inglesia ist nätürlich wieder ein bisschen anstrengend, aber… Kein Grund zu heulen!
Den allerdings liefert dann Bahia Inglesa. Was haben sie diesen Ort hochgelobt! Von einem der schönsten Strände Chiles war die Rede. Und was ist? Ein lupenreiner Blender. Eine knapp 200 Meter lange Straße an der Küste, vollgepfropft mit Restaurants und Bars, ein paar teure und höchst mittelmäßige Hotels und – nichts. Ich heule fast vor Enttäuschung. Hier wären wir doch gern ein paar Tage oder auch ein Wöchelchen geblieben. Aber so – nö. Gut, gut, es ist ein Küstendorf am Rand der Wüste. Aber das tröstet nicht darüber hinweg, dass es nichts weiter als ein Kaff ist, das ein paar Leute hypen. Paraglider schweben übers Meer, Surfboards werden verkauft. Aber weder Strand noch Meer machen uns an.
Ich ziehe mal wieder ein Flunsch. Das ist doof hier! Also fahren wir ins nahe Städtchen. Auch nix. Juan ist wirklich ein Heiliger! Gibt Gas – und weiter geht’s nach Copiapo. Dieser Ort hat vor einigen Jahren weltweit für Schlagzeilen gesorgt, weil hier 33 Bergleute über sechs Wochen verschüttet waren und dann doch noch gerettet werden konnten. Die Weltjournaille kampierte hier. Aber: wo? Wieder einmal ein Wüstenfleck, der von Bergleuten und Minen geprägt ist. Ganz zufällig finden wir ein Suitehotel, das erst vor sechs Wochen aufgemacht hat. Zimmer gut, wifi prima. Restaurant daneben. Und zwar in jedem Sinne. Kein Bier, kein Wein, kein Essen. Ob wir Torte wollten? Torte! Zunächst rückt der Chef eine Flasche Cabernet Sauvignon raus. Dann gibt es plötzlich außer Torte auch noch Fisch mit Reis und Churrasco. Hier ist noch viel, viel Luft nach oben… Auf das Frühstück sind wir jetzt schon gespannt!