Grenzgänger

Dafür, dass wir abends richtig schlecht gegessen haben, haben wir gar nicht mal so schlecht geschlafen.

Im Hafen von Juelsminde ist genau ein Restaurant geöffnet. Und weil ich so furchtbar schlechter Laune bin, gehen wir dorthin. Die Karte auf Dänisch sagt uns wenig, auf der englischen erfahren wir, dass es Spezialitäten nach Grossmutters Art gibt. Na, Ömchen, dann mal los…

 

Ich bestelle relativ unverfängliche Spareribs und verzichte nach jahrzehntelanger Erfahrung auf die aufgewärmte Ketchup-pur-Sauce. Die dry-Version ist nicht so schlecht, die Pommes frites sogar gut, den cole slaw muss man auf der Stelle vergessen.

Aber dann haben wir ja auch noch Juans Bestellung: Schweinefleisch nach Oma-Art. Was ist bloss in die alte Frau gefahren? Serviert werden ungepellte Kartoffeln, rote Beete (Juan kurz vor der Hass-Ohnmacht), eingelegte Gurken und eine putzige süsse Sauce. Dazu eine Saucière mit einer Art Milchsuppe mit viel Petersilie. Und das Fleisch: Bauchfleischscheiben, bis zur Unkenntlichkeit versengt.  Gab es was Interessantes im Fernsehen? Musste Omi noch in die Kirche und hat das Fleisch auf dem Grill vergessen? Was hat Oma bloss genommen? Das Tuborg-Bier ist natürlich auch gruselig.

Das Essen ist so schlecht, dass sich unsere Laune auf der Stelle verbessert. Dazu fällt uns sofort „Babettes Fest“ ein. Wer diesen Film mit einer hinreissenden Stéphane Audran nicht gesehen hat, sollte das sofort und auf der Stelle nachholen, Ein cinéastischer Leckerbissen! Das Buch ist übrigens von Karen Blixen = Out of Africa. Und ein dickes Stück Dänemark!

 

Morgens gegen sechs sind wir puppenlustig, telefonieren schon früh mit Jörg, der in Curslack herumirrt, und machen uns nach einem ersten Kaffee und weit vor dem Frühstück auf den Weg nach Süden. Die Landschaft in Mitteljütland ist wirklich wunderschön. Wir sehen einige Landgüter, die kinoreif sind: knallweiss, Pferde vor der Tür, viel, viel Land: reizend!

Unser Ziel: Hejlsminde an der Ostsee hört sich irgendwie putzig an, ist aber ganz und gar fuchtbar. Also weiter nach Süden. Aabenraa. Tjä. Da waren wir schon mal und fanden es doof. Daran hat sich nichts geändert.

Kurzum: Wir nehmen Kurs auf Deutschland. In Flensburg machen wir noch eine Kehre, um unsere letzten Kronen in einer dänischen Wechselstube loszuwerden. Dann fahren wir, weil wir eine dunkle Erinnerung haben, in die Geltinger Bucht. Wie hiess denn bloss das Kaff mit dem schönen Steg?!?  Wackerballig? Kann man sich bei so einem Namen irren? Nö.

 

Genau gegenüber des Stegs gibt es ein paar Stellplätze für Vehikel unserer Art. Der Hafenkapitän ist zuständig für die Kohle – 9,50 inkl. Strom. Wir stehen perfekt mit Blick auf die Bucht und Dänemark vis-à-vis. Sehr, sehr schön.

Leider ist die Kneipe mit Dachterrasse zu, weil im Segelhafen ein Bagger aktiv ist. Eine bunt geschminkte Dame aus Bosnien erklärt uns in imposanter Zeichensprache, dass der Hafenmeister um fünf wieder da sein wird. Also haben wir Zeit. Es gibt Kaffee im Mobil, ein Buch vor der Nase – urgemütlich.

Später laufen wir an der Ostsee entlang, treffen anschliessend den Hafenmeister. Natürlich ein wunderbarer Typ. Morgen zwischen acht und elf wird er die Müllcontainer öffnen, ausserdem gibt er uns gegen 20 Euro Pfand den Schlüssel für die Duschen. „Nimm ma die linke bei den Mädchen, die dauert länger.“ 50 Cent bis zum Anschlag ausgenutzt…

Mannomann, geht es uns gut! Weil’s ein bisschen regnet, mixen wie uns einen Apéro Spritz (Flasche leer!) und gucken ganz einfach durch die Gegend. Zum Abendessen gibt es Spaghetti amatriciana noch originalem  Rezept aus Umbrien: ich schnippel die Frühlingszwiebeln winzig und schmore sie mit Speckstückchen  an, dazu den Tomatensugo mit etwas Schärfe, einen Schuss Rotwein, eine Handvoll frisch geriebener Pecorino, schmale Bandnudeln und ein ordentlicher Primitivo. Klagen? Nö.

Im Fernsehen folgen wir den Nachrichten und gucken dann bestimmt einen doofen Film. Macht aber nichts. Gerade hat Juan die zweite Flasche Primitivo aufgemacht. Irgendwie dreht sich alles und die Sterne strahlen, obwohl es noch hell ist. Ach, wie schön…

 

1 Kommentar zu „Grenzgänger“

  1. Mit Amatriciana kannst man auch mich (und Rahera) immer glücklich machen….hmm bekkmme hunger. Schlürfe jedoch grad an einem Sekt…schliesslich bin ich heit zum 2. mal Oma (Nonna) geworden.

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