Fairbanks!

 

Wir sind so blöd, dass man es kaum glauben kann!

Den Vormittag bis zum 12-Uhr-Checkout im Tok Motel haben wir perfekt ausgenutzt: Während eine Maschine in der Laundry des Snowshoe Motels (Hase im Logo!) läuft, gehen wir zu Fast Eddy’s frühstücken. In der Trocknerphase kaufen wir ein bisschen im Supermarkt ein. Eine Avocado – fünf Dollar, um mal ein Beispiel zu nennen. Die Dollarpreise entsprechen hier in Alaska ungefähr den kanadischen. Ein Frühstück für 2 kostet in Kanada rund 30 Dollar, hier in Alaska auch. Nur: der kanadische Dollar ist ein Drittel billiger gegen den Euro. Also kostet das Frühstück in Kanada knapp 20 Euro, das in den USA ungefähr 28 Euro. Mit anderen Worten: Alaska ist teuer! Nützt ja nichts: Wir kaufen ausgesprochen selektiv ein, dann trennen sich unsere Wege. Juan geht Rosie waschen, ich lege die Wäsche zusammen.

Kurz nach zwölf sind wir wieder auf der Strasse, dem letzten Stück des Alaska Highways bis Delta Junction. Das sind ungefähr 200 km. Und jetzt kommt unsere Blödheit ins Spiel:

Wir haben vergessen, zu tanken.

Der einzige Elch, den wir auf der ganzen Strecke gesehen haben, bedingt noch ein paar Kilometer Umweg, weitere Stops sind nicht geplant. Zwischen Tok und Delta Junction gibt es keinen einzigen Ort. Wir drehen die air condition ab – bei 24, 25 Grad geht das ganz gut. Wenn wir Glück haben, schaffen wir es. Aber es wird knapp. Sehr, sehr knapp. Uschi, unsere Navitante, zeigt die nächste Tankstelle in 62 Kilometern an; es kann sich nur noch um Minuten handeln, bis das Reservelicht leuchtet. Ganz toll! In der Wildnis ohne Sprit. Wir atmen kaum noch, da taucht plötzlich ein kleines Tankstellenschild auf. Das hat uns der Himmel geschickt!

Eine entzückende Filippina unterhält auf dieser Lichtung mit ihrem amerikanischen Mann eine Lodge mit ein paar Hütten. Um ein bisschen besser klarzukommen, verkaufen sie neben Jagdtouren eben auch Benzin. Wir gucken ihre riesige Kollektion ausgestopfter Tiere an und sind froh, bald wieder auf dem Highway zu sein.

Den Blick auf die verschneite Alaska Range am Horizont werden wir wohl nicht vergessen. Grandios!

Delta Junction ist so schnell vorbei, dass wir den Ort kaum wahrnehmen. Allerdings machen wir einen interessanten Stop: Rika’s Landing Roadhouse ist ein Rasthaus an einer historisch bedeutenden Querung über den Tanana River. Es befindet sich innerhalb des Big Delta State Historical Parks und wird seit 1976 im National Register of Historic Places geführt. Das Rasthaus ist nach einer Schwedin namens Rika Wallen benannt, die es viele Jahre seit 1918 bewirtschaftete. Als Rika das Rasthaus kaufte, waren die Fußböden noch festgestampfte Erde und die Wände roh. Um das Innere zu verbessern, sammelte sie hier und da Tapeten, wobei sie die einzelnen Wände unterschiedlich tapezierte und auf dem Fußboden Dielen aus Hartholz verlegte, die sie von Fuhrwerkern und Bootsleuten erhielt, die das Rasthaus besuchten. Ihre Fähigkeit, landwirtschaftliche Produkte zu erzeugen und ihre Gastfreundlichkeit machte das Rasthaus zu einem Ort, an dem Reisende frische Milch und Eier, Beeren, Fisch, Wild sowie Obst und Gemüse aus Rikas Garten erhielten, bevor sie sich in die Zimmer in dem mehrstöckigen Bau zurückzogen. Ein Reiseführer des Richardson Highways, der 1929 veröffentlicht wurde, beschrieb das Rasthaus als „ein geräumiges Rasthaus, das sich solchen Luxuses rühmt, wie etwa frischer Milch und Hausgeflügel“.
Um 1926 fügte Rika einen Seitenflügel hinzu, der zusätzlichen Wohnraum schaffte und in dem ein Laden für Alkohol, ein Lager für Pelze und das Big Delta Post Office untergebracht waren. Sie war bis 1946 Postmeister. Schließlich machte Rika auch ein abgrenzendes Grundstück zu ihrem Eigentum, das so alles in allem 320 Acre umfasste.

Das Roadhouse ist absolut einen Besuch wert! Die einzelnen Räume vermitteln einen Einblick in das Leben hier in Alaska vor 100 Jahren.
Auf den nächsten 150 Kilometern – jetzt heisst die Strasse Richardson Highway – begeistern wir uns für die Natur, die Ausblicke und dieses fast unwirkliche Gefühl, mitten in Alaska zu sein. Wahnsinn!

In Fairbanks laufen wir einen Campingplatz an, auf dem ein Teil der Stellplätze verschlammt sind. Das gefällt uns überhaupt nicht, also weiter. Der nächste ist auch blöd, also: Hotel. Was soll’s. Dafür gibt es Bemmen aus unserem Kühlschrank zum Dinner und eine gute Flasche Malbec aus unseren Beständen.

Fairbanks ist mit rund 30 000 Einwohnern nach Anchorage die zweitgrösste Stadt Alaskas. Aber ein Kaff wie aus dem Bilderbuch. Um neun sind die Restaurants dicht, in den Supermärkten wird der Besen geschwungen. Im Grunde ist der Ort nur eine Art Vorort einer riesigen US Garnison. Ab und zu sieht man Fahrzeuge mit Soldaten in voller Montur, wir treffen einen Schwerbewaffneten, als wir irrtümlich auf eine Air Force Base einfahren. Er komplimentiert uns mit einem Lächeln aus dem mit hohen Zäunen gesicherten Bereich wieder hinaus.

Die Dimension Alaskas kann man vielleicht besser verstehen, wenn man Folgendes weiss: Dieses Bundesland macht 20 Prozent, also ein Fünftel der USA aus. Würde New York City über die gleiche Bevölkerungsdichte wie Alaska verfügen, würden in Manhattan 16 Menschen wohnen. Die 300 000 Alaskaner leben im Wesentlichen vom Erdöl, Kohleförderung, Holzwirtschaft und Tourismus.

Wir zwei Touristen sind für heute nur noch erholungsbedürftig und gucken einfach nur noch fern.

Auf MSNBC läuft unentwegt die Vorberichterstattung zur Comey-Anhörung morgen. Man ist weltweit sehr gespannt, was der gefeuerte FBI-Direktor zu sagen hat. Wir auch!

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