Ein Tag in Santiago

Ach ja, die Vorsätze. Gestern wollten wir ja noch kochen, aber daraus wurde nichts. Stattdessen sind wir in einem riesigen Laden namens Parrilladas Argentinas gelandet. Eigentlich hätten wir gewarnt sein müssen: Es waren fast nur Männer in diesem Restaurant. Zu zweit, zu viert, in einer großen Gruppe. Jedenfalls haben wir nichts kapiert. Nach der langen Reise schon ein bisschen dösig und auch nicht so wahnsinnig hungrig, verzichten wir auf eine Vorspeise, bestellen zu einer Flasche Carmenere und einer weiteren Wasser beide dasselbe: Bife a lo pobre. Sirloin für Arme. Gebracht wurden uns Teller mit Pommes frites, mit je zwei Spiegeleiern auf gesottenen Zwiebeln und Fleisch. Wir konnten es kaum glauben, dass das alles für uns sein sollte: Zwei riesige Steaks, warm gehalten über Holzkohlenfeuer. Nein, wir haben kein Foto, weil wir zu faul gewesen waren, eine Kamera einzustecken. Aber nun erklärt sich, weshalb hier überwiegend Kerle einkehren…

Das Fleisch war von einer Güte, die sonst schwer zu finden ist – einfach grossartig. Mit kurzem Blick in die Runde: Die meisten Jungs haben eine richtige Parrillada bestellt. Einen Haufen Wurst, Fleisch, Huhn, Innereien – alles, was man sich vorstellen kann. Wir waren recht ärmlich mit unseren Steaks (= a pobre), aber es war uns unmöglich, diese Menge aufzuessen. Also: einpacken, mitnehmen.

Zuhause in unserem putzigen, kleinen Apartment wanderte das Fleisch sofort in den Kühlschrank und wir ins Bett. Geschlafen wie die Steine…

Beim Kaffee – standardmässig zu den online-Nachrichen im Bett – haben wir mal ein bisschen weiter geplant. Erst über den grossen Berg, also die Anden, nach Mendoza (da kennen wir ein tolles Restaurant mitten in der Stadt), dann nach Buenos Aires. Wir müssen für die Reise in den Süden noch Dollars besorgen, das reicht so alles nicht. Also mit dem Buquebus rüber nach Uruguay? Kostet rund 200 Dollar für uns beide. Hinzu kommt das Hotel, vor allem aber, dass wir eigentlich gar keine Lust auf Uruguay haben. Können wir ja immer noch machen.

Ich google so hin und her und lese plötzlich in einem der zahlreichen Blogs, denen ich folge: Dollars tauschen in Chile. Hä? Die Geschichte geht so: Du ziehst dir Geld aus dem Automaten, ATM, gehst dann in eine Wechselstube und tauschst gebührenfrei in Dollars. Das Abheben kostet deshalb nichts, weil wir DKB Visakarten haben. Mit denen kommt man weltweit kostenlos an Automaten zu Geld. Die Karten haben wir vor der Reise mit cash aufgeladen, wird wesentlich besser verzinst als irgendein Tagesgeld.

Die Dollars gehen dann in Argentinien ihren blue way, also werden zum Parallelkurs umgetauscht. Sollte das wirklich so einfach sein? Direkt vor der Tür hält die Metro, Station Ecuador, die uns zur Universidad de Chile bringt. Von dort ist es nur ein Katzensprung in die Calle Agustinas, in der eine Menge Wechselstuben ansässig sind. Wir machen erst einmal einen Test, ziehen 200 000 Pesos (ca. 260 Euros) aus der ATM und tauschen in der nächsten Wechselstube. Klappt prima…

Das ist ja ein Ding! Wir wechseln, was wir meinen zu brauchen. Die Aktion mit Uruguay hätte ungefähr 350 Dollar gekostet (mit Transport und einfachem Hotel), hier verlieren wir durch den Wechselkurs auf 1000 Dollar 14 Euro. Wenn man bedenkt, dass der Dollar blue inzwischen fast auf 16 steht (verglichen mit dem offiziellen auf 9,45) ist das sehr, sehr gut. Und überhaupt nicht nervenaufreibend.

 

Sehr fröhlich laufen wir durch Santiago. Der historische Kern gefällt uns immer besser. Ganz anders als vor drei Jahren – da war es aber so fürchterlich heiß, dass wir uns kaum bewegen konnten – erleben wir eine tolle Stadt mit interessanten Ecken und Kanten. Zum Einen sind da die ganzen Fussgängerpassagen. Extrem belebt, viele Menschen, Musikanten, Tänzer, laut und lustig. Zum Anderen aber laufen wir über den Fluss und landen im Zentralmarkt.

Wir sind verrückt nach Märkten, das ist einfach so. Die erste Halle ist voll mit Fischläden: Frischestes aus dem Meer, Langusten, Seeschnecken, Weissfisch – grossartig! Aus der zweiten Halle haben sie Restaurants gemacht. Parzelliert für kleinere Betriebe, von denen jeder seine Küche lautstark anpreist. Auch toll!

Viel toller aber wird es noch dahinter, wo nichts mehr schick ist, sondern die Häuser sich kaum aufrecht halten können, die Marktweiber ihr Obst beschreien, die jungen Leute ihre Elektronik. Es ist fast wie in Asien. Ein Geschrei, eine Geräuschkulisse! Dazu die Aromen der ganzen  Welt. Ach, so schön!

Stundenlang streifen wir hier durch die Gegend, dann geht es wieder zurück Richtung Innenstadt. Wir wollen etwas essen, vielleicht einen Kaffee trinken. Etwas verblüfft sind wir über die Aufmachung des Personals in den historischen Haiti-Cafés: Die Görls können sich wirklich kaum bewegen in ihren hautengen Kleidern, die ganz, ganz kurz unterm Po enden. Aber der Kaffee ist gut.

So, wie wir gekommen  sind, hauen wir auch wieder ab: Mit der U-Bahn, die proppevoll ist. ”Zuhause“ machen wir erst einmal eine kleine Lufthol-Pause, dann geht’s ab in den Keller – Wäsche waschen. Klappt nicht, weil wir kein Waschpulver haben. Das allerdings gibt es nebenan in einem Minimarkt – perfekt. Während die Wäsche wäscht und anschliessend trocknet, kümmere ich mich ums Abendessen. Wir haben null Lust auf irgendein Restaurant. Also mache ich aus dem Fleischrest von gestern und irgendetwas, das ich noch in unserem Kühlschrank finde, eine Sauce, dazu gibt es Nudeln und Wein – wunderbar! What a day for a daydream 🙂

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