Die Nacht endet Punkt sechs Uhr mit dem ohrenbetäubenden Gebimmel der örtlichen Kirchenglocke. Nicht bing-bing-bing-bing-bing-bing, was man ja noch verstanden hätte, sondern fünf, sechs Minuten Geläut. Mannomann.
Wir sind trotz meines Muskelkaters natürlich puppenlustig, kochen erst mal Kaffee. Nachdem die ipads mit Nachrichten, duolingo und Blödsinn fast in die Knie gegangen sind, gehen wir geduscht und geputzt in den Ort, um Brötchen zu kaufen. Der Laden, der auch mit Schmankerln wirbt, ist irgendwie doof, aber die Brötchen für 40 ct das Stück nehmen wir trotzdem mit. Danach gucken wir noch ein bisschen Dörfchen, ich kaufe in der Apotheke festes Pflaster, weil meine rechte, golfgeplagte Hand eine fiese Blase am Zeigefinger hat.
Zuhause gibt’s ein Brötchen mit „Hausmettwurst“ vom Schmankerlladen auf die Hand, dann müssen wir aufs Grün. Gemeinsam ballern wir ein bisschen auf der driving range, dann naht Christoph.
Wir – also ich – trainieren mit Pitching wedge und Eisen 7 vor allem Schwünge. Wo hab ich plötzlich all die Muskeln her, die höllisch schmerzen? Aber natürlich beisse ich die Zähne zusammen. Den Rest für heute gibt mir eine Runde Driver für lange Bälle. Christoph nölt ein bisschen, weil mein Schläger 11 Grad hat, 12,5 wären besser. Öh, ja… Nach einer Trainerstunde fühle ich mich trotz des kühlen Windes, des bedeckten Himmels und Temperaturen um 16 Grad wie aus dem Wasser gezogen. Christoph zieht seine Stunde knallhart durch – und das finde ich auch gut so.
Mein Entzückender dreht derweil eine einsame Runde über den Platz und wir freuen uns nach anstrengendem Golf aufs späte Frühstück zuhause.
Und da beginnt das Problem: das Auto streikt. Es macht kurz und trocken grrrrk – Ende. Entzückend! Aber wir sind ja im ADAC, der wird jemanden schicken. In maximal 90 Minuten. Wir warten auf der Terrasse des Bellavista-Golfclubs, trinken Wasser und warten. Und warten… Spielen auch schon die unterschiedlichsten Szenarien durch, von denen keines putzig ist.
Nach ziemlich genau 90 Minuten ruft Herr Schneider vom ADAC an. Noch fünf Minuten, dann wäre er da. Wir werden ihn sehen, sage ich so.., “ Wenn Sie winken, freue ich mich“, sagt Herr Schneider. Der gelbe Engel rollt ein – ich winke, Herr Schneider strahlt. So geht es auch weiter – fröhlich, locker, lachend. Der Schwabe war 20 Jahre Meister bei Porsche in Zuffenhausen, hat sich dann in Autohäusern über zickige Kunden geärgert und ist nun glücklich im Bayrischen Wald mit der relativen Freiheit als Gelber Engel.
Herr Schneider – Andi steht auf dem Schild an der Frontscheibe – prüft die Lichtmaschine – „Alles gut, 2000 weniger“ – und noch dies und das: die Batterie ist der Lump. Sie wurde vor neun Jahren in den Neuwagen eingebaut und ist nun offenbar in die Knie gegangen. Herr Schneider baut für 160 Euro eine neue Batterie ein, wir lachen über Konnie Reimann, den hanseatischen Ober-Auswanderer.
Herr Schneider freut sich über uns, weil wir a) wesentlich jünger sind als die meisten seiner Klienten in Bad Birnbach b) Juan als Argentinier ein echter Exot ist und c) wir ihm erklären, dass „moin, moin“ als geschwätzig gilt, ein einfaches „moin“ zu jeder Tageszeit ok ist.
Aus den Augenwinkeln sieht Herr Schneider plötzlich, dass ein etwa siebenjähriger Junge versucht, ein Golfcart auf abschüssigem Weg aufzuhalten. Papa ist im Clubhaus, hat die Bremse nicht getreten. Der Gelbe Engel rennt über den Platz und hilft dem Zwerg. Das gefällt uns natürlich auch.
Wir zahlen unter Scherzen und Gelächter die Batterie, geben Herrn Schneider ein gutes Trinkgeld für ein fettes Eis und trennen uns winkend. Herr Schneider klopft noch mal kurz an meinem Fenster, beschenkt mich mit einem Plüsch-Engelchen am Schlüsselring. Ach, Herr Schneider – ein netter Kerl!
Endlich zuhause trinken wir einen ordentlichen Apérol Spritz und mümmeln dazu eine Brez’n, die so trocken ist, dass man sie kaum runterbringt. Naja. Aber die Stimmung bleibt gut, nur aufs Golfen haben wir heute keine Lust mehr. Seele baumeln lassen und entspannen – sehr schön…