Caballito, Once und mehr

Uns ist danach, ein bisschen mehr von der Stadt zu sehen. Auch können wir ja nicht wie doof in der Wohnung bleiben und auf Nachrichten der Reedereien hoffen. Mit milden 26 Grad ist das Wetter natürlich toll für ausgedehnte Spaziergänge. Aber erst einmal schnappen wir uns einen Bus: Die Linie 86 bringt uns direkt von der Peru über die Plaza de Mayo und den Kongress in einer halben Stunde auf die Rivadavia. In Höhe der 3500er Hausnummern, hinter der Plaza de Once, beginnt das Viertel Caballito. Es ist ungefähr die geographische Mitte der Stadt. Ihren Namen, Pferdchen, soll die Gegend von einer Wetterfahne gaben, die einst über Caballito wehte.

Unser erstes Ziel ist die alte Markthalle, in der heute noch Obst und Gemüse, Fleisch und Brot, Pasta und Hausrat angeboten wird. Zwar ist die Halle nicht ganz so schön wie der Mercado de San Telmo, aber dafür wesentlich ursprünglicher. Hier reihen sich Hausfrauen vor den wohl geordneten Marktständen ein, plaudern nachbarschaftlich und feilschen um die beste Qualität. Das Viertel ist von der hier lebenden Mittelschicht geprägt, man sieht aber durchaus auch hier das Bröckeln dieser Klasse. An einigen Ecken macht sich die Armut breit. 

Beim Frühstück stellen wir fest, was uns schon in der Markthalle aufgefallen ist: Verglichen mit San Telmo ist Caballito ein deutlich teureres Pflaster. Da ich auf der Suche nach einem A5-Notizbuch bin, schlendern wir noch ein bisschen weiter, gucken in einige der zahlreichen, kleinen Geschäfte und beschließen, es lieber in Once, dem alten jüdischen Viertel zu versuchen. Auf der Avenida Corrientes begegnen wir quirligem Leben. Die Bürgersteige sind von manteros in Beschlag genommen. Auf Decken (mantas) werden illegal alle möglichen Dinge angeboten. Von Brillen über Klamotten bis Kunsthandwerk ist alles vertreten. Bis auf Notizbücher… Das finden wir schließlich in einer Libreria auf der Avenida Callao. 

Es ist auch schon wieder warm geworden, sehr warm. Also fahren wir mit Metro und Bus nach Hause. Fünf, sechs Stunden auf den Straßen dieser enorm großen Stadt schlauchen ganz schön…

Leider finden wir noch keine Post der Reedereien vor, also: nachhaken. Wir mit unserem einzigen Autochen sind natürlich die Pest für die Leute, die sonst eher 1000 und mehr Vehikel auf einen Schlag bewegen. Bald kommen Antworten: Offenbar können wir das Grauchen am 19. Januar in Zarate abgeben, damit es auf das nächste Schiff nach Jacksonville kommt. Morgen gehen wir wohl in die Reederei und machen das alles klar. Unser zweites Eisen liegt noch für Savannah im Feuer. Es klingt ja nun, als würde alles gut werden.

Schlagartig fällt uns ein, dass wir Hunger haben. Zum Essen ist es jetzt, gegen sechs, noch viel zu früh, also muss ein Sandwich oder eine andere Kleinigkeit her. In Puerto Madero finden wir einen schicken Diner mit vielen, lauten, verwöhnten Teenagers. Och nö… Die Restaurants auf der einen Uferseite des Kanals sind überwiegend noch geschlossen, die auf der anderen Seite rund ums Kino doof oder auch zu. Also klettern wir über die Humberto 1 wieder nach San Telmo und bestellen auf der Plaza Dorrego zu Tangomusik einen Hamburger. Es ist schon sehr entspannt hier. Anwohner mischen sich mit Touristen, die Tangoschüler geben ihr Bestes, Familien, Gruppen, Paare und Singles bevölkern den Platz.

Irgendwann laufen wir wieder nach Hause. Quasi im Vorbeigehen schnappen wir bei Freddo noch eine Eisbox. Chocolate amargo, Dulce de leche. Da lacht die Seele. Und erst die Hüfte…

 

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