Heute morgen sieht die Wetterlage ganz ordentlich aus. Zumindest ist nicht mit Regen zu rechnen. Eine Wohnung hat viele Vorteile, einer davon: Man kann prima trödeln, ohne den ganzen Betrieb aufzuhalten. Also trinken wir ein gemütliches Pfingstkäffchen, bevor es wieder raus in die Welt geht. Wir haben uns gestern gegen einen Frühstückseinkauf entschieden, weil wir im Moment noch keine Lust haben, Brot, Butter, Eier, Aufschnitt durch die Gegend zu karren. Das mag sich ja noch ändern, wer weiß?
Also ziehen wir erst einmal in die nächste Bar, trinken einen caffè lungho zu einem Croissant und machen uns Mut. Es gibt nämlich ziemlich genau gegenüber eine steile Treppe, die nach oben in die Altstadt führt. Das sind viele, viele Stufen… Der innere Schweinehund kommt an die Kette und wir auf die Treppe. Schon nach dreißig, vierzig Stufen ist der Blick über die Stadt einfach großartig. Wir laufen weiter. Und weiter. Und weiter.
Als wir endlich die Basilika erreichen, bekommen wir noch die Predigt eines ziemlich liberalen Pfarrers mit, der der Gemeinde die Leviten liest. Man habe sich als Christenmensch gefälligst um Flüchtlinge zu kümmern. Man habe einfach ein bisschen menschlicher zu sein. Unser Italienisch reicht mal so gerade, dass wir den Sinn verstehen.
Nach der Predigt schlendern wir durch die Reste des Teatro Romano. Kein Absperrung weit und breit, das ist ja interessant. Nach dem hinreißenden Blick von einer Denkmalsplattform über die Stadt und das Meer wenden wir uns dem Schloss San Giusto zu. Der fortartige Komplex wurde im 15. Jahrhundert begonnen, aber erst 1636 konnte der Bau abgeschlossen werden. Die kaiserlich-österreichische Admiralität residierte hier bis Mitte des 18. Jahrhunderts, danach wurde nicht mehr getanzt, sondern gelitten: Aus der Bastion wurde ein Gefängnis.
In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts endlich wurde San Giusto ein Museum, das wir natürlich ausführlich besuchen. Der Spaziergang über die Burgmauern ist beeindruckend, wir möchten ihn allerdings nicht erleben, wenn hier der Sommertourismus einfällt. Heute gehören uns die alten Mauern und das Museum fast allein. Ganz im Gegensatz zum Krakauer Schloss kann man hier alles genau und aus der Nähe betrachten. Kaum Vitrinen, keine Absperrungen, man kann Raum für Raum besichtigen. Zwar stehen überall Klappkärtchen, man möge gefälligst die Finger von den antiken Schätzen lassen – mehr aber auch nicht. Fotos sind erlaubt, staunen darf man hautnah. Gefällt uns gut! Der Blick immer wieder von den Zinnen auf Stadt, römische Ausgrabungen, die Basilika und das Meer – wirklich interessant.
Danach machen wir uns über schmale, überwiegend autofreie Straßen an den Abstieg. Wir kommen noch an einem kunsthistorischen Museum vorbei, das sich unter anderem seiner Maya-Kollektion rühmt. Dynastie hatten wir kürzlich sicherlich authentischer, als schenken wir uns dieses Museum und laufen weiter abwärts.
Ganz plötzlich stehen wir nach einer Ecke vor einem morschen römischen Torbogen, vor dem sich ein paar Leute mit ihrem Kunstgewerbe ausgebreitet haben. Zwischen den Ständen ein paar Tische, ein paar Stühle, ein paar Flaschen Wein – keine schlechte Lebensqualität.
Natürlich sind alle Stühle besetzt, also quälen wir die Knie weiter bergab und finden uns auf einem Flohmarkt wieder. Einige schöne Bugholzmöbel, ein wenig interessantes Porzellan und Glas, Schmuck aus den 30er Jahren und aus den China-Container. Natürlich gucken wir wieder nur und kaufen nichts.
Stattdessen steht uns der Sinn nach einem Wein in der Sonne. Zufällig wird in einem der Cafés gerade ein Platz für uns frei, was aber noch lange nicht heisst, dass wir auch bedient werden. Nach einer halben Stunde etwa wird die Bestellung aufgenommen (das argentinische Herz blubbert schon), ein paar Minuten später steht eine Picada mit Mortadella, Brot, Tomatensauce und Pickles auf dem Tisch, dazu ein kleiner Eimer mit Kartoffelchips. Wiederum ein paar Minuten später kommt der Wein dann auch; die 8 Euro für alles werden auf der Stelle kassiert. Die bestellten Eiswürfel kommen selbstverständlich nie.
Aber wir geniessen es trotzdem, die Nase ein bisschen in die Sonne zu halten, bevor wir Trieste weiter erkunden. Richtung Hauptbahnhof wird’s zunächst ein bisschen asiatisch. Viele Ramschläden, geführt von Chinesen, zeigen, was sie haben.
Am Bahnhof endlich haben es sich ein paar Dutzend Penner vor dem Elisabetta-Denkmal gemütlich gemacht. Och, Sis(s)i!
Wir laufen und laufen immer weiter. Aber langsam sind die Füße rund und glühen, über der Adria ziehen dunkle Wolken auf – wir marschieren nach Hause und sind froh, die Schuhe von uns werfen zu können. Rauf, runter, vor, zurück – Kilometer um Kilometer. Die Pause haben wir uns wirklich verdient. Erfreulich: die dunklen Wolken sind vorübergezogen!