Man kann sich einfach nicht sattsehen an Shanghai! Um uns überhaupt einmal einen kleinen Überblick zu verschaffen, sind wir vormittags in einen Hop on, Hop off Bus geklettert. Nicht mit Big Bus, der kostet 40 US, sondern mit Spring Sightseeing, die nehmen für ihre Doppeldecker mal gerade 40 Yuan, also 5 Euro. Danke, Meina, für den guten Tipp! Nach der 90minütigen Runde steht fest, was wir uns mal näher ansehen wollten: das pralle Leben im alten chinesischen Viertel. Natürlich sind wir hier in diesen Gassen wieder mal die einzigen Langnasen. Aber alle, die hier nicht durchlaufen, verpassen Wesentliches. Garküchen, kleine Werkstätten, Lädchen für einfach alles. Uns wird auch klar, dass hier nichts umkommt. Was kaputt geht, wird nicht entsorgt, sondern repariert oder irgendwie anders nützlich eingesetzt. Verschwendung ist hier ein Fremdwort. Das Leben hier hat natürlich nichts zu tun mit 3 on the Bund, wo in unserem tollen rooftop-Restaurant die Kinder neureicher Chinesen mal zeigen, wie schnell man Papis Kohle verbraten kann, wenn man sich den Kopf mit Wein und Champagner, den Magen mit Austern, Hummern und Königskrabben vollschlägt. Hier in den Gassen geht es ganz eindeutig vor allem ums Überleben. Es wird gegessen, geschlafen, gearbeitet, alles auf engstem Raum. Keine Sekunde fühlen wir uns hier übrigens bedroht oder unwillkommen. Wir werden nicht mal doof angeguckt. Neugierig vielleicht manchmal, mehr nicht.
So beschaulich es in den Gassen zugeht, so hektisch wird es in einem für Touristen extrem aufgemotzten Viertel. Hier gibt es zwar die hübschen geschwungenen Dächer, aber neben den Menschenmassen auch Nippes und Schlepper, die einem irgendwas andrehen wollen. Lange Schlangen bilden sich vor den Dumplingständen: es wird wieder gegessen, was das Zeug hält. Wir sind noch nicht hungrig, machen uns stattdessen auf den langen, langen Fußweg zur ehemaligen French Concession. Straßen und Alleen im französischen Stil – ein bisschen Buenos Aires à la chinoise… In einem Park finden wir ein Monument von Marx und Engels, eine Ecke weiter das Gebäude, in dem sich die chinesische kommunistische Partei gegründet hat. Und mittendrin ein Hermès Store, der mir größer als das Mutterhaus in Paris scheint. Damit der Luxus nicht so einseitig bleibt, sind natürlich alle anderen auch da: Chanel, Gucci Ermenegildo Zegna, na, alle eben! Wir laufen und laufen, sehen dann irgendwo im Park mal wieder eine Hochzeit, an der uns neben den deutlich zu kurzen Hosen des Bräutigams besonders auffällt, dass nicht nur drei, vier Fotografen herumspringen, sondern auch eine Fotodrohne das Geschehen für die Ewigkeit einfängt. Mit den Hochzeiten haben sie es hier: Sobald irgendeine attraktive Location – allen voran natürlich The Bund – in Sicht kommt, kann man sich auf mindestens ein Brautpaar-Fototeam verlassen. Sowohl die Mädels sind in knallrot, weiß oder rosé herausgeputzt, als auch die Jungs, die das letzte aus sich herausholen. Die Fotografen geben Anweisungen wie für ein professionelles Fashion shooting, was zu grotesken Verrenkungen führt. Ein Schauspiel!
Wir müssen nach unserem 7-Stunden-Spaziergang mal die Füße hochlegen und dann überlegen, was es heute Abend auf die Stäbchen gibt.
ja..ja me gustaria verte charlando con el chino en oficio mudo