Auf die Outer Banks

Wir sind schon kurz vor sechs wach, packen noch die Zahnbürste ein und ab geht es auf den Highway. Erster Stop ist eine Tankstelle, weil wir dringend einen Kaffee brauchen. Der ist natürlich so heiß, dass ihn kein Mensch trinken kann. Extra sind wir früh losgefahren, weil das Risiko, die Fähre um 13:00 Uhr auf Cedar Island zu verpassen, weitgehend ausgeschlossen sein sollte. Zunächst geht es recht trödelig zu: Die Leute sind unterwegs zur Arbeit in und um Wilmington. Aber je nordöstlicher wir fahren, desto leerer wird es. Diese devided highways sind etwas Feines: zwei Spuren in beiden Richtungen, dazwischen ein breiter Grünstreifen. Alles Grün auf englisches Parkmass gekürzt, also sehr übersichtlich. Ampeln gibt es, wenn überhaupt, nur in Ortschaften. Tempolimit ist meistens 50, jeder fährt 60, hat aber die trooper im Auge.

 

Wir schlängeln uns gemächlich rund 250 Kilometer an der Küste entlang (wenn auch keineswegs immer in Sichtweite) Richtung Fährhafen Cedar Island. Wieviele Automeilen haben wir gewesen? Wieviele McDonald’s, arbys oder cvs? Durch wieviele Orte sind wir gefahren, von denen wir uns überhaupt nicht vorstellen kann, wie man dort lebt. Abgeschieden, stereotyp. Erst direkt am Wasser ist es leichter, sich das Leben hier vorzustellen. Auf jeden Fall geht es religiös zu. Die Kirchen sind noch häufiger zu finden als Burgerkings.

Aber jetzt geht es auf die Outer Banks, eine schmale und 280 Kilometer lange Inselkette im Atlantik vor der Küste North Carolinas. Erwartungsgemäss sind wir etwa zwei Stunden vor Abfahrt der Fähre nach Ocracoke am Anleger. Vorsichtshalber habe ich die Bestätigungsnummer unserer Buchung notiert, einen Screen shot davon gemacht, alles noch mal an mich selbst gemailt: Gürtel und Hosenträger. Tatsächlich will das Mädel im Häuschen nur unseren Namen wissen, findet ihn auch sofort – und schon parkt der blaue Frosch auf der Pole Position in Linie 1. Natürlich ist es wieder warm, aber die Brise vom Meer macht alles leicht erträglich. Direkt beim Informationszentrum gibt es Picknicktische. Einer ist belegt, darauf schläft jemand… Wir finden einen anderen, schmieren uns eine Stulle, schälen Orange und Äpfelchen und sind fröhlich.

 

Pünktlich geht es auf die Fähre, alle Autos parken auf dem offenen Deck. Wir können draußen im Vorschiff sitzen, hinten oder in der Lounge. Die ist mal wieder ziemlich runtergekühlt. Die Tour dauert knapp drei Stunden. Bleiben wir draußen, kann man uns als Grillhuhn servieren, gehen wo rein, kriegen wir Frostbeulen. Also mal so, mal so… Ein Restaurant gibt es nicht an Bord, aber Kaffee für einen Dollar und die berüchtigten vending machines, die große Mengen Chips und Candybars ausspucken. Wir bleiben beim Kaffee, studieren die wundersamsten Tattoos, beobachten eine Senioren-Truppe: adrette ältere Herren, jeder mit seiner Harley Davidson. Sehr schön anzusehen! Zufällig kriege ic ein Telefonat eines der Herren mit: Man würde noch ein, zwei Tage fahren, am Sonntag aber wieder zu Hause sein. Die Jungs machen den Eindruck, als würden sie diese gemeinsamen Touren schon seit 50 Jahren machen. Und wie stolz sie auf ihre Mühlen sind!

Weniger schön ist die Gewitterfront, die wir hinter uns herschleppen: schwarze Wolken, aber vor uns sieht es noch ganz manierlich aus. Ocracoke macht gleich einen guten Eindruck auf uns. Schöner Hafen mit feiner Marina, einfache, elegante Sommerhäuser überall. Aber erst einmal haben wir Hunger. Der einzige Coffee Shop wirkt auch wegen einer betagten Junkiedame ein bisschen gaga auf uns, also weiter. Links finden wir die Oyster Company und sind begeistert. Nicht nur der Einweiser, der wie der Weihnachtsmann in Shorts aussieht, auch Ambiente und Karte gefallen uns. Juan isst ein knackfrisches Fischsandwich, ich eines mit über Feigenbaumholz (!) geräuchertem, mageren Schweinefleisch belegtes. Göttlich! Dazu ein eiskaltes Bud – yeah! In dem Laden gibt es am Wochenende Live Musik, einen Billardtisch und jetzt schon lauter skurrile Gestalten. Eigentlich ein Fall zum Einnisten, aber Ocracoke ist nur über Fähren zu erreichen und hat wenig Übernachtungsmöglichkeiten.

Um uns die Möglichkeit zu lassen, fix abzuhauen, müssen wir rüber nach Hatteras. Also die nächste Fähre. Wir haben mal wieder Glück, fahren auf das Schiff und das legt sofort ab. Eine Stunde juckeln wir über die See, dann ist Hatteras erreicht. Schöne Yachten im Hafen, freundliche Holzhäuser – sehr angenehm. Juan hatte sich gestern schon mal Motels angesehen. Wie erwähnt, steht das Memorial Weekend vor der Tür und alle sind auf Achse. dennoch gibt es im Seagull Motel, das direkt hinter einer Düne am Strand liegt, ein Plätzchen für uns. Zwölf Stunden auf Achse, das schlaucht dann doch.  Wir trinken ein Weinchen in unserem blitzsauberen Zimmer. Und während wir ein bisschen ausruhen, geht es los! Blitz, Donner, Regen. Wir haben es ausgesprochen gemütlich und gucken mit großer Begeisterung zu, was die Natur da draußen zu bieten hat. Und das ist gerade viel…

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