Antofagasta

Wir sitzen im Tarantella an der Costanera von Antifagasto, trinken einen Wein, essen ein paar Nudeln und sind froh, dass wir angekommen sind.
Antofagasta wurde 1870 als Standort für den Salpeterabbau und die Erkundung der Nitratvorkommen in der Wüste Atacama gegründet. Hier kommt der Urgroßvater unseres Freundes Horst ins Spiel: Ehrenbürger von Hamburg, weil er unter anderem mit seiner Schifffahrtslinie (ein Schiff war die Ludemille, benannt nach der Ururgroßmutter!) Salpeter nach Deutschland gebracht hat. Theoretisch könnten wir hier im Norden Chiles noch einen Nachfahren dieses Bargmanns finden. Praktisch sehen wir dafür aber schwarz: Antofagasta ist einfach eine Hafenstadt, die von der Schifffahrt, den umliegenden Minen und den Menschen, für damit zu tun haben, lebt. Das wiederum hatte zur Folge, dass wir wie verrückt nach einem Hotel gesucht haben. Nie im Leben hätten wir uns vorgestellt, dass die Zimmersuche hier schwierig werden würde. Aber sie hat uns Stunden gekostet. Fast alles, das wir angefragt haben, war ausgebucht. Letztlich haben wir uns völlig entnervt in den Florencia Suites eingecheckt. Liegt zwar mit 100 US ordentlich über unserem Budget, aber wir haben die Nase voll von der Sucherei und beißenden Hunger.

Die Hotelkosten in Chile sind sonderbar. Bist du Tourist und/oder Ausländer ohne ständigen Wohnsitz im Land, wird dir die Umsatzsteuer von 19 Prozent erlassen, wenn du die Rechnung – Cash oder Kreditkarte – mit US-Dollars bezahlst. Zahlst du bar in chilenischen Pesos oder willst eine ausgedruckte Quittung, wird der Betrag in Landeswährung plus 19 Prozent fällig. Kann man. erstehen, muss man aber nicht. Für letzteres haben wir uns entschieden :-)

Zurück in unser Restaurant Tarantella. Hier sitzen nur Männer. Allein, in Grüppchen, alle mit Smartphone oder IPad vor der Nase. Sie alle sind hier aus geschäftlichen Gründen und wirken allesamt ordentlich frustriert, auf seltsame Weise sogar verloren.

Diese Stadt will offenbar nicht sonderlich sympathisch sein. It’s business that counts… Für Chile ist Antofagasta mit rund 300 000 Einwohnern recht groß. So groß, dass wir keine Lust haben, uns hier länger aufzuhalten.

Wir haben einen kompletten Tag in der Wüste hinter uns. Kurz nach zehn sind wir auf der Ruta 1 Richtung Süden gewesen. Die erste Strecke – von Iquique nach Tocopilla – kennen wir ja schon. Doch ist sie bei Sonnenschein und in umgekehrter Richtung ganz anders. Nie hätten wir gedacht, das wir uns so lange in der Wüste herumtreiben würden, aber sie hat nichts von ihrer Faszination verloren. Die ersten 150 von 440 Kilometern sind gut ausgebaut, das wissen wir ja. Dann holpert es wieder stellenweise übel, auch das ist nicht neu. Aber was passiert nach Tocopilla ? Können wir die 1 riskieren oder müssen wir auf die 5 ausweichen und einen Umweg von mindestens 150 Kilometer in Kauf nehmen? Was wir so hören: Muy mal. Also sehr schlecht. Zwar immer entlang der Küste, aber eben auf mieser Straße. Die Alternative ist die Wüstenstrasse auf der anderen Seite des Küstengebirges. Auch nicht so doll…

Zum Glück treffen wir auf einem Parkplatz einen Trucker, der offenbar weiß, wovon er spricht: 30 Kilometer nicht sehr gut, dann ist man durch und die Straße ist ok. Wir glauben ihm einfach mal und bleiben an der Küste. Zum Glück! Wir fahren durch sandige Wüsten, durch felsige Wüsten, vorbei an Salzseen und kleinen Dörfern, die vom Tsunami im August viel abbekommen haben.

Nun haben wir ja wirklich schon viel von der Atacama gesehen, aber sie hat nichts von ihrer Faszination verloren. Die Wüste kann ja auch nichts dafür, dass wir zu blöd sind, uns ein Bütterchen mitzunehmen. Auf der ganzen Strecke gibt es kein Benzin (haben wir genug) und keine Kneipe. Also auch nichts zu beißen. Streckenweise sind wir beide etwas ungnädig, aber dann lachen wir wieder über uns. Singen laut und falsch ein Lied, das hier nicht zur Sprache kommen soll, bevor wir in Antofagasta einlaufen.

Wie gut, dass es im Tarantella einen vernünftigen Carmenere gibt. Der Tag war lang genug!

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