Der Tag beginnt schon mal dadurch gut, dass morgens um acht bei totaler Ebbe vorm Fenster ein Wal herumdümpelt. Offenbar gibt es dort, ungefähr 4-, 500 Meter vom Ufer entfernt, eine Art Priel, die der Wal gut findet. Wir staunen, frühstücken kurz, packen kaltes und heißes Wasser, Kaffee und ein paar Cracker ein und machen uns auf den Weg. Nach einem kurzen Stop in einer Panaderia, die trotz des heutigen Montags geöffnet ist, sind wir, um ein Dutzend facturas reicher, auf dem Weg auf die Halbinsel.
Ich bin immer davon ausgegangen, dass Valdes eher überschaubar ist. So wie, sagen wir mal: Fehmarn. Aber wie alles in Argentinien ist auch die Insel größer, entsprechend sind die Distanzen. Knapp 100 Kilometer geht es via Ruta 1 und vorbei am Zahlhäuschen (je 65 Pesos für meine argentinischen Rentiere, 260, also 26 Dollar, für mich als Ausländer) und einem Zwischenstopp bei der Tourist Information nach Puerto Piramides, in den einzigen Ort der Halbinsel. Wir hatten überlegt, hier ein Quartier zu suchen, sind dann aber doch aus Kostengründen nach Puerto Madryn ausgewichen. Eine weise Entscheidung: Ist Madryn ein quirliges Örtchen, schläft Piramides im Ruhm der Walbeobachter vor sich hin. Ein paar Holzhütten, jede Menge Bars, alles, was ein Dach hat, heißt Hotel, Hostel oder Hospedaje, dazu ein Polizeiposten und eine Tankstelle.
Die Waltour machen wir nicht. Wir wissen ja inzwischen, dass die meisten der großen Tiere schon wieder unterwegs sind, außerdem finden wir 86 Dollar pro Person für eine einstündige Tour durchaus anspruchsvoll. Also fahren wir über eine relativ gute Schotterpiste zur Punta Cantor. Überall sehen wir große Schafherden, viele, viele Guanakos, auch mal einen eleganten Ñandu und einen winzigen Pampahasen. Ungeheuer, was hier an Flora uns Fauna zu besichtigen ist. Dafür gibt es außer ein paar Ranchhäusern auch keine Menschenseele, die das Idyll stören könnte. Mit großen Augen überqueren wir Valdes Richtung Süden. Gleich an der Küste sehen wir ein Schild: Pinguine. Natürlich halten wir. Ungefähr zehn, zwölf von den putzigen Kerlchen lümmeln am Strand, noch einmal so viel neugierig auf der Steilküste. Den ungefähr 30 Zentimeter hohen Tierchen ist offenbar nichts fremd: Angstfrei gucken sie in die Kameras. Von dort aus geht es zu den Seeelefanten. Schon von weitem sehen wir eine Touristenschar, die es sich hinter ihren Kamerastativen gemütlich gemacht hat. Wir sehen trotzdem viele, viele Tiere, die mit glänzendem Fell in der Sonne dösen. Sehr eindrucksvoll. Zumal das Meer durch die Sonne intensiv Türkis leuchtet. Es weht ein leichter Wind bei 25 Grad.
Wir klettern irgendwann wieder ins Auto. Im Infozentrum hatte man uns gesagt, wir sollten so gegen zwei an der Punta Norta sein. Zum Hochwasser. Das schaffen wir zwar nicht ganz, aber kurz vor drei stehen wir auf dem Felsen und beobachten Seelöwen und Seelefanten, die direkt am Wasser liegen und auf den ersten Blick wie Steine wirken. Hier fällt das Meer steil bergab. Aus diesem Grund ein bevorzugtes Jagdgebiet der Schwertwale, der Orcas. Nur hier, heißt es, können sie direkt vom Strand Jungtiere rauben. Entsprechend viele Fotografen haben sich aufgebaut. Offenbar warten alle auf den einen Schuss, wenn der Orca aus dem Wasser fliegt und sich ein Seelöwenbaby holt… Es ist trotzdem wirklich, wirklich schön hier. Überall wurden Wege angelegt, auf denen man sich gut bewegen kann. Die Warnhinweise (nicht zu den Tieren an den Strand gehen) werden respektiert, fast alle nehmen auch ihren Müll wieder mit.
Vom nördlichsten Punkt der Halbinsel Valdes sind es ungefähr 180 Kilometer bis Puerto Madryn. Schotterpiste zur Hälfte, versteht sich. Wir hätten uns noch ein paar Pinguine mehr gewünscht, also steuern wir die Estancia San Lorenzo an. Doch was hier geboten wird, ist wieder nicht so unseres: Alles zwei Stunden werden Touristen auf einen umgebauten Laster geschoben, dann sechs Kilometer an den Strand gekarrt. Dort soll es Pinguine geben. Die nächste Tour startet in einer Stunde – ohne uns. Zu teuer, zu tourig. Wir werden noch Pinguine sehen. Irgendwo.
Kurz vor sechs stehen wir gegenüber der Vogelinsel neben der Replika einer Kapelle aus Erobererzeiten. Die Vogelinsel kann nicht betreten werden, dafür gibt es Münzferngläser zur Beobachtung aus der Distanz. Wir gucken ein bisschen, machen uns dann aber doch auf den Weg. Ziel: Doradillo. Am Strand wollen wir picknicken und mal gucken, ob wir einen Wal sehen.
Durchgeschüttelt und -gerüttelt kommen wir an und glauben es kaum: da liegt er! Parallel zu Ufer, davon vielleicht 30 Meter entfernt, paddelt ein großes Tier im seichten Wasser. Außer uns sind noch ein Handvoll Menschen da. Das sind so die Momente, in denen man am besten ganz allein beobachtet. Das ist nichts zum Quatschen, nichts zum Kichern, das ist einfach nur zum Staunen. Großartig. Kaum bemerken wir den aufkommenden Wind – ist doch egal. Bei so einem Schauspiel! Irgendwann taucht das Tier majestätisch ab und schwimmt in Zeitlupe Richtung Horizont. Ganz, ganz toll!
Wegen des extrem warmen Windes bei 32 Grad gibt es Kaffee und facturas im Auto. Inzwischen ist es auch halb acht. Da sehen wir rechts von uns wieder einen riesigen Leib auftauchen – wir fahren im nach. Immer an der Küste entlang, ein paar Kilometer weiter. Am Strand kann man quasi mit dem Wal spazierengehen. Ganz groß! Als er wieder abtaucht, meinen wir, ihn ein paar hundert Meter weiter wieder zu entdecken, stürzen ins Auto und halten bei einem Mirador. Es ist ein anderer Wal, denn dieser hier ist mit seinem Jungen unterwegs. Das Licht ist so gut wie weg, aber was wir sehen, genießen wir trotzdem. Im Hintergrund spielen auch noch weitere Tiere. Toll! Einfach nur toll!
Ganz glücklich fahren wir die letzten 20 Kilometer Schotterpiste, weiter auf der Hauptstraße und sind bei Dunkelheit zu Hause. Alle fröhlich, alle fix und fertig. Es gibt noch ein Bier und Reste von gestern. So geht ein wunderbarer Tag zuende.
Es ist schön mit Euch zu reisen. Die Kloppse waren ausgezeichnet. Ich hab´sie noch nirgendwo besser gegessen.
Du hast eben Geschmack 🙂