Das Anwesen, auf dem das Rural Hotel Don Esteban ganz in der Nähe von San Pedro de Atacama entstand, gehörte dem Vater der Señora. Sie selbst hat es erst vor drei Jahren übernommen. Eine pfiffige Frau! Gleich hat sie sich schon einmal Dauermieter aus aller Welt gesichert, wissenschaftliche Mitarbeiter der A.L.M.A, des großen Observatoriums in der nahen Wüste. Zwar blüht der Tourismus in der Atacama, aber die Señora geht lieber auf Nummer Sicher. Sie hat die Entwicklung des Ortes ja selber miterlebt. Mitte der 90er Jahre kamen die ersten Touristen. Naturliebhaber, Wüsentenenthusiasten. Wenig später kamen die Party People schon in Dorf, die Backpacker. Inzwischen sind es die Kinder der ersten Generation, aber gefeiert wird immer noch kräftig und mit allem Erlaubten und Unerlaubten.
Als wir uns kurz nach zehn auf den Weg Richtung Pazifik machen, liegt das Partyvolk noch im Koma. Sicher, einige haben sich Touren angeschlossen, aber das Gros feiert. The Beach of the Andes…
Wir hatten auch kurz überlegt, einen Ausflug in die Uyuni-Wüste nach Bolivien zu machen. Sicher ein atemberaubendes Erlebnis, aber alles, was man von organisierten Touren hört, ist nichts für uns. In der Regel geht es zu acht im Toyota Landcruiser 3 oder 4 Tage nach Boliven. An Bord: der Fahrer, eine Köchin und sechs zahlende Passagiere. Es ist gruselig eng in den Autos, in denen man stundenlang gefangen ist. Über heftigste Piste geht es nach Norden. Das Programm wird genau eingehalten: Überfahrt, Wüste gucken, Stops bei den Einheimischen, schlafen zu sechst oder acht im Dorm, retour. Wir sind ganz begeistert von „unserer“ Atacama und schenken uns Bolivien.
Stattdessen fahren wir Richtung Pazifikküste immer, immer, immer durch die Wüste. Vorbei an Chuquicamata, der größten Kupfermine der Welt im Norden Chiles. 15.000 Bergarbeiter sprengen rund um die Uhr Felswände. An Wochentagen kann man die Mine besuchen, heute ist Sonntag. Aber was wir von den Aussichtsplattformen sehen, reicht als Eindruck schon völlig.
Von Chuquicamata geht es schnurgerade durch die Berge über die RN 24 an die Küste. Langsam, langsam geht es endlich wieder abwärts. Wir fahren kilometerweit noch durch Wüstenlandschaften auf 2400 bis 3000 Meter Höhe, dann segeln wir zügig ans Meer. Der erste Ort am Pazifik ist Tocopilla, ein trostloses Nest.
Von dort gehen wir auf den Highway 1, immer nach Norden, immer an der Küste entlang. Dieser Küste hat am 17. September, also vor genau einem Monat, ein 8.4-Erdbeben mit anschließender Tsunamiwelle übelst mitgespielt. Überall sehen wir noch Schäden, zerstörte Fischerhütten, aufs Dach gedrehte Autos, weggewehte Hausratsgegenstände, Schrott und Müll.
Natürlich ist nicht daran zu denken, in diesem Katastrophengebiet, das sich gerade wieder berappelt, ein Bett zu finden. Wir überlegen, an der zum Teil bildschönen Küste, die vom Ozean auf der einen Seite, von der Wüste auf der anderen gerahmt wird, unser Zelt aufzuschlagen. Aber wir sind null präpariert, haben nichts zu essen, wenig Wasser, nicht einmal Wein dabei. Also fahren wir weiter und weiter bis nach Iquique, einer Freihandelszone am Pazifik. Einige Hochhäuser sind an der schönen Bucht emporgeschossen, Strandleben wird an diesem späten Sonntagnachmittag von Groß- und Kleinfamilien zelebriert. Wir suchen mal wieder ein Hotel und haben nach der anstrengenden, langen Fahrt Lust auf Luxus. Den finden wir in einem NH Hotel direkt an der Küste mit Blick aufs Meer. Hier holen wir endlich mal wieder richtig Luft, nachdem wir gefühlt wochenlang in den Bergen waren. Und hier sehen wir auch zu, dass andando wieder unters Volk kommt. Juan ist schon ganz fuschig, aber heute sieht alles nach Durchbruch aus…