Texto en español🇦🇷
Erwartungsgemäß sind wir früh wach. Juan fühlt sich etwas besser, ist aber noch in der Tee- statt Kaffeephase. Entsprechend zurückhaltend sind wir beide bei dem riesigen Frühstücksbüffet, das das Hotel für relativ wenige Gäste hier im Victory Hotel auf der Insel Shamian in Guangzhou aufgebaut hat. Es gibt Variationen von Reis und Nudeln, Congee, Obst, Gebäck, Toast, gekochte Eier, sogar Käse, dem es allerdings nicht gut tut, dass er ungekühlt herumliegt.
Nach dem Frühstück sehen wir uns den historischen Kern des früheren Kanton an, die Insel Shamian, auf der unser Hotel liegt. Fein angelegte Parks bis hinunter zum Pearl River, wunderschön restaurierte Kolonialbauten und überall Hundertschaften von Sport treibenden Menschen. Tai Chi, Tango, Schwertkampf, Aikido und viel, viel mehr, dazwischen Mahjongspieler, Musikanten – großartig. Sowohl Grazie als auch Gelenkigkeit und Ausdauervermögen vor allem der Alten faszinieren uns.
Interessanterweise ist hier nirgendwo ein Handy zu sehen. Wahrscheinlich hat alles seine Zeit. Wir sind kaum zwei Stunden unterwegs, da sehen wir schon aus wie aus dem Perlenfluss gezogen: klatschnass. Hier ist es noch eine Spur heißer als in Hongkong, dafür weht überhaupt kein Wind. Bevor uns der Kreislauf zusammenklappt, machen wir ein Päuschen im Hotel. Eine Stadtrundfahrt, mit der wir uns die Stadt gern angesehen hätten, fällt aus: Es gibt keine in der 10-Millionen-Metropole, erfahren wir an der Rezeption. Das wundert uns, schließlich ist Guangzhou nach Beijing und Shanghai immerhin die drittgrößte Stadt Chinas. Aber was soll’s? Also hocken wir uns in unserem klammen Zimmer – die Feuchtigkeit ist hier ein echtes Problem – über den Stadtplan und beratschlagen, welche Subways am besten geeignet sind. Wollen mal hoffen, dass es hier und da englische Untertitel gibt. Zumindest sind die Linien farblich markiert, das hilft ja schon mal! Das Internet zurate zu ziehen, ist nicht immer einfach: es ist langsam und die Verfügbarkeit hat auch ein Eigenleben. Facebook ist erwartungsgemäß mausetot, Google röchelt noch… Dafür soll aber der Pool laut Auskunft des Concierge wieder top sein, was wir demnächst überprüfen werden.
Natürlich trifft uns vor der Tür wieder einmal der Schlag, aber wir wollen uns die Chang Clan Academy ansehen: Im ausgehenden 19. Jahrhundert haben Auslandschinesen beschlossen, sich quasi selbst ein Denkmal zu setzen. Auf 15 Hektar Land muss etwas Tolles entstanden sein, das wir nun besichtigen wollen. Und zwar wollen wir mit der Metro fahren. Die Station heißt Huangsha und soll ganz in der Nähe sein. Nähe ist ja etwas Relatives… Jedenfalls fragen wir mehrmals nach und landen völlig unvermittelt auf dem sensationellsten Fischmarkt. Riesengroß, voller Menschen, voller Tierchen, von denen einige so exotisch sind wie wir in dieser Umgebung. Wir sehen weit und breit keinen einzigen Westler, aber das stört nicht. Es scheint auch allen egal zu sein, dass wir die Nase in jeden Topf, Korb oder Wok stecken oder einfach zu zugucken, was hier so los ist. Der Hungsha Aquatic Market schließt seine Pforten, und uns fällt ein, dass wir ja noch ein Stück Kultur vor uns haben.
Tatsächlich finden wir dann auch die U-Bahn. Hier spricht natürlich keine Menschenseele mehr englisch, mein artig aufgesagtes Mandarin ist im kantonesischen Sprachraum auch nicht so erhellend. Aber irgendwann stehen wir dann vor dem Prunkstück der Chans. In diesem Moment wird es geschlossen. Na gut, dann gucken wir eben dem chinesischen Nachwuchs auf dem Platz davor zu.
Bald gehen wir wieder los, ziellos, was auch damit zusammenhängt, dass wir überhaupt keine Ahnung haben, was es hier so zu sehen gibt.
Zunächst landen wir in einem Restaurant und sorgen augenblicklich für Heiterkeit beim Personal. Das Menü gibt es nur auf Chinesisch, aber einiges ist bebildert. Gespannt wartet die Kellnerin auf unsere Bestellung – und ich zücke mein wunderbares Langenscheidt-Büchlein ohne Worte. Das Buch geht von ihrer in meine Hand und wieder zurück – und wir bekommen genau das, was wir auch gedacht haben. Ente, Rind, Gemüse, Reis, dazu den obligatorischen Tee. Alles freut sich. Das ganze Dinner kostet dann unter 10 Euro, auch das ist nett.
Der Verdauungsspaziergang führt uns in ein Altstadtviertel, in dem vor allem mit Perlen und Edelsteinen gehandelt wird. Auch hier ist so gut wie Feierabend, morgen kommen wir wieder.
Bis zum Hotel fehlt nur noch eine Station und ein kleiner Fußmarsch mit einer Zwischenbremsung in der chinesischen Entsprechung eines Tante Emma-Ladens. Wir kaufen Coke (Juans Magen nörgelt noch) und Bier, atmen noch einmal die heiße Abendluft ein und tauchen ab in unser zwar klammes, aber klimatisiertes Hotelzimmer.
Das sieht ja alles sehr grün und sauber dort aus. Alles Liebe von Sylt mit Traumwetter 🙂
Wie toll! Lässt Euch den Wind um die Nase wehen und grüßt the lovely bargmann people
3. letztes Foto der ersten Seite vom 11.9.:
Und unser Jüüüüü ist ja ganz dünn aus 🙂
Ja das Reisen, das zehrt 🙂
Danke liebe Birgit für Deine tollen Reiseinfos.Bin jeden Tag gespannt wie es weitergeht.Gute Besserung für Deinen Mann.Es grüßt Dich herzlich Brigitta
Juan Carlos geht es zum Glück wieder gut. Herzliche Grüsse nach Vancouver – es dürfte bei Euch erheblich kühler sein !
Ihr Lieben, danke wiederum für die schönen Fotos… ok, also nicht nur „nine million bicycles in beijing“… :))) Sehr schöne alte Bauten und die Schnitzereien sind traumhaft! (Aber mein Lieblingsfoto ist natürlich „Birgit an Langenscheidt“…) Schön auch, dass Ihr nicht nur etwas „unflätiges“ Verhalten im Zug hattet, sondern auch noch nettes Gemüse! Freuen uns, dass es Juan wieder besser geht. Nicht so einfach die schnelle Rekonvaleszenz bei diesen klimatischen Bedingungen… Liebe Grüße aus dem kalten, dunklen und verregneten Süddeutschland, freue mich schon auf die nächste Etappe der Reise… :))), Sabine + Wulf