In der Nacht bin ich vom Geräusch des platternden Regens aufgewacht. Es war stockdunkel, und nur das Rauschen war zu hören. Damit bin ich dann auch lächelnd wieder eingeschlafen. Mit diesen tropischen Regengüssen habe ich ganz eindeutig eine Macke: ich liebe sie! Heute morgen, kurz vor acht, geht es wieder richtig los. Wie ein Kind vorm Weihnachtsbaum sitze ich am Fenster und genieße den Regen. 29, 30 Grad, alles grau, Unmengen Wasser, die vom Himmel fallen – großartig! Es zeigt sich ein blauer Fleck am Himmel, aber dennoch regnet es weiter. Dazu weht ein kräftiger Wind, ungefähr so wie ein Riesenföhn auf höchster Stufe, also weit entfernt von einem Sturm, sondern nur Bewegung.
Mal sehen, was wir mit dem Tag anfangen. Den gestrigen haben wir in einem Restaurant namens „da papà“ beendet. Ein kleiner, dicker Patron aus der Nähe von Mailand – wer, wie ich, jede Mafiazeile verschlingt, weiß, dass sich dort viele Sizilianer angesiedelt haben 🙂 – lebt seit 15 Jahren in Thailand, betreibt dieses Restaurant, dazu ein Guesthouse und wartet nun auf den großen Ansturm. Von Weihnachten bis Ende April ist hier Hochsaison, erfahren wir. Dann wird es zwei Monate etwas ruhiger, der nächste große Schwung kommt dann ab Juni. Wenn alles gut geht. In diesem Jahr ist es nicht gut gegangen. Der Sommer war viel zu ruhig, Gäste blieben weg, vor allem die Russen. Im vergangenen Jahr, erzählt der dicke Wirt, habe man Rubel und Baht 1:1 gewechselt. In diesem Jahr kostet der Baht die Russen 2 Rubel. Das können sich viele nicht mehr leisten. Darum sind einige nur noch eine Woche in Thailand und fahren die zweite Woche nach Goa: Indien ist für die Russen noch immer bezahlbar.
Apropos Russen: Ob auf tripadvisor oder anderen Traveller Portalen – überall wird rumgequakt, weil es in Asien so viele Russen gibt. Ja. Und? Wir haben natürlich auch viele getroffen, aber nicht ein einziges blödes Erlebnis zu berichten. Klar, wir sind nicht in den Ballermann-Kneipen. Und möglicherweise wird da exzessiv zugeschlagen und dem einen oder anderen fällt ein Russe auf. Aber wer bleibt denn beim Komasaufen menschlich? Also: Die Russen benehmen sich genauso gut oder schlecht wie alle anderen. Richtig auch, dass die wenigsten englisch sprechen. Aber das trifft auch auf viele Deutsche zu, die wir hier treffen.
Juan isst bei papà Ravioli mit Spinat in Tomatensauce, die ganz gut sind, ich eine Lasagne, die knochentrocken ist, vorab wird Brot serviert, für das papà von mamma in Italia ordentlich hinter die Löffel gekriegt hätte. Zum Schluss gibt es Eis, je zwei Kugeln für je 80 Baht. Auf der Rechnung erscheint das Eis dann für insgesamt 400 baht, was zwar auf meine Anregung hin korrigiert wird, aber wir haben ein bisschen das Gefühl, dass diese kleinen Betrügereien System haben. Wer guckt im Urlaub schon genau auf Rechnungen? Ich…
Der Weg zurück führt vorbei an einem tristen Straßenstrich – aber hat jemand jemals von einem lustigen Strich gehört? -, auf dem sich Ladys und ladyboys vor lauter Langeweile gegenseitig die Fußnägel lackieren. Die Garküche, von der Bernd geschwärmt hat, passieren wir, werden sie bald auch mal heimsuchen. An diesem Abend schwenken wir nur noch kurz in einen Family Mart ein, wollen Kekse, finden nur Junk, kaufen ein ehrliches 4-Pack Chang Bier und trödeln in unser Cottage.
Ein Andando-Kommentar von Jutta, über den wir uns sehr gefreut haben, geht mir nicht aus dem Kopf. Nun sind wir so lange unterwegs, haben mit Freunden, kommentierenden und stummen Mitlesern 🙂 viele Erlebnisse geteilt. Und in genau zehn Tagen sitzen wir wieder im Flieger nach Hamburg. Andandolos in den tristen Winter… Wir werden uns etwas einfallen lassen.
Aber erst einmal gehen wir frühstücken, es ist zehn, und das Büffet schließt in einer halben Stunde. Jeden Morgen das gleiche Drama: Was essen wir? Die Frage stellt sich keineswegs, weil die Auswahl schlecht ist, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Es gibt eine Eierstation, an der alles gebraten wird, was man möchte, dazu gekochte Eier und Waffeln. Neben verschiedenen Joghurt-Sorten wird frisches Obst angeboten. Immer Melone, Ananas, Papaya, Bananen, manchmal Drachenfrucht oder etwas anderes zusätzlich. Die Auswahl an asiatischen Speisen reicht von gebratenen Reis über Fisch- und Fleischgerichte. Bacon, Pancakes und French Toast stellen den westlichen Part. Des weiteren zwei, drei Sorten Käse, Aufschnitt, Marmeladen, Säfte. Immer alles frisch. Und dann gibt es Leute, die auf irgendwelchen Seiten meckern, dass das Frühstück nach zwei Wochen eintönig wird. Bei denen würde ich zu gern mal in den Kühlschrank gucken… Wir ringen uns eine Entscheidung ab, Rühreier mit Schinken für Juan, Spiegeleier für mich. Bisschen Obst, Saft – mehr geht kaum. Sollte man denken, ist aber nicht so: einige Leute schaufeln in sich rein wie Alaska-Trucker…
Nun sind wir gerade noch trockenen Fusses im Cottage gelandet: Auf dem Grundstück sind viele, viele Menschen damit beschäftigt, gefallene Blätter zusammen zu sammeln, damit alles wieder schön aussieht, da geht’s schon wieder los mit dem Regen. Wir überlegen, ob wir einen Ausflug machen wollen oder einfach faul rumliegen bleiben. Noch sind wir da äußerst unentschieden…
Aber wie immer ist dieser Zustand nur von kurzer Dauer. Wir beschließen, uns Lamai Beach, südlich von Chaweng gelegen, anzusehen. Zwar laufen wir zunächst am Strand längs und holen uns wegen des bewegten Meeres nasse Füße und Schuhe, aber dann schnappen wir uns ein Taxi, das uns für 300 baht ins Zentrum von Lamai bringt. Genau rechtzeitig zum großen Guss, vor dem wir in ein Café fliehen. Ein kurzer Blick an den Strand bestätigt uns dann, dass unser New Star eine wunderbare Wahl war. Auch das große Schild „Lindenstrasse“ quer über einen Weg bestätigt unsere Überlegungen. Das Wetter lädt ein zu weiteren Ausflügen. Heute geht’s also rund, nämlich rund um die Insel Samui. Statt irgendeines organisierten Plans verfolgen wir eigene Ziele. Zunächst horche ich mal in Lamai im deutschen Reisebüro („Bekannt aus dem Fernsehen: Deutschland, deine Auswanderer“), wie genau es sich mit den offenen Sammeltaxis verhält: anhalten, fragen, wohin er fährt, Preis klarmachen, einsteigen, klingeln, wenn man aussteigen will, bezahlen, fertig. Immer passendes Geld dabei haben, sonst wird es wieder knifflig…
Aber statt eines Sammeltaxis brauchen wir eine richtige Karre, denn wir wollen zum Nikki Beach auf die andere Seite der Insel. Jahaaaa, es ist genau das Unternehmen, das auch in St. Tropez und Cannes vertreten ist. 400 baht später nach einer schönen, regnerischen Fahrt über Land stehen wir in dem luxuriösen Ressort, das zwar mit Fotos von Sting (St. Tropez) und Madonna (Cannes) angibt, heute allerdings einen extrem trostlosen Eindruck macht. Durch den anhaltenden Regen sind für eleganten, weißen Strandliegen bis auf den Kern durchgeweicht und sehen eher schietig aus. Das Meer tobt natürlich auch hier, deshalb ist der Strand so gut wie abgesoffen. So schön das Ressort auch sein mag: Im Moment ist es wie ausgestorben und wirkt auf mich wie ein ausgesprochen übler bad hair day. Wir wollen hier auch gar nichts essen oder trinken, sondern weiter Richtung Norden. Nur: Wir sind hier am Ende der Welt. Kein Taxi weit und breit, dafür SUV Service vom Nikki Beach. Die wollen bis zum Big Buddha 700 baht. Wir trödeln, die schwarzen Wolken im Auge behaltend, auf der Straße rum. Es hält ein Geländewagen, wie es sich herausstellt, ein Fahrer aus dem Nikki beach, der sich etwas dazuverdienen möchte. Er will 600 baht. Nö. Aber wir stehen immer noch auf der Straße rum… Es nähert sich ein Toyota Kleinbus, ich halte einfach mal den Daumen raus. Tatsächlich – er bremst, rollt zurück. 400 baht werden auf 300 runtergehandelt und wir sind wieder im Spiel. Ungefähr 25 Kilometer weiter, die uns an interessanten Küstenstrichen vorbeiführen, stehen wir vor dem Big Buddha. 25 Meter hoch, umgeben von lauter Ramschläden, beeindruckt er uns nicht sonderlich. Wir fliehen vor dem nächsten Schauer in ein lustiges Restaurant namens BBC, das mit dem schönen Sommeruntergang wirbt. An den ist natürlich im Moment nicht zu denken. Stattdessen kriegt Juan ein Sandwich, ich wunderbare chicken satay. Klar, jeder dazu ein Bier. Die letzte Strecke nach Chaweng Noi fahren wir mit dem offenen Sammeltaxi für 200 baht. Und wieder kommen wir kurz vor dem großen Wasser in unserem Cottage an. Was für ein toller Tag! Endlich haben wir auch mal was von der Insel gesehen. Die wirklich immer noch sehr schön ist. Aber man muss hier natürlich auch aufpassen. Tourismus, Müll – alles will bewältigt werden.
Wir ruhen uns erstmal aus. Was haben wir bloß für ein Glück mit unserer Hütte an diesem Strand – etwas Besseres haben wir auch heute nicht gesehen.
La vuelta a la isla